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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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windigen Nachmittag hinaus. Auf Daly wirkte das Ganze wie einstudiert, als hätten sie es geprobt – ein Eindruck, der durch das Äußere der Männer noch verstärkt wurde.
    Jeder von Ihnen trug einen dunklen Anzug und Mantel. Frank musste nicht erst auf ihre Füße blicken, um zu wissen, dass schwarze Lederschuhe über den Kai gingen; davon war auszugehen. Und es war fast bedrohlich, aber ebenso komisch, wie sie da so plötzlich auftauchten – am helllichten Tag – und dastanden, in diesem Aufzug, unter freiem Himmel. Solche Typen bekam man sonst nicht zu sehen. Nicht in der finstersten Provinz, nicht in Norwegen. Auf der Wall Street, ja. Auf der K-Street in Washington – um die Mittagszeit –, vielleicht. In Hammerfest? Und nicht auf einer Beerdigung? Wohl kaum, dachte Daly und sah zu, wie die Männer, miteinander plaudernd, die Gangway hochgingen. Im Nu waren sie im Innern des Schiffes verschwunden.
    »Bitte«, sagte der Militärpolizist. »Gehen Sie jetzt?«
    Frank nickte, aber er rührte sich nicht von der Stelle. »Ja, aber … was ist denn da los?«, fragte er. »Wer waren die?«
    Der Soldat schüttelte den Kopf, und sein Partner sagte etwas auf Norwegisch zu ihm. Es klang ungeduldig, und Frank war sich ziemlich sicher, dass er es übersetzen konnte: Sehen wir zu, dass der Spinner verschwindet.
    »Sie müssen gehen.«
    »Hat es da einen Unfall gegeben?« Der Gedanke war ihm zuvor nicht gekommen, und jetzt da er ihn hatte, rührte sich etwas in seiner Brust. Zu seiner Beunruhigung war es die Art von gespannter Sorge, die man sich um Menschen macht, die man gern hat. War Adair etwas passiert?
    Das jetzt nicht auch noch, dachte Frank. Ich hab schon genug Probleme.
    Und dann sah er sie – das heißt, er sah eine kleine Gestalt mit blondem Haar, die zwischen zwei von den Anzügen die Gangway herunterkam. Kicklighter war direkt hinter ihr, sein Silberschopf und roter Parka stachen aus den vielen eleganten Anzügen hervor.
    Anne sprach über die Schulter mit einem schlaksigen Amerikaner in einem anthrazitfarbenen Mantel und, wie es aussah, einer Maui-Jim-Brille. Hinter ihr geriet Kicklighter ins Stolpern und wurde prompt von den beiden Männern, die ihn flankierten, aufgerichtet.
    Maui Jim kam Frank bekannt vor. Er hatte das selbstsichere Gebaren eines Mannes, der es gewohnt war, durch Polizeiabsperrungen zu gehen. Er war groß und gepflegt und hatte rötliches Haar, und Frank hätte schwören können, ihn schon einmal gesehen zu haben – aber wo?
    Sie hatten jetzt die Gangway verlassen und gingen auf die Autos zu.
    »Dr. Adair! He!« Als sie ihn nicht zu hören schien, wollte er ihr nachgehen, wurde aber abrupt aufgehalten von dem Englisch sprechenden Militärpolizisten, der ihm den ausgestreckten Arm vor die Brust hielt. »Zurück!«
    »Dr. Adair – Herrgott noch mal!« Diesmal blickte sie auf, und ihre Augen wurden größer, als sie ihn erkannte. Frank. Er sah, wie ihre Lippen den Namen formten, als Maui Jim die hintere Tür des Mercedes öffnete und Annie mit einer Hand auf ihrer Schulter, die andere auf ihrem Kopf in den Wagen bugsierte. Als wäre sie eine Kriminelle.
    Dann ging er um den Mercedes herum auf die andere Seite. Er öffnete die Tür und war schon halb eingestiegen, als er zögerte und Frank direkt anblickte. Und in dem Moment erkannte Frank ihn.
    »Gleason!« Du Arschloch – was machst du denn hier?
    Plötzlich setzten die Wagen zurück, und Frank sah Annies Gesicht im Rückfenster, als das Auto vorbeirollte. Sie hatte einen Ausdruck im Gesicht, den er nicht ganz deuten konnte. Angst. Verwirrung. Eine Art stummes Flehen.
    Und dann stand Frank da und starrte den davonfahrenden Wagen nach, bis sie auf die Hafenstraße einbogen und beschleunigten.
    Er konnte es nicht fassen. Er war den weiten Weg bis zur Hölle und zurück geflogen, und jetzt – wollte nicht mal jemand mit ihm reden. Er hatte fast viertausend Dollar für Hotels und Flugtickets ausgegeben und –
    Verdammt noch mal! Da fahren sie! Mit Gleason!
    Als er zum Hotel zurückging, die Kamera an der Seite schwingend, bekam er vor lauter Wut nichts um sich herum mit. Die Kälte, die Möwen, das grelle Licht, alles verschwand. Und dann war er da und stand an der Rezeption.
    »Haben Sie eine Liste mit den Hotels in der Stadt?«
    Der Empfangschef blickte zu ihm auf. »Gefällt Ihnen ihr Zimmer nicht?«
    Frank biss sich auf die Lippe. Der alte Mann sah aufrichtig gekränkt aus. »Doch«, sagte er. »Das Zimmer ist in Ordnung.

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