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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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sich vervielfältigen. Und wenn sie dabei ihren Wirt töten, ist das uneffektiv.«
    Er schüttelte den Kopf. Wie sollte er finden, was er suchte, wenn er nicht wusste, was es war? Er betätigte den Schnellvorlauf. Annie sagte:
    »Das Pockenvirus ist so unempfindlich, das könnten Sie auf ein Blatt Papier geben und in einen Aktenschrank packen, und es könnte Jahrzehnte darin überleben. Jahrhunderte. Das bereitet Archäologen Sorgen, wissen sie, wenn sie Mumien ausgraben.«
    »Aber das Grippevirus –«
    »Ist damit nicht zu vergleichen.«
    Er schaltete das Gerät aus und stand auf. Das Band brachte ihn nicht weiter. Er wollte sich lieber mit der Quelle selbst unterhalten.
    Von der Straße führten ein paar Stufen zu Annies Haus hinauf. Er setzte sich auf die oberste Stufe und wartete eine halbe Stunde. Schließlich kam sie die Treppe hinauf, lachend, im Gespräch mit einer kleinen, dunkelhaarigen Frau. Beide schleppten sie Plastiktüten voller Lebensmittel. Diesmal trug sie Sandalen, ein verwaschenes rotes T-Shirt und eine Jeans mit ausgefransten Knien. Irgendwie wusste er, dass die Knie tatsächlich vom vielen Tragen durchgescheuert waren und nicht, weil es gerade Mode war. Die kleinere Frau bemerkte ihn zuerst und hielt Annie am Arm fest. Annie blieb stehen, ihr Lachen erstarb, auf ihrem Gesicht spiegelten sich in rascher Folge einige interessante Empfindungen wider – eine Nanosekunde lang schien sie wirklich erfreut, ihn zu sehen –, bevor sich ein argwöhnisches Lächeln durchsetzte.
    »Haben Sie das noch öfter vor? Wenn ja, könnte demnächst vielleicht ein Abendessen auf Sie warten«, sagte sie.
    »Ich wollte Ihnen was zeigen«, sagte Frank und klopfte auf die Röhre mit den Satellitenfotos.
    »Okay«, sagte Annie.
    Die andere Frau blieb an der Tür stehen und zeigte ungehemmt ihre Neugier. Endlich stellte Annie sie einander vor. »Frank – Indu. Indu wohnt mit mir zusammen.«
    »Und Frank?«, erkundigte Indu sich knapp.
    »Frank ist Journalist«, erwiderte Annie.
    Indu bedachte Frank mit einem schrägen Lächeln, warf Annie einen amüsierten Blick zu und ging ins Haus.
    Annie drehte sich zu Frank um. »Was wollten Sie mir zeigen?«
    »Satellitenshots.«
    »Was?«
    »Satellitenfotos. Aus der Vogelperspektive …«
    »Wovon?«
    »Kopervik. Sechsundzwanzigster März, gegen ein Uhr nachmittags. Sie sehen aus wie ein Pünktchen.«
    »Ist das ihr Ernst?«
    Frank nickte. »Ich weiß jetzt, was ihr gefunden habt.«
    Annie betrachtete ihn kühl, überlegte, ob das ein Trick war, und wenn ja, wie er sie so dermaßen unterschätzen konnte. »Ehrlich?!«, sagte sie, und ihre Stimme triefte förmlich vor Sarkasmus.
    »Jawohl.«
    »Und was haben wir gefunden?«
    »Bupkis.«
    »Was?«
    »Die Leichname waren weg. Irgendwer war vor euch da.«
    Sie sah ihn lange an, dann bat sie ihn ins Haus. »Ich denke, wir sollten darüber nicht hier draußen auf der Straße sprechen.«
    Und selbst drinnen, als das Foto schon mit Büchern an den Ecken beschwert auf dem Tisch lag, zögerte sie noch immer, etwas dazu zu sagen.
    »Ich bin sicher, dass Gleason Sie gezwungen hat, irgendwas zu unterschreiben«, sagte Frank. »Aber das müsste doch jetzt wohl irrelevant sein – es sei denn, Sie halten mit etwas hinterm Berg.« Er zeigte auf das Satellitenfoto. »Oder ist das schon alles?«
    Sie neigte den Kopf. »So ziemlich«, sagte sie. »Ich war wie unter Schock. Und das bin ich wohl immer noch.«
    Er holte das zweite Foto aus der Röhre, legte es auf das erste und beschwerte die Ecken erneut mit Büchern.
    »Das hier wurde einige Monate früher aufgenommen«, sagte Frank. »Am zwanzigsten August.« Der Schnee war jungfräulich unberührt. »Und das hier«, fuhr er fort, während er das dritte Foto entrollte, »war am neunten September.« Er legte das dritte Bild auf die beiden anderen und beschwerte es. »Da ist es passiert«, sagte er.
    Sie starrten lange auf das Foto. Der Erdboden war aufgebrochen, die Särge lagen auf einem Haufen. Ein Hubschrauber stand im Schnee, nicht weit von der Kirche entfernt. Schließlich sagte Annie: »Dann waren sie also schon Monate weg, bevor wir gekommen sind.«
    Er nickte.
    »Wer war es?«, fragte sie.
    Frank sah sie an, als wollte er sagen, wenn ich das wüsste …
    Das Telefon klingelte und klingelte erneut. Keiner von beiden rührte sich, bis Indu von oben rief, Annies Mutter sei am Apparat. Annie verzog das Gesicht und schlug die Augen gen Himmel, doch sobald sie den Hörer in der Hand hielt,

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