Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
schönen Bäumen. Dann befindet man sich bereits in Nähe eines Dorfes.
Diese Dörfer tragen wahrlich absurde Namen: Fongoumbi, Manfourou, Kafou, Ouossou, um nur einige zu nennen. Könnten sie denn nicht wie sonst üblich Neuilly oder Levallois heißen?
Von diesen Ortsnamen freilich hat einer uns amüsiert. Die betreffende bedeutende Stadt an der englischen Grenze von Sierra Leone, die wir infolgedessen ganz weit rechts liegen lassen, heißt Tassin. Unser hochgelehrter Geograph muß nicht wenig stolz gewesen sein, als er einhundertundsechsunddreißig Kilometer von Konakry entfernt einen Namensvetter entdeckte.
Was die Eingeborenen anbelangt, so sehen sie uns mit Sympathie vorüberziehen und wirken tatsächlich harmlos. Ich nehme an, daß sie nicht über die Intelligenz eines Victor Hugo oder eines Pasteur verfügen, aber da Intelligenz nicht, wie lange Erfahrung beweist, Voraussetzung für das Wahlrecht ist, wäre es doch möglich, daß Monsieur Barsac recht hat.
Ich brauche gewiß nicht erst zu erwähnen, daß der Chef unserer Expedition die elendesten Dörfer aufsucht und dort Palaver mit den Bewohnern abhält.
Nach ihm versäumt Monsieur Baudrières dann nicht, seine Gegenenquete anzustellen.
Monsieur Barsac sucht die elendesten Dörfer auf und hält dort Palaver ab.
Monsieur Barsac und Monsieur Baudrières ziehen, wie man sich denken kann, aus dem, was sie hören und sehen, diametral entgegengesetzte Schlüsse, so daß beide immer gleichermaßen entzückt wieder bei uns erscheinen. Auf diese Weise sind alle zufrieden. Wirklich fabelhaft!
Des weiteren überschreiten wir Flüsse oder folgen ihrem Lauf: Forécariah, Mellacorée, Scarie, Kaba, Diegounko und weitere ähnlich benannte. Im übrigen gelangen wir von einem Tal ins andere, ohne viel davon zu bemerken. Alles das kann man nicht gerade aufregend nennen.
Wie sehr ich auch meine Aufzeichnungen durchforsche, sehe ich doch nichts, was geeignet wäre, der Geschichte meiner Zeit einverleibt zu werden – bis zum 6. Dezember, dem Datum, zu dem Monsieur de Saint-Bérain, der im Begriff steht, mein Freund Saint-Bérain zu werden, offenbar meinte, er müsse sich etwas ausdenken, was mir – und ich hoffe, auch Ihnen – Spaß machen würde.
An dem bewußten Abend hatten wir unser Lager nahe bei einem Dorf aufgeschlagen, das etwas weniger unbedeutend war als die früheren und Qualia hieß. Zu gegebener Zeit suche ich mein Zelt auf, um zu schlafen. Dort finde ich Saint-Bérain bis auf Hemd und Unterhose entkleidet vor. Seine sonstigen Sachen liegen überall verstreut umher. Das Bett ist aufgedeckt. Auf den ersten Blick erkennt man, daß Saint-Bérain die Absicht hat, bei mir zu nächtigen. Ich bleibe unter dem Eingang des Zeltes stehen und beobachte meinen unverhofften Gast bei seiner Tätigkeit.
Saint-Bérain scheint nicht erstaunt, mich zu sehen. Im übrigen ist Saint-Bérain nie erstaunt. Er ist sehr geschäftig, läuft umher und durchsucht alles, sogar meinen Feldkoffer, dessen Inhalt er auf dem Boden ausgebreitet hat. Aber er findet nicht, was er sucht, und ist wütend. Ohne über mein Erscheinen irgendwie verwundert zu sein, wendet er sich zu mir um und erklärt mir im Brustton der Überzeugung:
»Ich hasse zerstreute Menschen. Ich finde sie einfach gräßlich.«
Ohne mit der Wimper zu zucken, pflichtete ich ihm bei.
»Gräßlich! … Aber was ist Ihnen denn widerfahren, o Saint-Bérain?«
»Stellen Sie sich vor«, gibt er mir zur Antwort, »ich kann meinen Pyjama nicht finden … Ich möchte wetten, daß dieser Esel Tchoumouki ihn auf der letzten Etappe zurückgelassen hat. Das ist wirklich heiter!«
»Außer er ist in Ihrem eigenen Koffer«, gebe ich ihm zu bedenken.
»In meinem …«
»Denn dieser hier gehört mir, lieber Freund, ebenso wie dieses gastliche Zelt und dieses jungfräuliche Lager die meinen sind.«
Saint-Bérain blickt um sich wie geistesverwirrt. Auf einmal wird ihm sein Irrtum bewußt, er sammelt schleunigst seine verstreuten Kleidungsstücke auf und verschwindet in einem Tempo, als ob ihm eine Meute von Kannibalen auf den Fersen wäre. Ich aber sinke auf mein Bett und kann mich kaum halten vor Lachen.
Welch ein köstliches Original!
Am folgenden Tag, am 7. Dezember, hatten wir uns gerade nach Zurücklegung der Vormittagsstrecke zu Tisch gesetzt, als wir Neger bemerkten, die uns zu belauern schienen. Hauptmann Marcenay befahl seinen Leuten, sie wegzujagen. Sie flüchteten, jedoch nur, um sogleich
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