Das erste Gesetz der Magie - 1
sich auf und drehte sich mit finsterem Gesichtsausdruck zu Demmin um. »Bevor ich lernte, die Unterwelt zu bereisen, die Grenze zu durchqueren, bevor ich das Buch holen konnte, tötete ein Mann namens George Cypher das Wachtier und stahl das Buch. Mein Buch. Er hat dem Tier einen Zahn als Trophäe ausgebrochen. Ein sehr dummer Fehler, denn das Tier war durch Zauberkraft entsandt worden, durch meine Zauberkraft.« Er zog eine Braue hoch. »Und die kann ich überallhin verfolgen.«
Rahl leckte sich die Finger, strich sich über die Lippen und starrte gedankenverloren ins Leere. »Das erste Gesetz des Zauberers. Darauf ist immer Verlaß«, sagte er fast tonlos zu sich selbst, bevor er fortfuhr. »Nachdem ich die Kästchen der Ordnung ins Spiel gebracht hatte, zog ich los, das Buch zu holen. Dabei fand ich heraus, daß man es gestohlen hatte. Es dauerte eine Weile, aber ich fand den Mann, der es gestohlen hatte. Unglücklicherweise hatte er das Buch nicht mehr und wollte mir auch nicht verraten, wo es war.« Rahl sah auf und lächelte Demmin an. »Er weigerte sich, mir zu helfen, und ich habe ihn dafür leiden lassen.« Demmin erwiderte das Lächeln. »Aber er hatte den Zahn seinem Sohn gegeben, wie ich herausfand.«
»Daher wißt Ihr also, daß der junge Cypher das Buch hat.«
»Richtig. Richard Cypher ist im Besitz des Buches der Gezählten Schatten. Außerdem trägt er den Zahn bei sich. Auf diese Weise habe ich ihm auch die Spürwolke angehängt, indem ich sie am Zahn festgemacht habe, dem Zahn mit meiner Zauberkraft. Ich hätte das Buch längst gefunden, es gab jedoch viele andere Dinge, um die ich mich hatte kümmern müssen. Die Wolke habe ich ihm nur angehängt, damit ich in der Zwischenzeit nicht seine Spur verliere. Das war reine Bequemlichkeit. Aber die Angelegenheit ist so gut wie erledigt. Ich kann das Buch haben, wann immer es mir beliebt. Die Wolke ist von geringer Bedeutung. Ich kann ihn durch den Zahn finden.«
Rahl nahm die Schale mit Haferschleim zur Hand und reichte sie Demmin. »Koste mal, ob es kalt genug ist.« Er zog eine Braue hoch. »Ich möchte dem Jungen nicht weh tun.«
Demmin schnupperte an der Schale und rümpfte angewidert die Nase. Er reichte die Schüssel einer der Wachen, der sie widerspruchslos entgegennahm und einen Löffel Haferschleim an die Lippen führte. Er nickte.
»Cypher könnte den Zahn verlieren oder ihn einfach wegwerfen. Dann könntet Ihr weder ihn noch das Buch finden.« Demmin senkte unterwürfig den Kopf, während er sprach. »Bitte vergebt mir, daß ich davon spreche, Meister Rahl, aber mir scheint, als überließet Ihr eine Menge dem Zufall.«
»Gelegentlich, Demmin, überlasse ich Dinge dem Schicksal, dem Zufall jedoch nie. Ich verfüge über andere Mittel, Richard Cypher zu finden.«
Demmin atmete tief durch und wurde ruhiger, als er über Rahls Worte nachdachte. »Jetzt begreife ich, warum Ihr nicht besorgt wart. Ich wußte das alles nicht.«
Rahl sah seinen treuen Kommandanten stirnrunzelnd an. »Wir haben nicht mal die Oberfläche dessen angekratzt, was du alles nicht weißt, Demmin. Aus diesem Grunde dienst du mir und nicht ich dir.« Sein Ausdruck wurde versöhnlicher. »Seit wir Jungen waren, warst du ein guter Freund, Demmin, also werde ich dir diesbezüglich deine Sorgen nehmen. Es gibt eine Reihe dringlicher Angelegenheiten, für die ich Zeit brauche, Angelegenheiten der Magie, die keinen Aufschub dulden. Wie dies zum Beispiel.« Er streckte den Arm aus und zeigte auf den Jungen. »Ich weiß, wo sich das Buch befindet, und ich kenne meine Fähigkeiten. Ich kann das Buch beschaffen, wann immer es mir beliebt. Im Augenblick verwahrt es Richard Cypher lediglich sicher für mich.« Rahl beugte sich weiter vor. »Zufrieden?«
Demmin senkte den Blick zum Boden. »Ja, Meister Rahl.« Er sah wieder auf. »Ihr sollt wissen, daß ich nur deshalb mit meinen Bedenken zu Euch komme, weil ich Euch den Erfolg wünsche. Ihr seid der rechtmäßige Herrscher aller Länder. Wir alle brauchen Euch, damit Ihr uns führt. Ich möchte nur zu Eurem Sieg beitragen. Ich fürchte nichts mehr, als Euch zu enttäuschen.«
Darken Rahl legte Demmin den Arm um seine breiten Schultern, schaute hinauf in das pockennarbige Gesicht, auf die schwarze Strähne im blonden Haar. »Hätte ich nur mehr wie dich, mein Freund.« Er zog seinen Arm zurück und ergriff die Schale. »Geh jetzt und berichte Königin Milena von unserem Bündnis. Vergiß nicht, den Drachen herbeizurufen.« Sein
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