Das erste Gesetz der Magie - 1
unverhältnismäßig groß wie auch seine Hände und Arme. Sein Bauch war rund und dick. Wovon bloß, fragte sich Richard. Er hatte nirgendwo Haare, und seine Haut sah aus, als hätte sie seit Jahren keine Sonne mehr gesehen. Von Zeit zu Zeit hob Samuel einen Stock oder einen Stein vom Boden auf und sagte: »Meins! Gib her!«, ohne jemanden Bestimmtes zu meinen. Kurz darauf verlor er das Interesse und warf seinen neuesten Fund wieder fort.
Richard behielt sowohl den Wald als auch Samuel im Auge. Er folgte dem Gefährten, trieb ihn immer wieder an, schneller zu gehen. Er hatte Angst um Kahlan, außerdem war er wütend über sich selbst. Old John, oder der Calthrop, wer auch immer, hatte ihn völlig übertölpelt. Unfaßbar, wie dumm er gewesen war. Er war auf die Geschichte reingefallen, weil er sie glauben und Zedd unbedingt wiedersehen wollte. Genau davor hatte er andere immer gewarnt. Er hatte dem Monster genau das gesagt, was es brauchte, um sich vor ihm auszuweisen. Er schämte sich.
Die Menschen glaubten etwas, weil sie daran glauben wollten, hatte er Kahlan erzählt. Und genau das hatte er getan, und Kahlan war deswegen in die Gewalt der Hexe geraten. Genau das, wovor sie solche Angst gehabt hatte. Und nur, weil er so dumm und nicht wachsam genug gewesen war. Wann immer er so nachlässig war, schien sie dafür bezahlen zu müssen. Wenn Kahlan etwas zustieß, würde die Hexe zu spüren bekommen, was es mit dem Zorn eines Suchers auf sich hatte, das schwor er sich.
Schon wieder, ärgerte er sich. Er ließ seine Phantasie mit sich durchgehen. Wenn Shota sie umbringen wollte, hätte sie das auf der Stelle getan. Sie hätte sie nicht nach Agaden verschleppt. Aber warum hatte sie das getan? Es sei denn, sie wollte mit ihr spielen, wie Samuel sich ausgedrückt hatte. Richard versuchte diesen Gedanken zu verdrängen. Bestimmt war sie hinter ihm her, nicht hinter Kahlan. Aus diesem Grund war wohl auch der Calthrop so schnell verschwunden. Die Hexe hatte ihn verscheucht.
Als sie die Gabelung erreichten, die sie vorhin passiert hatten, wählte Samuel den Weg, der zur Hexe führte. Obwohl es dunkel wurde, behielt der Gefährte das Tempo bei. Der Pfad stieg jetzt in steilen Serpentinen an, und schon bald hatten sie die Baumgrenze hinter sich gelassen und befanden sich auf einem offenen Pfad über nackten Fels, der stetig zu den schroffen, schneebedeckten Gipfeln hinaufführte.
Im mondbeschienenen Schnee erkannte Richard zwei Fußspuren, von denen eine Kahlan gehörte. Ein gutes Zeichen. Sie lebte also noch. Es sah nicht danach aus, als wollte Shota sie töten. Zumindest nicht gleich. Der Pfad zog sich am Rand der schneebedeckten Gipfel dahin. Ohne Samuel, der den Paß kannte, hätte der Weg über die Gipfel Tage gedauert. Kalter Wind peitschte durch die Felsspalten und nahm ihnen in der eiskalten Luft den Atem. Samuel zitterte. Richard legte seinen Umhang um und zog Kahlans aus dem Rucksack, den Samuel trug.
»Das gehört der hübschen jungen Frau. Zieh es an. Es wird dich fürs erste wärmen.«
Samuel riß ihm den Umhang aus der Hand. »Meiner! Gib her!«
»Wenn du nicht damit aufhörst, gebe ich ihn dir nicht.« Richard spannte das Seil und zog den Umhang zurück.
»Bitte! Samuel ist kalt«, greinte er. »Bitte! Darf ich den Umhang der hübschen jungen Frau anziehen?«
Richard gab ihn zurück. Diesmal ergriff ihn sein Begleiter mit Bedacht und legte ihn sich, so gut es mit den gefesselten Pranken ging, um die Schultern. Der kleine Kerl verursachte bei Richard eine Gänsehaut. Er holte ein Stück Tavabrot hervor und aß es im Gehen. Immer wieder sah Samuel über die Schultern und beobachtete Richard beim Essen. Als er es nicht länger aushielt, bot er Samuel ein Stück an.
Der streckte seine Pranken aus. »Meins! Her damit!« Richard zog das Brot zurück, außer Reichweite. Gelbe Augen blickten ihn flehend im Mondschein an. »Bitte!« Vorsichtig legte Richard ihm das Brot in die grabschenden Hände.
Während sie durch den Schnee stapften, plapperte Samuel vor sich hin. Das Brot hatte er mit einem Bissen verschlungen. Böte Richard ihm die Gelegenheit, Samuel würde ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, die Kehle aufschlitzen. Etwas Versöhnliches schien ihm völlig abzugehen.
»Samuel, weshalb läßt Shota dich bei ihr wohnen?«
Er sah über die Schulter. Seine gelblichen Augen starrten verwirrt. »Samuel ist Gesellschaft.«
»Und deine Herrin hat nichts dagegen, daß du mich zu ihr führst?«
Samuel stieß
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