Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
Fluß unterbrochen wurde, in dem es wie gewöhnlich von Flußpferden und Kaimanen wimmelte. Wir mußten ihn durch eine Furt überschreiten. Ich stellte fest, daß wir zum ersten Mal in diese Lage kamen. Bis jetzt hatten wir immer entweder eine Brücke angetroffen oder der Wasserstand war so niedrig gewesen, daß unsere Tragtiere nur gerade ihre Hufe benetzten. Diesmal war es anders, wir hatten einen wirklichen Fluß vor uns.
Glücklicherweise war das Wasser weniger tief, als wir gefürchtet hatten. Unsere Pferde wurden kaum bis zum Brustriemen naß, und unser Durchzug ging ohne Schwierigkeiten vonstatten.
Etwas anders sah die Sache bei den Eseln aus. Als diese übrigens hochbepackten Tiere die Mitte des Flusses erreicht hatten, machten sie einmütig halt. Die Treiber mühten sich vergeblich ab, um sie zum Weitergehen zu bewegen. Sie waren für ermunternde Zurufe wie für Stockschläge gleich unzugänglich.
»Oh, ich das kennen«, meinte einer der Eseltreiber. »Sie wollen Taufe haben.«
»Ja! Ja!« stimmten seine Kollegen ihm bei. »Sie warten auf Taufe.«
Jeder einzelne von ihnen beugte sich alsbald hinunter, nahm etwas Wasser in die Hand und goß es, unverständliche Worte murmelnd, dem ihm anvertrauten Tier über den Kopf.
»Das ist«, erklärte uns Monsieur Tassin, »ein in diesen Gegenden seit unvordenklichen Zeiten üblicher Brauch. Bei der ersten Furt, die durchquert werden muß, gebietet es die Regel, die Esel zu taufen. Sie werden sehen, sobald nun die Riten erfüllt sind, werden sie ohne Schwierigkeiten weitergehen.«
Wir mußten ihn durch eine Furt überschreiten.
Es dauerte in der Tat nicht lange.
Die Temperatur betrug fast dreißig Grad im Schatten. Die Esel, die wahrscheinlich die Kühle des Wassers angenehm gefunden hatten, dachten nun zweifellos, ein ordentliches Bad müsse noch angenehmer sein. Nach zwei oder drei vergnügten Furzen stürzten sie sich munter in den Fluß und wälzten sich mit solchem Behagen darin, daß ihre nur mangelhaft befestigten Lasten davonzuschwimmen begannen.
Man mußte sie wieder aus dem Wasser fischen. Die Eseltreiber gaben sich mit der weisen Langsamkeit, die charakteristisch für sie ist, dieser Aufgabe hin, so daß wir ohne die Soldaten des Hauptmanns Marcenay die Hälfte unserer Vorräte, unserer Geschenke und Tauschwaren eingebüßt hätten, was für uns ein nicht wiedergutzumachender Schaden gewesen wäre.
Als Monsieur Barsac seiner Ungeduld und seiner schlechten Laune in heftigen Wendungen Luft machte und die phlegmatischen Eseltreiber mit provenzalischen, aber jedenfalls beleidigenden Beiwörtern belegte, trat Moriliré dicht an ihn heran.
»Mani Tigui (Kommandant)«, sagte er leise zu ihm, »du nicht schreien.«
»Soll ich etwa nicht in Wut geraten? … Wo doch diese dummen Kerle mich um Waren im Wert von hunderttausend Francs bringen werden? …«
»Nicht gut«, wiederholte der Führer. »Du viel Geduld. Wenn Lasten herunterfallen und Eingeborene streiten, du nicht schreien. Sie reden viel, sind aber nicht böse Leute. Nachher wieder viel gut.«
Was ich da erzähle, stimmt zwar aufs Haar, wird Ihre Leser aber vielleicht nicht amüsieren. Doch kann ich nichts dafür, es ist nun einmal so. Als ich mich auf die Teilnahme an der Expedition Barsac einließ, machte ich mich auf eine hochinteressante Reportage gefaßt und dachte, Ihnen ein Manuskript zu schicken, das von fabelhaften Abenteuern nur so strotzte. Geheimnisvolles Dunkel der Urwälder, steter Kampf mit der Natur, Abwehr wilder Tiere, Schlachten mit unzähligen Negerheeren – so etwa sahen meine Träume aus. Da muß ich nun freilich bedeutend genügsamer werden. Unsere Wälder sind der Busch, und wir treffen bislang auf kein Hindernis, das die Natur des Landes uns beschert. Was die wilden Tiere anbelangt, so sind uns außer Flußpferden und den allerdings sehr zahlreichen Kaimanen, ein paar Antilopenherden und ab und zu einmal einigen Elefanten keine vor Augen gekommen. Statt blutrünstigen Negern sind wir bisher nur guten Freunden begegnet, abgesehen allerdings von dem alten Gauner Dolo Sarron. Unsere Reise verläuft im Grunde sehr monoton.
Nachdem wir Daouhériko schlechten Angedenkens verlassen hatten, mußten wir zunächst einen Hügel erklimmen und uns dann wieder hinunter nach Bagareya im Tinkissotal begeben. Mangels aufregender Beobachtungen stelle ich einzig fest, daß Tchoumouki sich von der Nachhut entfernt hat und jetzt Moriliré begleitet. Hat es etwa einen Bruch mit
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