Das erste Gesetz der Magie - 1
hast du dich vor mir zu verantworten.«
Er nickte heftig. »Ja, Mutter Konfessor. Ich verstehe. Es wird geschehen, was Ihr verlangt. Mein Wort darauf.«
»Dein Leben«, verbesserte sie ihn.
Sie ließ ihn los. Die Gefangenen strömten aus den Zellen, sanken weinend auf die Knie, ergriffen den Saum ihres Kleides und küßten ihn. Sie scheuchte sie fort.
»Genug. Macht euch auf den Weg, alle. Und denkt immer daran, Konfessoren dienen niemandem. Nur der Wahrheit.«
Alle schworen, es nicht zu vergessen, und folgten den Wachen nach draußen. Richard sah, daß ihre Hemden zerrissen oder mit verkrustetem Blut verschmiert waren und der Rücken vieler mit Schwären bedeckt war.
Bevor sie den Raum betraten, in dem die Königin wartete, blieb Kahlan stehen und schob Siddin Zedd in die Arme. Sie strich ihm übers Haar, strich ihren Rock glatt, seufzte und setzte ein freundliches Gesicht auf.
»Denkt immer dran, weshalb wir hier sind, Mutter Konfessor«, gab der Zauberer zu bedenken.
Sie nickte kurz, reckte ihr Kinn vor und schritt in den Raum der Königin. Königin Milena hatte sich nicht von der Stelle gerührt, ihr Gefolge war noch bei ihr. Der Blick der Königin fiel auf Siddin.
»Ich nehme an, Ihr habt alles in bester Ordnung vorgefunden, Mutter Konfessor?«
Kahlans Gesicht blieb ruhig, aber ihre Stimme klang schneidend scharf. »Wieso befindet sich dieses Kind in Eurem Verlies?«
Die Königin breitete entschuldigend die Hände aus. »Ich weiß es nicht genau. Wenn ich mich recht erinnere, hat man ihn beim Stehlen erwischt und dort untergebracht, bis seine Eltern ausfindig gemacht werden können, das ist alles. Ich versichere Euch, mehr steckt nicht dahinter.«
Kahlan sah sie mit kaltem Blick an. »Ich habe festgestellt, daß alle Gefangenen unschuldig sind und angeordnet, sie freizulassen. Ich nehme an, Ihr freut Euch, weil ich Euch davor bewahrt habe, Unschuldige hinzurichten, und werdet ihre Familien für die Unannehmlichkeiten, die durch dieses ›Versehen‹ entstanden sind, entschädigen. Sollte sich ein ›Versehen‹ dieser Art wiederholen, werde ich bei meinem nächsten Besuch nicht nur das Gefängnis räumen lassen, sondern auch den Thron.«
Richard wußte, Kahlan spielte kein Theater, um an das Kästchen zu kommen, sie tat ihre Arbeit. Dafür hatten Zauberer Konfessoren geschaffen. Das war ihr wahres Ich. Die Mutter Konfessor.
Die Königin bekam große Augen. »Aber … ja, natürlich. Einige meiner Befehlshaber in der Armee sind etwas übereifrig, sie müssen das veranlaßt haben. Ich habe davon nichts gewußt. Danke … Ihr habt uns vor einem schweren Fehler bewahrt. Ich werde persönlich dafür sorgen, daß alles Euren Wünschen gemäß ausgeführt wird. Natürlich hätte ich selbst das gleiche getan, wenn…«
Kahlan unterbrach sie. »Wir werden jetzt aufbrechen.«
Das Gesicht der Königin leuchtete auf. »Ihr wollt gehen? Das ist aber schade. Wir hatten uns alle darauf gefreut, Ihr würdet uns die Ehre erweisen, mit uns zu speisen. Und Ihr wollt wirklich schon aufbrechen?«
»Ich habe noch andere dringende Geschäfte. Bevor ich gehe, möchte ich noch meinen Zauberer sprechen.«
»Euren Zauberer?«
»Giller«, zischte sie.
Einen winzigen Augenblick lang zuckten die Augen der Königin Richtung Decke. »Also … das ist im Augenblick … nicht möglich.«
Kahlan beugte sich vor. »Dann macht es möglich. Und zwar sofort.«
Die Königin wurde aschfahl. »Bitte glaubt mir, Mutter Konfessor, in seiner gegenwärtigen Verfassung wollt Ihr Giller bestimmt nicht sehen.«
»Sofort«, wiederholte Kahlan.
Richard lockerte das Schwert in seiner Scheide gerade so viel, daß es die Königin mitbekommen mußte.
»Also gut. Er befindet sich … oben.«
»Ihr werdet hier warten, bis ich mit ihm fertig bin.«
Die Königin senkte den Blick. »Natürlich, Mutter Konfessor.« Sie wandte sich an einen der Männer in den Pantalons. »Zeig ihr den Weg.«
Der Mann führte sie die große Freitreppe hinauf in das obere Stockwerk, durch mehrere Gänge, dann eine Wendeltreppe hinauf in das oberste Zimmer eines Turmes. Schließlich machte er mit eingeschüchtertem Blick vor einer schweren Holztür auf dem Treppenabsatz halt. Kahlan schickte ihn fort. Er verbeugte sich und war froh, gehen zu dürfen. Richard öffnete die Tür. Sie traten ein, und er schloß sie hinter ihnen wieder.
Kahlan verschlug es den Atem. Sie verbarg ihr Gesicht an Richards Schulter. Zedd verbarg Siddins Gesicht in seinem Gewand.
Das Zimmer
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