Das erste Gesetz der Magie - 1
aufsuchten, waren sie Fremde. In mehrfacher Hinsicht, und durch ihre Taten haben sie bewiesen, daß sie unser Volk mögen und sich seiner würdig erwiesen. Von diesem Tag an sollen Richard mit dem Zorn und Konfessor Kahlan zu den Schlammenschen gehören.«
Kahlan übersetzte, ließ aber ihren Titel aus. Die Menge johlte. Richard hob lächelnd die Hand, und die Leute jubelten noch mehr. Savidlin versetzte ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. Der Vogelmann legte ihr eine Hand auf die Schulter, drückte sie voller Mitgefühl und versuchte, vergessen zu machen, daß er sie zu der Übereinkunft gezwungen hatte. Sie atmete tief durch und fügte sich in das Unvermeidliche. Bald war es ohnehin vorbei, dann waren sie wieder unterwegs, um Rahl aufzuhalten. Das allein zählte. Außerdem hatte ausgerechnet sie keinen Grund, sich deswegen gekränkt zu fühlen.
»Noch etwas« , fuhr der Vogelmann fort. »Diese beiden wurden nicht als Schlammenschen geboren. Kahlan wurde als Konfessor geboren, es war eine Frage des Blutes, nicht der persönlichen Entscheidung. Richard mit dem Zorn ist ein Kind des Westlands jenseits der Grenze und einer Lebensweise, die für uns ein Rätsel darstellt. Beide haben zugestimmt, Schlammenschen zu werden und vom heutigen Tage an unsere Gesetze und Sitten zu achten, doch müssen wir anerkennen, wie rätselhaft sie ihnen vielleicht manchmal erscheinen. Wir müssen Geduld mit ihnen haben und begreifen, daß sie zum ersten Mal versuchen, Schlammenschen zu sein. Wir haben unser ganzes Leben als Schlammenschen gelebt, doch für sie ist dies ihr erster Tag. Sie sind für uns wie neugeborene Kinder. Bringt für sie das gleiche Verständnis auf wie für Neugeborene, und sie werden ihr Bestes geben.«
Dies wurde überall in der Menge besprochen, und Köpfe nickten.
Man hielt den Vogelmann für weise. Kahlan stieß einen Seufzer aus. Der Vogelmann hatte sich selbst und den beiden ein klein wenig Spielraum gelassen, für den Fall, daß etwas schiefging. Er war tatsächlich weise. Er drückte ihre Schulter noch einmal, und sie legte ihre Hand auf seine und erwiderte den Druck voller Anerkennung.
Richard verschwendete keinen Augenblick. Er wandte sich an die Dorfältesten.
»Ich fühle mich geehrt, zu den Schlammenschen zu gehören. Wo immer mich meine Reisen hinführen, werde ich die Ehre eures Volkes verteidigen, damit ihr stolz auf mich sein könnt. Im Augenblick jedoch ist euer Volk in Gefahr. Ich brauche Hilfe, um es beschützen zu können. Ich bitte um einen Rat der Propheten. Ich bitte um eine Versammlung.«
Kahlan übersetzte, und die Ältesten gaben einmütig nickend ihr Einverständnis.
»Es sei dir gewährt« , sagte der Vogelmann. »Die Vorbereitung für die Versammlung wird drei Tage in Anspruch nehmen.«
»Geehrter Ältester«, sagte Richard, der sich nur mit Mühe beherrschen konnte. »Die Gefahr ist groß. Ich achte eure Sitten. Doch gibt es keine Möglichkeit, sie schneller einzuberufen? Das Überleben eures Volkes hängt davon ab.«
Der Vogelmann atmete tief durch, sein langes Silberhaar spiegelte das trübe Licht. »Unter diesen besonderen Umständen werden wir alles tun, um euch zu helfen. Heute abend werden wir das Festmahl abhalten, und morgen abend die Versammlung. Schneller geht es einfach nicht. Es müssen Vorbereitungen getroffen werden, damit die Ältesten die Kluft zu den Seelen überbrücken können.«
Richard atmete tief durch. »Also dann morgen abend.«
Der Vogelmann blies erneut auf der Pfeife, und die Tauben stiegen in den Himmel. Kahlan hatte das Gefühl, als bekämen ihre Hoffnungen, so töricht und unwahrscheinlich sie gewesen waren, mit ihnen Flügel.
Die Vorbereitungen wurden rasch in Angriff genommen. Savidlin nahm Richard mit in sein Haus, um seine Schnittwunden zu versorgen, und der Vogelmann brachte Kahlan zum Heiler, wo ihre Wunde genäht werden sollte. Der Verband war vollkommen durchgeblutet, und der Schnitt tat ernstlich weh. Der Vogelmann führte sie durch die engen Gassen, den Arm schützend um ihre Schulter gelegt. Sie war dankbar, daß er nicht vom Festmahl sprach.
Er gab seine Anweisungen zu Kahlans Versorgung, als wäre sie seine Tochter, und überließ sie einer gebeugten Frau namens Nissel. Nissel lächelte selten, und wenn, dann zu den seltsamsten Gelegenheiten und gab bis auf Anweisungen wenig von sich. Stell dich dorthin, halte den Arm hoch, nimm ihn runter, atme, halte die Luft an, trink dies, leg dich hierhin, sage das Candra
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