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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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wäre? Was glaubten sie denn, wer er war? Irgendein Trottel auf Vergnügungsreise?
    Er hatte alle Beteiligten gewissenhaft über alles informiert. Er hatte der Stiftung seine Fax- und Telefonnummer sowie die Ankunfts- und Abreisezeiten mitgeteilt – alles, was wichtig war. Und dann hatte er dafür gesorgt, dass die Informationen nicht nur an das Schiff weitergeleitet wurden, sondern auch an Kicklighters Büro in den NIH. Somit mussten sie gewusst haben, wo er war und wie sie ihn erreichen konnten.
    Und jetzt wollten sie ihn einfach ausbooten und ihn behandeln wie einen unerfahrenen Reporter von irgendeinem Skandalblättchen. Was er eigentlich tun sollte, dachte Frank, als er türknallend die Hafenmeisterei verließ, war seine Sachen packen und nach Hause fahren. Das Ganze einfach vergessen – so was hatte er doch wirklich nicht nötig.
    Aber eigentlich war es sein Fehler. Er hätte den Mund halten sollen, aber stattdessen hatte er die Story überall angepriesen. Allen erzählt (und vor allem dem Leiter der Stiftung, Fletcher Harrison Coe), wie interessant sie sei. Wie wichtig. Wie aufregend. Und dank ihm freute sich die Stiftung nun auf eine dreiteilige Serie mit Abdrucken in der Post, der Times und Gott weiß wo sonst noch. Wahrscheinlich war Coe jetzt gerade mit irgendwelchen Redaktionsleitern im Century oder Kosmos Club essen und erzählte Ihnen, was für ein fantastischer Artikel das werden würde (und obendrein, was für ein wunderbarer Reporter Frank Daly war). Wenn er also jetzt zurück nach Washington kam mit nichts anderem in der Tasche als einem Cocktailstäbchen von Aeroflot und einer Ansichtskarte vom ›Tschernomorskaja‹, dann wären alle ganz schön enttäuscht.
    Von ihm.
    Und es wäre Ihnen verdammt gleichgültig, wessen ›Schuld‹ es war.
    Und deshalb erschien es ihm plötzlich ungeheuer wichtig, dabeizusein, wenn die Rex anlegte. Er brauchte Fotos. Wenn er schon keine Aufnahmen von der Exhumierung auf Edgeøya kriegen konnte, dann zumindest davon, wie Kicklighter und Adair die Gangway herunterkamen und die Leichenkisten entladen wurden.
    Im Hotel angekommen, nahm er immer zwei Stufen auf einmal zu seinem Zimmer im ersten Stock. Er riss seinen Koffer aus dem Schrank, warf ihn aufs Bett, nahm die Nikon heraus, die er im Monat zuvor gekauft hatte, und spulte den Film darin zurück. Er wollte einen neuen Film eingelegt haben, wenn das Schiff einlief, weil die Fotos, die er in den letzten Wochen gemacht hatte überwiegend unbrauchbar waren – Schnappschüsse von Schanghai und so weiter. Die einzigen Bilder, die er ganz sicher verwenden würde, waren welche von Shin-Li, den er in dessen Büro fotografiert hatte, umwölkt von Zigarettenrauchfahnen.
    Bei dem Gedanken, was für Aufnahmen ihm entgangen waren, wurde ihm regelrecht schlecht: die Rex Mundi, wie sie durchs Eis krachte, das Deck weiß überzogen; Adair, wie sie neben den geöffneten Gräbern stand und wunderschön aussah –
    Nein, das war nicht richtig.
    Adair, wie sie neben den geöffneten Gräbern stand und intelligent aussah, während die Särge der Bergleute aus der Erde geholt wurden. Außerdem, Kicklighter. Kopervik. Hubschrauberfotos. Und wer weiß, was noch? Angreifende Eisbären.
    Er musste sich mit dem begnügen, was er am Kai vor die Linse bekam. Aber eines musste er unbedingt fotografieren, nämlich das Entladen der Leichenkisten. Wahrscheinlich würden die Kisten, auf einer Palette gestapelt, mit einem Kran aus dem Bauch des Schiffes gehoben. Dann würde die Palette in einen norwegischen Militärlaster geladen und zum Luftwaffenstützpunkt in Tromsø gebracht, wo eine C-131 bereitstand, um sie in die Staaten zu fliegen. Wenn er schon keine Aufnahmen von Kopervik hatte, dieses Foto war einfach unverzichtbar.
    Aber zunächst musste er sich wieder beruhigen. Es würde nichts bringen, wenn er gleich auf Kicklighter losging, und außerdem hatte er im letzten Monat viel zuviel Geld ausgegeben, um sich, wie er zugeben musste, mit Vorliebe gehörig ins eigene Fleisch zu schneiden.
    Also holte er tief Luft, rang sich ein irres Lächeln ab und eilte die Treppe hinab in die Lobby und auf die Straße. Eine Minute später kam er an Kai B vorbei, und als er um eine Ecke bog, sah er sie – die Rex Mundi, die im Kielwasser eines fetten Schleppers in den Hafen glitt.
    Erneut war Frank verblüfft. Der Name mochte ja ›König der Welt‹ oder so bedeuten, aber es war das hässlichste Schiff, das er je gesehen hatte. Der wulstige schwarze

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