Das erste Gesetz der Magie - 1
zog sich aus, stellte sich vor ihn und spürte die kühle Nachtluft auf der Haut. Er schöpfte eine Handvoll weißen Schlamms aus einem der Töpfe. Seine Hand zögerte. Sie wartete. Trotz seiner Worte war es ihm etwas unangenehm. Sie zu sehen war eins, sie zu berühren etwas anderes.
Kahlan ergriff seine Hand, drückte sie fest gegen ihren Bauch und spürte, wie der kalte Schlamm an ihren Körper klatschte.
»Fang an« , befahl sie.
Als er fertig war, stießen sie die Tür auf und gingen nach drinnen. Er setzte sich in den Kreis der bemalten Ältesten, sie gegenüber, gleich neben Richard. Ein dramatisches Geflecht aus schwarzen und weißen Linien zog sich schwungvoll schräg über sein Gesicht, eine Maske, die sie alle für die Seelen angelegt hatten. Die Schädel aus dem Regal waren in der Mitte zu einem Kreis angeordnet, in der Feuerstelle hinter ihr schwelte eine kleine Flamme, die einen seltsam beißenden Rauch von sich gab. Die Ältesten starrten wie gebannt geradeaus und intonierten einen rhythmischen Gesang, dessen Worte sie nicht verstand. Der Vogelmann hob seinen abwesenden Blick. Wie von selbst schloß sich die Tür.
»Von jetzt an darf, bis wir fertig sind, niemand herein und niemand hinaus. Die Tür ist durch die Seelen verriegelt.«
Kahlan ließ den Blick durch den Raum schweifen und sah nichts. Ein Frösteln kroch ihr den Rücken hinauf. Der Vogelmann griff in einen geflochtenen Korb neben sich. Er zog einen winzigen Frosch heraus, es war zu dunkel, um zu erkennen, welche Farbe er hatte, dann reichte er den Korb an den nächsten Ältesten weiter. Jeder nahm sich einen Frosch und rieb sich dessen Rücken gegen die Brust. Der Korb kam zu ihr. Sie hielt ihn mit beiden Händen und sah den Vogelmann an.
»Warum tun wir das?«
»Das sind rote Seelenfrösche, sehr schwer zu finden. Auf ihrem Rücken haben sie eine Substanz, die uns diese Welt vergessen läßt und es uns erlaubt, die Seelen zu sehen.«
»Geehrter Ältester, ich bin vielleicht ein Schlammensch, aber ich bin auch Konfessor. Ich darf meine Kraft nicht offen zeigen. Wenn ich diese Welt vergesse, kann ich das vielleicht nicht.«
»Zum Umkehren ist es jetzt zu spät. Die Seelen sind bereits unter uns. Sie haben dich gesehen und die Symbole, die ihnen die Augen öffnen. Du darfst nicht fort. Wenn jemand hier ist, der sie nicht erkennen kann, werden sie ihn töten und ihm seine Seele rauben. Ich verstehe dein Problem, aber ich kann dir nicht helfen. Du wirst einfach dein Bestes tun müssen, um deine Kraft zurückzuhalten. Gelingt es dir nicht, ist einer von uns verloren. Das müssen wir in Kauf nehmen. Wenn du sterben willst, laß den Frosch im Korb. Willst du Darken Rahl aufhalten, nimm ihn heraus.«
Sie starrte mit großen Augen in sein hartes Gesicht. Und griff in den Korb. Der Frosch zappelte und trat um sich, als sie den Korb an Richard weiterreichte und ihm sagte, was er zu tun hatte. Es kostete sie einige Überwindung, den kalten, glitschigen Froschrücken zwischen ihre Brüste zu drücken, der einzigen Stelle an ihrem Körper, die nicht mit Symbolen bemalt war. Sie verrieb ihn wie die anderen mit einer kreisförmigen Bewegung. Wo der Schleim ihre Haut berührte, fing sie an zu kribbeln und spannte sich. Das Gefühl verbreitete sich über den ganzen Körper. Der Klang der Boldas und der Trommeln schwoll an, bis er das einzige auf der ganzen Welt zu sein schien. Ihr ganzer Körper vibrierte in diesem Rhythmus. In Gedanken versuchte sie, ihre Kraft zurückzuhalten, und hoffte noch, es würde reichen, als sie spürte, wie sie abzudriften begann.
Man ergriff sich bei den Händen. Die Wände des Raumes verschwammen. Ihr Bewußtsein begann in Wellen zu fließen wie das Kräuseln an der Oberfläche eines Teiches, treibend, tanzend, sprunghaft. Sie spürte, wie sie mit den anderen zu kreisen begann, rings um die Schädel in ihrer Mitte. Die Schädel begannen zu leuchten und erhellten den Kreis aus Gesichtern. Sie wurden von einer weißen Leere aus Nichts verschluckt. Lichtstrahlen aus der Mitte wirbelten mit ihnen herum.
Von allen Seiten näherten sich Gestalten. Entsetzt erkannte sie, was sie waren.
Schattenwesen.
Sie wollte schreien, doch der Laut blieb ihr in der Kehle stecken. Sie quetschte Richards Hand. Sie mußte ihn beschützen. Sie versuchte, auf die Beine zu kommen, sich über ihn zu werfen, damit sie ihn nicht berühren konnten. Doch ihr Körper wollte nicht. Mit Erschrecken stellte sie fest, daß es an den Händen lag, und den
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