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Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac

Titel: Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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nun schon weit entlegenen Zeit beim ›Diderot‹ beschäftigt und hatte – man möge verzeihen, daß ich mich derart in persönliche Erinnerungen verliere – meinem Chef vorgeschlagen, den aufrührerischen Hauptmann auf dem Schauplatz seiner Verbrechen zu interviewen. Monatelang schreckte er vor den Kosten zurück. Was soll’s! Nicht jeder hat eben das richtige Gefühl für Aktualität. Als er endlich einwilligte, war es schon zu spät. In dem Moment, als ich mich einschiffen wollte, erfuhr ich in Bordeaux, Hauptmann Buxton sei tot.
    Jetzt ist über das alles schon lange Gras gewachsen, und Sie werden sich vielleicht fragen, weshalb ich von diesem belauschten Gespräch zwischen Tongané und seiner Herrin überhaupt noch berichtet habe … Tatsächlich weiß ich es selber nicht.
    Unter dem Datum des 8. Dezember finde ich in meinen Notizen den Namen Saint-Bérain. Er ist wirklich unerschöpflich, dieser Saint-Bérain. Diesmal handelt es sich um ein Nichts, aber doch um ein Nichts, das uns sehr amüsiert hat. Möge es auch Sie ein Weilchen von Ihren Sorgen abzulenken vermögen!
    Wir haben bereits von unserer Vormittagsetappe die ersten zwei Stunden Wegs zurückgelegt, als plötzlich Saint-Bérain unartikulierte Schreie ausstößt und unbeschreiblich komisch auf seinem Pferd umhertanzt. Wir fangen zu lachen an, da wir nichts Arges vermuten. Saint-Bérain jedoch lacht nicht. Sichtlich mit unangenehmen Gefühlen sitzt er ab und führt die Hand an jene Stelle des Körpers, auf der er sich niederzulassen pflegt, während er sich auf unerklärliche Art dreht und windet.
    Alles wendet sich ihm zu und fragt ihn, was er hat. Was ist ihm zugestoßen?
    »Die Angelhaken! …« murmelt Saint-Bérain mit ersterbender Stimme.
    Angelhaken? … Wir verstehen nicht. Erst später, als der Schaden wiedergutgemacht ist, wird uns der Sinn dieses Ausrufs klar.
    Der Leser hat vielleicht vergessen, daß Saint-Bérain, als er auf den strengen Anruf seiner Tante – oder Nichte – schleunigst herbeigeeilt kam, Angelhaken, die er gerade eingehandelt hatte, in seine Taschen stopfte. Natürlich hatte er nicht mehr daran gedacht. Diese besagten Angelhaken nun rächten sich jetzt für seine Sorglosigkeit. Infolge einer falschen Bewegung hatten sie sich zwischen Sattel und Reiter eingeklemmt, und drei von ihnen hatten sich fest in der Haut ihres Besitzers verhakt.
    Es bedurfte des Eingreifens von Dr. Châtonnay, um Saint-Bérain zu befreien. Drei Schnitte mit dem Bistouri genügen, die der Doktor sich nicht enthalten kann, gebührend zu kommentieren. Er lacht, daß es eine Freude ist!
    »Man kann wohl sagen, daß Sie ›angebissen‹ haben!« ruft er zunächst einmal mit Genugtuung aus, nachdem er das Operationsfeld in Augenschein genommen hat.
    »Au! …« läßt sich statt jeder Antwort Saint-Bérain vernehmen, der soeben den ersten Haken losgeworden ist.
    »Ein wirklich lohnender Fischzug!« ruft beim zweiten der Doktor aus.
    »Au! …« schreit aufs neue Saint-Bérain.
    »Sie können sich schmeicheln«, beglückwünscht ihn der Doktor beim dritten, »heute einen kapitalen Fang gemacht zu haben.«
    »Au! …« stöhnt Saint-Bérain ein letztes Mal.
    Die Operation ist beendet. Man muß nur noch den Verwundeten verbinden, der sofort sein Pferd besteigt, auf dem er noch zwei Tage lang etwas groteske Stellungen einnimmt.
    Am 12. Dezember haben wir Boronya erreicht. Boronya wäre ein kleines Dorf wie die anderen auch, wenn es nicht den Vorteil besäße, über einen besonders liebenswürdigen Häuptling zu verfügen. Dieser Häuptling, der noch ganz jung, kaum mehr als siebzehn oder achtzehn Jahre alt ist, gestikuliert sehr lebhaft und teilt den Neugierigen, die ihm zu nahe kommen, Peitschenhiebe aus. Er eilt uns entgegen, legt eine Hand auf sein Herz und beteuert uns tausendfach seine Freundschaft, die wir gebührend würdigen, indem wir ihm Salz, Schießpulver und zwei Rasiermesser schenken. Beim Anblick dieser Schätze tanzt er vor Freude.
    Um uns seinen Dank zu bezeugen, ordnet er an, daß außerhalb des Dorfes Strohhütten errichtet werden, in denen wir schlafen können. Als ich von der meinen Besitz ergreife, sehe ich die ›nounou‹ eifrig damit beschäftigt, den Boden zu glätten und festzutreten, worauf sie ihn mit getrocknetem Kuhdung bedecken. Ich frage sie, was dieser Luxus eines Teppichs bedeuten soll; sie antworten mir, daß das die Würmer hindert, aus der Erde zu kommen. Ich bin ihnen dankbar für diese Aufmerksamkeit und belohne sie

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