Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
Vom Netzwerk:
ihm mit, sie habe ›nichts Neues‹ für ihn.
    »Wie bitte?«, sagte Frank verwirrt.
    »Sie sind doch für die Nachrufe zuständig, oder?«
    »Nein«, erwiderte Frank. »Ich schreibe keine Nachrufe. Ich … ich arbeite für die Post.«
    »Die Washington Post?«
    »Ja.«
    »Ach. Oh! Normalerweise rufen uns nur die Lokalzeitungen an, aber – würden Sie einen Moment dranbleiben?«
    Es dauerte allerdings fast sechs Minuten, bis sich eine Männerstimme meldete, und in dieser Zeit hatte Frank den Anruf auf Lautsprecher geschaltet. Dann: »Malcolm Bell hier.«
    Frank hechtete zum Hörer.
    »Hallo! Ja, mein Name ist Frank Daly von der Washington Post.«
    Pause. »Was kann ich für Sie tun, Mr. Daly?«
    »Frank«, verbesserte er und kam sich dabei selbst ein bisschen aufdringlich vor. »Ich schreibe gerade an einer Story, die … na ja, sie ist ein wenig ungewöhnlich, weil … also, es geht um Todesfälle, die, äh, schon länger her sind … einige Ertrunkene, und … ich habe Grund zu der Annahme, dass … Sie sich um die sterblichen Überreste gekümmert haben.«
    »Ja?«
    Frank stockte, suchte nach einer möglichst taktvollen Formulierung seiner Frage. »Nun, wie schon gesagt, es handelt sich um Ertrunkene.«
    »Ich verstehe.«
    »Genau, und … wie gesagt, es war ein Unfall … zumindest glauben wir, dass es ein Unfall war … auf hoher See. Auf einem Schiff namens Crystal Dragon.«
    »Der Name Crystal Dragon sagt mir was, Mr. Daly. Wie lautet ihre Frage?«
    »Tja, also, was ich fragen wollte – und ich weiß, das klingt seltsam, aber – waren die Verstorbenen … Lassen Sie es mich anders ausdrücken: War an den Leichnamen irgendetwas Ungewöhnliches?«
    Nach einer langen Pause antwortete Bell entschuldigend: »Tut mir leid, Mr. Daly, aber wir sind zur Diskretion verpflichtet. Wir haben unsere Vorschriften und … nun ja, wie Sie sich bestimmt denken können, steht es uns nicht an, über das Aussehen der Verstorbenen zu sprechen – jedenfalls nicht mit der Presse. Schließlich müssen wir gewisse Rücksichten nehmen.«
    »Ich verstehe schon, aber –«
    »Wenn Sie mir erklären würden, wieso Sie das interessiert, könnte ich ihnen vielleicht helfen. Sie sagten, Sie arbeiten an einem Artikel?«
    »Richtig …« Frank spürte, dass sich das Blatt gewendet hatte. Von Bell würde er mit Sicherheit nichts erfahren.
    »Und Sie sind bei der Post  …«
    »Ja, nun –«
    »Ich würde wirklich gern wissen, warum die Post sich für etwas interessiert, das vor so langer Zeit und so weit weg passiert ist. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Natürlich.« Allmählich hatte Frank das ungute Gefühl, dass er derjenige war, der ausgefragt wurde. »Aber, äh … nun denn, tut mir leid, dass ich Sie belästigt habe.«
    »Das war doch keine Belästigung. Ich würde Ihnen gerne weiterhelfen. Wenn Sie mir Ihre Nummer geben würden –«
    Frank fiel ihm ins Wort: »Ich kriege gerade ein Gespräch auf der anderen Leitung. Würden Sie einen Moment warten? Ich muss nur eben sehen, wer das ist.« Er drückte die Stummtaste und zählte bis zehn. Schließlich sagte er zu Bell: »Hören Sie, das ist ein wichtiges Gespräch. Kann ich Sie morgen wieder anrufen?«
    »Ja natürlich, aber – Ihr Name war ›Daly‹, richtig?«
    Irgendwann im Verlauf des Gesprächs mit dem Leichenbestatter hatte Frank ein ungutes Gefühl beschlichen. Ein sehr ungutes Gefühl. Und er war selbst daran schuld. Er war zu ungeduldig gewesen. Er war immer zu ungeduldig! Wenn er an einer wirklich interessanten Story arbeitete und eine heiße Spur hatte, neigte er dazu, sich Hals über Kopf darauf zu stürzen – statt zunächst einmal alles in Ruhe zu durchdenken. Sich eine Strategie zurechtzulegen. Zu entscheiden, in welcher Reihenfolge er wo anrufen sollte. Sonst passierte es nämlich schnell, dass man den Leuten mehr erzählte, als man von ihnen erfuhr. Und manchmal sprach man auch mit den falschen Leuten – und genau das war ihm eben passiert.
    Denn schließlich hätte er sich denken können, dass jemand, der fünf tote Norweger unter dem Vorwand, sie seien bei einem Unfall auf hoher See ums Leben gekommen, in die Vereinigten Staaten schaffen wollte, einen Leichenbestatter brauchte, dem er vertrauen konnte, um die Leichen durch den Zoll zu bringen. Und das war natürlich Mr. Bell, der mindestens genauso neugierig war wie Frank. Ja natürlich, aber – Ihr Name war ›Daly‹, richtig?
    Wütend auf sich selbst, schaltete er den Computer ein

Weitere Kostenlose Bücher