Das erste Gesetz der Magie - 1
auf. Kahlan wußte nicht, was das Candra war. Nissel zuckte mit den Achseln und ließ sie statt dessen flache Steine auf dem Nabel balancieren, während sie die Wunde untersuchte. Wenn es schmerzte und die Steine zu rutschen begannen, ermahnte sie Kahlan, sich mehr Mühe zu geben, um die Steine im Gleichgewicht zu halten. Man verabreichte ihr bitter schmeckende Blätter, die sie kauen sollte, während Nissel ihr die Kleider auszog und sie badete.
Das Bad war für sie besser als die Blätter. Sie konnte sich an kein Bad erinnern, das ihr je so gut getan hätte. Sie versuchte, ihre Niedergeschlagenheit mit dem Schlamm abzustreifen. Sie gab sich alle Mühe. Während man sie einweichen ließ, wusch Nissel ihre Kleider und hängte sie ans Feuer, wo ein kleiner Topf mit bräunlicher, nach Fichtenharz riechender Paste köchelte. Nissel trocknete Kahlan ab, hüllte sie in warme Felle und setzte sie auf eine in die Wand neben der erhöhten Feuerstelle eingelassene Bank. Der Geschmack der Blätter wurde besser, je länger sie sie kaute. Ihr Kopf begann sich zu drehen.
»Nissel, zu was sind die Blätter gut?«
Nissel ließ von Kahlans Hemd ab, das sie begutachtet hatte und sehr seltsam fand. »Sie werden dich entspannen, damit du nicht spürst, was ich mache. Kau weiter und sorge dich nicht, mein Kind. Du wirst so entspannt sein und nicht spüren, wenn ich dich nähe.«
Kahlan spie die Blätter sofort aus. Die alte Frau betrachtete sie auf dem Boden, sah Kahlan an und zog eine Braue hoch.
»Nissel, ich hin Konfessor. Wenn ich mich auf diese Weise entspanne, kann ich vielleicht meine Kraft nicht zurückhalten. Wenn du mich berührst, könnte ich sie freisetzen, ohne es zu wollen.«
Nissel runzelte neugierig die Stirn. »Aber du wirst schlafen, mein Kind. Dann bist du entspannt.«
»Das ist etwas anderes. Ich habe von Geburt an geschlafen, bevor die Kraft in mir heranwuchs. Wenn ich auf eine Weise, die ich nicht kenne, zu sehr entspanne oder abgelenkt werde, könnte ich dich damit berühren, ohne es zu wollen.«
Nissel nickte vorwurfsvoll. Dann runzelte sie die Stirn. Sie beugte sich vor. »Wie willst du dann…«
Kahlan sah sie ausdruckslos an, sagte nichts und doch alles.
Plötzlich erhellte sich Nissels Gesicht. Sie richtete sich auf. »Oh, jetzt verstehe ich.«
Sie strich Kahlan mitfühlend übers Haar, verschwand in der gegenüberliegenden Ecke und kam mit einem Stück Leder in der Hand zurückgeschlurft. »Klemm dir das zwischen die Zähne.« Sie tätschelte Kahlans gesunde Schulter. »Solltest du dich jemals wieder verletzen, laß dich auf jeden Fall zu Nissel bringen. Ich werde mich an dich erinnern und weiß, was ich nicht tun darf. Als Heiler ist es manchmal wichtiger zu wissen, was man nicht tun darf. Als Konfessor vielleicht auch, ja?«
Kahlan nickte mit einem Lächeln. »Und nun, mein Kind, mache mir einen Zahnabdruck in dieses Stück Leder.«
Als sie fertig war, wischte Nissel Kahlan den Schweiß mit einem feuchten Tuch vom Gesicht. Kahlan war schwindlig und übel, sie konnte nicht einmal aufrecht sitzen. Nissel bestand darauf, daß sie liegenblieb, während sie die braune Paste verabreichte und den Arm mit sauberen Bandagen umwickelte.
»Du solltest eine Weile schlafen. Ich wecke dich vor dem Festmahl.«
Kahlan legte der alten Frau die Hand auf den Arm und zwang sich zu einem Lächeln. »Danke, Nissel.«
Sie wachte auf, als sie spürte, wie jemand ihr Haar bürstete. Es war getrocknet, während sie schlief. Nissel lächelte sie an.
»Es wird dir schwerfallen, deine hübschen Haare zu bürsten, bis dein Arm besser ist. Es gibt nicht viele, die mit solchem Haar beschenkt werden. Ich dachte, du möchtest es vielleicht vor dem Festmahl gebürstet bekommen. Es fängt bald an. Draußen wartet ein gutaussehender junger Mann.«
Kahlan setzte sich auf. »Wie lange wartet er schon da?«
»Fast die ganze Zeit. Ich habe versucht, ihn mit einem Besen zu verscheuchen.« Nissel runzelte die Stirn. »Aber er wollte nicht gehen. Er ist ziemlich hartnäckig, ja?«
»Ja.« Kahlan schmunzelte.
Nissel half ihr dabei, frische Kleider anzuziehen. Ihr Arm tat nicht mehr so sehr weh. Vermutlich die braune Paste. Richard lehnte voller Ungeduld draußen an der Hauswand und stand sofort auf, als sie herauskam. Er hatte gebadet und sah sauber und frisch aus, der Schlamm war völlig verschwunden, und er trug eine einfache Wildlederhose, eine Jacke und natürlich sein Schwert. Nissel hatte recht, er sah wirklich gut
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