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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Case John F.
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davon zur gleichen Zeit.
    Frank setzte sich so abrupt auf, dass die Kaffeetasse klapperte. »Ganz sicher?«, fragte er.
    »Aber ja, mein Bester! Das weiß ich noch sehr genau. Es war nämlich höchst ungewöhnlich.«
    »Wieso das?«
    »Na ja, zunächst mal die Anzahl der Leichname – das war das eine. Und dann, dass sie per Schiff kamen. Normalerweise erfolgen Rückführungen per Flugzeug – aber es handelte sich um Opfer eines Unfalls auf See.«
    »Haben Sie den Namen des Schiffes?«
    »Die Crystal Dragon. Ich hab noch gedacht, was für ein hübscher Name!«
    Frank wollte ihr danken, aber sie fiel ihm ins Wort.
    »Das ist schließlich mein Job. Das sind alles Unterlagen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Wenn Sie mir jetzt ihre Faxnummer geben, schicke ich Ihnen die näheren Einzelheiten.«
    Fünf Minuten später schoben sich acht Seiten mit Dokumenten aus dem Faxgerät. Er bekam eine Liste mit den Namen der Toten sowie die Totenscheine, die allesamt von dem Schiffsarzt, einem gewissen Dr. Peter Guidry, unterzeichnet waren. Todesursache war in allen Fällen Ertrinken.
    Ein unterschriebener und eindrucksvoll abgestempelter Brief von einem Beamten im Auswärtigen Dienst an der amerikanischen Botschaft in Reykjavik gab als Todesursache ›Unfall auf hoher See‹ an und erteilte die Genehmigung, dass ›die sterblichen Überreste ohne die üblichen beglaubigten Sterbeurkunden den amerikanischen Zoll passieren‹ durften. Außerdem verfügte das Dokument, dass die Leichname nach ihrer Ankunft in Boston einem lizenzierten Leichenbestatter überstellt werden sollten, der für das Bestattungsunternehmen J.S. Bell’s Funeral Home in Saugus, Massachusetts, tätig war.
    Da sich die Todesfälle auf hoher See ereignet hatten, war es Aufgabe des Leichenbestatters, ›die Vollständigkeit der sterblichen Überreste‹ zu überprüfen und zu bestätigen, wonach sie dann in seine Obhut übergeben werden sollten.
    Ein Dokument beglaubigte, dass dies geschehen war. Unterschrieben war es von einem Leichenbestatter, dessen Namen Frank nicht lesen konnte, und gegengezeichnet von einem Zollbeamten, der aber nur seine Initialen daruntergesetzt hatte. Aus seinem Gespräch mit dem Mann vom Außenministerium wusste Frank, dass dieses Verfahren so ziemlich normal war. Vielleicht, so dachte er, hat J.S. Bell’s eine Art Vertrag mit dem Hafen von Boston, dass sie alle Leichenüberführungen abwickeln, die dort anfallen.
    Er betrachtete die Liste mit den Namen, die alphabetisch geordnet waren:
           Leonard Bergman, 22
           Arturo Garcia, 26
           Thomas O’Reilly, 39
           Ross D. Stevens, 52
           Christopher Yates, 27
    Keiner der Namen sagte ihm etwas. Was ihm allerdings auffiel, war, dass alle Toten aus derselben Stadt stammten: Lake Placid, New York.
    Wie konnte das sein? Vielleicht waren sie Männer von der freiwilligen Feuerwehr gewesen, die eine Reise gewonnen hatten, oder Vertreter für ein Versandhaus oder …
    Das glaube ich nicht, dachte er. Es sei denn, das ist kein verrückter Zufall, sondern ein Volltreffer. Die Satellitenfotos bewiesen, dass die Leichen der Bergleute am 9. September in Kopervik exhumiert worden waren. Das Datum auf den Totenscheinen vor ihm lautete: 12. September. Vier Tage später waren die sterblichen Überreste in Boston eingetroffen.
    Er überlegte, was er als nächstes tun sollte, und die Antwort war klar: Nur die Ruhe bewahren, nichts überstürzen. Du weißt ja immer noch nicht, worum es eigentlich geht.
    Er ließ sich die Nummer des Bestattungsunternehmens J.S. Beils in Saugus geben und wählte sie.
    Laut Annie mussten sich die Leichen der Bergleute stark verändert haben. Nach achtzig Jahren in der Erde war eine gewisse Austrocknung zu erwarten. Soll das heißen, dass sie wie Mumien aussehen?
    Nein, erwiderte sie. Eher so wie Lebensmittel, die zu lange in der Tiefkühlung liegen. Nach einer Weile verändert sich die Form von Hähnchenbrust, weil das Fleisch Feuchtigkeit verliert. Genauso verändert sich Eiscreme, und Kadaver eben auch. Nach zirka einem Monat sind selbst Eiswürfel nur noch halb so groß.
    Das war aufschlussreich. Die eingefallenen Augen, die vorstehenden Rippen, die nach hinten gezogenen Lippen. Die Leichen mussten die Hälfte ihres Gewichts verloren haben – was niemand verstecken könnte. Ein Leichenbestatter musste das sofort sehen.
    Beim dritten Klingeln hob eine Frau ab, und als sie hörte, dass Frank Reporter war, teilte sie

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