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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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erkennen, die an den Gräbern standen.
    Er bewegte die Lupe zu dem Hubschrauber, der aufgrund seiner Größe minimal besser zu erkennen war. Er hatte die Form einer Libelle und stand im Schnee, vielleicht zwanzig Meter von der Kirche entfernt. Frank spähte auf den Rumpf und suchte nach irgendwelchen Erkennungszeichen, doch ohne Erfolg. Die Auflösung war einfach nicht gut genug. Ermüdet lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und rieb sich die Augen.
    Als er sie einen Moment später wieder öffnete, sah er etwas – vielleicht war es nur Einbildung –, etwas, das er vorher noch nicht gesehen hatte: ein Gitter. Oder genauer gesagt eine Art Gitter – hinten am Rumpf des Hubschraubers. Er nahm das Vergrößerungsglas, hielt es über das Foto, hob und senkte es, um die beste Schärfe zu bekommen.
    Aber vergeblich. Was immer er gesehen hatte oder meinte, gesehen zu haben, verlor sich hinter der dicken Linse der Lupe, die Linien und Ränder stoben auseinander, als wäre das Vergrößerungsglas eine Zentrifuge. Frustriert stand er auf und ging zur Kasse. Halb benommen und noch immer darüber nachgrübelnd, wie das, was er herausgefunden hatte, einzuordnen war, bezahlte er die Rechnung mit seiner Visacard und ging nach draußen zum Wagen, mit einer dicken Paketröhre voller Satellitenfotos unter dem Arm.
    Zumindest wusste er jetzt, was wann und wo geschehen war. Irgendwer war vor Annie und der Rex in Kopervik gewesen. Deshalb war Gleason da gewesen, als das Schiff anlegte. Deshalb waren sie mit leeren Händen zurückgekehrt. Und deshalb war um die ganze Geschichte herum eine Mauer des Schweigens errichtet worden.
    Es waren nur noch zwei Fragen offen.
    Wer? Und w arum?

14
    J emand war ihnen zuvorgekommen. Als die Expedition den Friedhof erreichte, waren die Leichen verschwu nden.
    Er saß in seinem Wagen auf der Chain Bridge, ohne sich von der Stelle zu bewegen, und nahm die CD, die gerade spielte, gar nicht richtig wahr – ein Kap Verde-Blues. Er starrte geradeaus auf die lange Reihe von Rücklichtern, deren Spiegelungen den nassen Asphalt wie Blutlachen bedeckten. Der Verkehr stand still. Seine Scheibenwischer fegten hin und her. Dann und wann zuckte ein Blitz durch die Regenvorhänge.
    Er dachte, dass irgendwo weiter vorn ein Unfall sein musste. Er dachte, dass er sich neue Scheibenwischer besorgen sollte. Er dachte: Die Heckscheibe beschlägt. Aber worüber er anscheinend nicht nachdenken konnte, war die Frage, was seine Entdeckung in der Panoptikon Satellite Corporation eigentlich bedeutete. Stattdessen hatte er weiterhin nur die Bilder vor Augen: die Anhäufung von rechteckigen Formen der durcheinanderliegenden Särge, die dunklen verwischten Flecke der ausgehobenen Gräber.
    Er wollte nicht denken, das war einer der Gründe. Er war einer ganz normalen Story auf der Spur gewesen, dem detektivischen Bravourstückchen, in dem der unerschrockene Reporter eine unheilige Allianz zwischen Wissenschaft und Militär aufdeckt. Er hatte geglaubt zu wissen, worum es bei dieser Story ging, doch plötzlich war sein Bezugsrahmen verschwunden, und jetzt war er ratlos. Und außerdem bekam er es allmählich mit der Angst.
    Er trommelte mit den Fingerspitzen aufs Lenkrad. Wer? Warum?
    Einerseits erklärten die Bilder vieles: Kicklighters niedergeschlagen schleppender Gang, als er die Gangway von der Rex herunterkam, Annies Reh-im-Scheinwerferlicht-Blick und ihre Weigerung, über Kopervik zu sprechen, Neal Gleasons Anwesenheit in Hammerfest. Sie erklärten die Verbindung zum Pentagon, die Finanzierung durch den Compass Trust. Andererseits … nein, mitnichten. Eigentlich erklärten sie überhaupt nichts.
    Die Wagenschlange vor ihm bewegte sich nicht, und in der Ferne konnte er Sirenengeheul hören. Er versuchte, seine Gedanken zu den Satellitenfotos zu ordnen. Hauptsächlich waren es keine Gedanken, sondern Fragen, die immer gleichen Fragen: Wer hatte die Gräber ausgehoben und warum?
    Grabungen im Permafrost waren so schwierig wie in hartem Gestein – man brauchte Tage, um voranzukommen, selbst mit Spezialgerät. Und Kopervik war so abgelegen, dass es genauso gut auf einem anderen Planeten liegen könnte. Was bedeutete, dass es sich wohl kaum um Grabräuberei handelte. Jemand – und zwar jemand mit einem sehr dicken Portemonnaie – wollte die Leichname haben. Und der einzige Grund, diese besonderen Leichen haben zu wollen, war der, an das Virus ranzukommen, das sie in sich bargen. Was wiederum nur bedeuten konnte, dass

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