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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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einer völlig anderen Größenordnung dar. Dort konnten unkontrollierte Wasserhämmer soviel Druck aufbauen, dass sie die Leitungen zum Platzen brachten und einen Dampfgeysir in die Luft jagten, der sich augenblicklich auf das Eintausendsiebenhundertfache seines ursprünglichen Volumens ausdehnen würde. Anders ausgedrückt, er würde explodieren. Und jedem den Kopf abreißen, der sich irgendwo in der Nähe befand.
    Die Ablassöffnungen verhinderten dies, indem sie kontinuierlich und automatisch kleine Dampfmengen abgaben, sodass in sämtlichen Rohrleitungen ein gleichmäßiger Druck herrschte. Der ›Entspannungsdampf‹ wurde in die Abwasserkanalisation unter der Universität geleitet, von wo aus er durch die Gullys ins Freie gelangte.
    »He, Drew, wie läuft’s denn so?« Steve Belinsky, einer der Elektroingenieure, riss seine Spindtür auf und fing an, seine Schutzkleidung auszuziehen.
    »Kann nicht klagen«, sagte Andrew. »Schöner Tag.«
    »Super. Ich denke, ich fahr zum Angeln – rüber nach Monona.«
    »Hoffe, die Viecher beißen.«
    »Ist mir eigentlich egal. Da draußen auf dem See … mit ein paar Bierchen … was interessieren einen da die Fische?«
    »Und die ganze Zeit über lässt du mich hier im Bauch des Wales im Stich.«
    »Du Ärmster«, sagte Belmsky und knallte die Spindtür zu. »Bis dann, Kumpel.«
    Andrew schloss die Spindtür, verdrehte die Rädchen an dem Zahlenschloss und ging zum Büro, um sich die Checkliste für seinen Arbeitstag abzuholen. Als erstes ging er zur Kesselspeisepumpe, wo es zu seinen Aufgaben gehörte, den Zusatz von Amertrol im Wasser zu kontrollieren. Diese Chemikalie bildete eine harzige Masse, die Unreinheiten wie Kalk und Kieselerde gegen die valente Anziehungskraft der Leitungsrohre festhielt und so verhinderte, dass sich mineralische Ablagerungen an den Rohrinnenwänden bildeten, die den Dampfdurchlass erschwert hätten.
    Er würde den Inhalt der Thermosflasche gleichzeitig mit dem Amertrol in den Wasserzulauf geben. Es würde nur ein paar Sekunden dauern, und es bestand kaum Gefahr, dass ihn irgendjemand dabei beobachten würde. Im gesamten Werk waren nur fünf Arbeiter beschäftigt.
    Solange sagt, ihr wart in einem früheren Leben Brüder. Ist das möglich, Andrew? Hast du das gespürt?
    Und ob er das gespürt hatte! Er spürte es sogar jetzt, in diesem Moment.

19
    Frank hatte die ganze Woche an einer Grippe laboriert, ebenso wie Annie.
    Er war schlapp, verschnupft und hatte Gliederschmerzen, und es schien einfach nicht besser werden zu wollen. Die Grippe hatte ihn drei Tage lang völlig außer Gefecht gesetzt, und erst jetzt fühlte er sich allmählich wieder auf dem Weg der Besserung. In der Post stand, dass die ganze Stadt von der Grippewelle erfasst worden war: Ein halbes Dutzend Schulen waren geschlossen worden, und im Kongress hatte man Schwierigkeiten, die beschlussfähige Mitgliederzahl zusammenzubekommen.
    Und das, obwohl die typischen Erkältungsmonate doch schon seit Wochen vorüber waren. Im Übrigen war nicht nur Washington betroffen. Auch Los Angeles hatte Ähnliches zu vermelden. Man nannte es die ›Beverly-Hills-Grippe‹, weil diese Gegend am ärgsten betroffen war. Frank hatte einen Beitrag darüber in den Abendnachrichten gesehen. Der Reporter saß in der Polo Lounge, umgeben von leeren Tischen. Am Ende des Beitrags bestellte er sich einen Teller Hühnersuppe und zwinkerte in die Kamera. Spaßig, dachte Frank und putzte sich zum x-tenmal die Nase.
    Er schüttelte den Kopf, um einen klaren Gedanken fassen zu können, und fing an, die ausgedruckten Nexis-Texte durchzusehen, eine von AP zusammengestellte Sammlung von Artikeln verschiedener Zeitungen. Größtenteils war die Geschichte stets die gleiche – knappere Versionen des Artikels aus dem Globe.
    Er las sich alles mehrmals durch, aber es steckte nicht viel drin. Wenn ihm überhaupt etwas auffiel, dann die Tatsache, wie nichts sagend die Artikel waren. Es gab keine Interviews mit Augenzeugen, keine Zitate von anderen Seeleuten, die den Sturm beschrieben, die Höhe der Wellen oder den Moment, als das Rettungsboot kenterte.
    Er fand nur die Darstellung des Kapitäns, die knapp und anscheinend auch schlüssig war.
    Frank (vielmehr dem Journalisten in ihm) kam es noch merkwürdiger vor, dass es keine lokale Berichterstattung gegeben hatte. Der Lake Placid Sentinel, von dem man hätte erwarten können, dass er die Story auf der ersten Seite bringen würde, tat genau das Gegenteil. Er

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