Das erste Gesetz der Magie - 1
aus.
»Wie fühlst du dich? Wie geht es deinem Arm? Alles in Ordnung?«
»Mir geht’s gut.« Sie lächelte. »Nissel hat mich gesundgepflegt.«
Richard gab der alten Frau einen Kuß auf die Stirn. »Ich danke dir, Nissel. Der Besen sei dir verziehen.«
Nissel schmunzelte, als sie die Übersetzung hörte, beugte sich vor und sah ihn so durchdringend an, daß ihm unbehaglich wurde.
»Soll ich ihm einen Trank geben« , fragte Nissel und drehte sich zu Kahlan um, »für sein Stehvermögen?«
»Nein.« Kahlan wurde böse. »Ich bin sicher, er kommt auch so durchaus zurecht.«
27. Kapitel
Gelächter und der Klang von Trommeln klangen ihnen aus der Dorfmitte entgegen, als Kahlan und Richard durch das Gewirr der dunklen Häuser spazierten. Der schwarze Himmel hob sich seinen Regen für später auf, und mit der feuchtwarmen Luft gelangte der Duft der feuchten Gräser ringsum ins Dorf. Die Plattformen der Pfahlkonstruktionen wurden von Fackeln beleuchtet, und die über die freie Fläche verteilten großen Feuer knisterten und knackten und warfen zuckende Schatten. Kahlan wußte, wieviel Arbeit es bereitete, das Holz für Kochstellen und Brennöfen herbeizuschaffen. Man hatte die meisten Feuer klein gehalten. Dies war ein Luxus, den die Schlammenschen nur selten genossen. Von den Kochstellen wehten mit der Nachtluft wundervolle Düfte herüber, doch ihren Appetit entfachten sie nicht. Überall eilten Frauen in ihren buntesten Kleidern mit ihren Töchtern an der Seite umher, kümmerten sich um dies und jenes und sorgten dafür, daß alles gut lief. Die Männer trugen ihre besten Felle, die für besondere Anlässe; rituelle Dolche hingen an ihren Hüften, und ihr Haar hatten sie auf traditionelle Weise mit klebrigem Schlamm glatt gelegt. Überall wurde gekocht, während die Menschen vorbeischlenderten, die Speisen kosteten, sich unterhielten und Geschichten erzählten. Die meisten, so schien es, aßen entweder, oder sie kochten. Überall liefen lachende und spielende Kinder herum, überschäumend vor Aufregung angesichts des unerwarteten Ereignisses, der späten Stunde und der Versammlung im Feuerschein.
Unter den Grasdächern hockten Musiker, die ihre Trommeln bearbeiteten und mit schaufelähnlichen Schlegeln über geriffelte Boldas, lange glockenförmige Röhren, schabten. Die gespenstischen Klänge wurden weit in die Steppe hinausgetragen. Die Musik sollte die Seelen der Vorfahren zum Festmahl rufen. Auf der gegenüberliegenden Seite der freien Fläche saßen andere Musiker, deren Klänge sich manchmal mit denen der anderen Gruppe vermischten, manchmal von ihnen abhoben, und die sich gegenseitig in quälenden und manchmal wilden Rhythmen und Schlägen antworteten. Männer in Kostümen, einige als Tiere verkleidet, andere stilisiert als Jäger bemalt, stellten springend und tanzend Szenen aus den Legenden der Schlammenschen dar. Ausgelassene Kinder umringten die Tänzer, äfften sie nach und stampften mit den Füßen im Rhythmus der Trommler. Junge Pärchen, die sich in die dunkleren Ecken zurückgezogen hatten, verfolgten die Vorgänge eng umschlungen. Kahlan hatte sich nie so einsam gefühlt.
Savidlin, der sich sein frisch gereinigtes Kojotenfell über die Schultern gelegt hatte, entdeckte die beiden, zog sie fort und schlug Richard die ganze Zeit freundschaftlich auf den Rücken. Sie sollten sich zu den Ältesten unter deren Schutzdach setzen. Der Vogelmann trug seine gewohnte Wildlederkleidung. Ein Mann von seiner Bedeutung hatte es nicht nötig, sich herauszuputzen. Weselan war ebenfalls anwesend, wie auch die anderen Frauen der anderen Ältesten. Sie setzten sich neben Kahlan, ergriffen ihre Hand und erkundigten sich aufrichtig besorgt, wie es ihrem Arm gehe. Kahlan war es nicht gewöhnt, daß sich jemand um sie kümmerte. Zu den Schlammenschen zu gehören, war ein angenehmes Gefühl, auch wenn es nur geheuchelt war. Geheuchelt deswegen, weil sie Konfessor war, und so sehr sie sich auch etwas anderes wünschte, nichts konnte etwas daran ändern. Sie tat, was sie in jungen Jahren gelernt hatte. Sie stellte ihre Gefühle zurück und dachte an die bevorstehende Aufgabe. Sie dachte an Darken Rahl und daran, wie wenig Zeit ihnen blieb. Sie dachte an Dennee.
Richard hatte sich damit abgefunden, daß sie noch einen weiteren Tag auf die Versammlung warten mußten, und versuchte, das Beste daraus zu machen. Lächelnd und nickend nahm er Ratschläge entgegen, die er nicht verstand. Menschen strömten in einer
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