Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac
engagierten Führer werden befragt. Tchoumouki pflichtet Moriliré bei. Tongané hingegen behauptet, man sei auf dem richtigen Weg. Nun wissen wir ebensoviel wie zuvor! Wem sollen wir Glauben schenken?
Nach langem Zögern schließen wir uns der Meinung der Mehrheit an und kehren um. Da hätte man sehen sollen, wie wir vorangekommen sind. Die Schwarzen zeigen keinerlei Müdigkeit mehr, die Eselslasten sitzen von selber fest. In einer Stunde legen wir eine Strecke zurück, für die wir in entgegengesetzter Richtung vier gebraucht haben, und noch vor Einbruch der Dunkelheit schlagen wir unser Lager kurz vor Kokoro auf wie am Morgen zuvor.
6. Februar. – Gestern, am 5. Februar, sind wir ohne besondere Schwierigkeiten von neuem aufgebrochen und zwar – o Wunder! – auf dem gleichen Weg, den wir gestern als den verkehrten aufgegeben hatten. Moriliré erklärt uns morgens beim Erwachen, nach gründlicher Überlegung stelle er fest, er habe sich nicht am Morgen, sondern am Abend getäuscht! Wieder unterstützt ihn Tchoumouki in seiner Meinung. Ich bin sehr geneigt zu glauben, daß diese dunklen Schelme sich verabredet haben, uns einen Streich zu spielen.
Von diesem Tag ist nichts Besonderes zu berichten, außer daß wieder der dunkle Widerstand herrscht, an den wir uns zu gewöhnen beginnen, während heute zwei ernste Zwischenfälle eingetreten sind.
Während der Morgenetappe stürzt auf einmal ein Esel. Man will ihm wieder auf die Beine helfen, aber er ist tot. Natürlich kann dieser Tod natürliche Ursachen haben. Ich selber glaube jedoch an ›doung-kono‹ oder irgendeine andere landesübliche Schweinerei.
Es fällt jedoch keine Bemerkung. Die Last des ausgefallenen Esels wird auf seine Artgenossen verteilt, und wir setzen die Reise fort.
Beim Aufbruch heute nachmittag gibt es dann einen zweiten Zwischenfall. Es stellt sich heraus, daß ein Träger fehlt. Was ist aus ihm geworden? Die Sache bleibt ein Geheimnis. Hauptmann Marcenay preßt die Lippen zusammen, man sieht ihm seine Besorgnis an. Wenn die Neger uns im Stich lassen, sind wir übel dran. Nichts aber ist ansteckender als der Bazillus der Desertion. Ich stelle denn auch fest, daß von diesem Augenblick an die Aufsicht strenger geworden ist. Wir ziehen auf wie zur Parade, und die uns eskortierende Kavallerie gestattet uns keinerlei persönliche Launen. Diese strenge Disziplin ist mir zwar persönlich nicht angenehm, jedoch ich billige sie.
Bei der Ankunft am Abend erwartet uns eine weitere Überraschung. Es stellt sich heraus, daß mehrere Neger betrunken sind. Wer hat ihnen Alkohol verzapft?
Der Hauptmann verschärft die Bewachung des Lagers, dann sucht er Monsieur Barsac auf, bei dem ich gerade bin, und unterrichtet ihn davon, wie sehr die Situation sich seit Sikasso verschlechtert hat. Dr. Châtonnay, Monsieur Poncin, Mademoiselle Mornas, dann Saint-Bérain gesellen sich nacheinander zu uns, so daß wir gewissermaßen einen Kriegsrat abhalten.
Der Hauptmann schildert in wenigen Worten die Tatsachen, für die er Moriliré verantwortlich macht. Er schlägt vor, man solle den ungetreuen Führer einem Verhör unterziehen und dann notfalls mit Gewalt vorgehen. Jeder Neger solle von einem Schützen begleitet werden, der ihn – notfalls unter Androhung des Erschießens – zum Weitermarsch zwingen werde.
Monsieur Barsac teilt diese Meinung nicht, und ebensowenig Saint-Bérain. Wenn man Moriliré verhört, öffnet man ihm die Augen, man zeigt ihm, daß man ihn durchschaut. Nun aber besitzen wir keinen Beweis gegen ihn, wir können uns nicht einmal vorstellen, zu welchem Zweck er uns verraten sollte. Moriliré braucht nur zu leugnen, und wir würden ihm nichts entgegenhalten können. Und welches Mittel hat man in Wirklichkeit, die Schwarzen zu etwas zu zwingen? Was kann man machen, wenn sie sich hinlegen und einfach passiven Widerstand leisten? Sie zu erschießen, wäre ein schlechtes Mittel, uns ihre Dienste zu sichern.
Man kam zu dem Schluß, daß man Schweigen bewahren, immer bestimmter auftreten, sich aber mit unverbrüchlicher Geduld wappnen und vor allem Moriliré sorgfältig überwachen wolle.
Alles schön und gut, eine Überlegung indessen kommt mir doch. Weshalb versteift man sich auf diese Reise? Die Expedition hatte zum Ziel, die Mentalität der Neger innerhalb des Nigerbogens und den von ihnen erreichten Grad an Zivilisation zu erkunden. Gut! Mit dieser Mentalität sind wir jetzt hinlänglich vertraut. Daß die zwischen der Kankan, ja
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