Das erste Gesetz der Magie - 1
und die Klinge weiß zu färben. Was ihn anbetraf, vielleicht, aber nicht, was er Zedd und Kahlan angetan hatte. Niemals. Michael zu töten war nicht so wichtig, wie Kahlan zu helfen. Er durfte das Risiko nicht eingehen, nur weil er so dumm gewesen war. Er trat durch die Zeltöffnung. Michael folgte ihm.
»Bleib wenigstens eine Weile und iß etwas. Es gibt noch andere Dinge, die wir besprechen müssen. Ich bin immer noch nicht sicher…«
Richard drehte sich um und sah seinen Bruder vor der Stirnseite des Zeltes stehen. Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt. Michaels Gesichtsausdruck verriet ihm, daß er nicht die geringste Absicht hatte, ihn gehen zu lassen. Er wartete nur darauf, daß er seine Leute rufen konnte, damit sie ihm halfen.
»Ich mache es auf meine Art, Michael. Bitte. Ich muß gehen.«
»Männer«, rief er den Wachen zu. »Ich möchte, daß mein Bruder hier bleibt, zu seinem eigenen Schutz.«
Die drei Wachen gingen auf ihn los. Richard sprang über das Gebüsch und hinein ins Schwarz der Nacht. Sie setzten ihm schwerfällig nach. Es waren keine Waldläufer, sondern Soldaten. Richard wollte sie nicht töten, schließlich waren es Westländer. Während er durch die Dunkelheit huschte, erwachte das Lager unter dem Geschrei von Befehlen zum Leben. Er hörte Michael brüllen, man solle ihn aufhalten, aber nicht töten. Natürlich nicht. Schließlich wollte er ihn Darken Rahl persönlich übergeben.
Richard schlich zwischen den Posten hindurch und umkreiste das Lager bis zu den Pferden. Er durchschnitt sämtliche Zügel, dann bestieg er eines der Tiere, ohne Sattel. Schreiend trat und schlug er nach den anderen. Sie brachen voller Panik aus. Männer und Pferde stiebten in sämtliche Richtungen davon. Er gab seinem Pferd die Sporen.
Der Lärm erregter Stimmen verebbte hinter ihm. Sein Gesicht war feucht von Nebel und Tränen, während er sein Pferd in die Dunkelheit jagte.
47. Kapitel
Zedd lag wach im ersten Licht der Dämmerung, den Kopf voller Sorgen. Über Nacht waren Wolken aufgezogen, es sah aus, als sollte die vor ihnen liegende Reise feucht werden. Kahlan lag dicht neben ihm auf der Seite, das Gesicht ihm zugewandt, atmete langsam. Sie schlief fest. Chase stand irgendwo Wache.
Die Welt zerbrach in Stücke, und er fühlte sich machtlos. Wie ein Blatt im Wind. Als Zauberer sollte er eigentlich nach all den Jahren einen gewissen Einfluß auf die Entwicklung haben. Aber er war kaum mehr als ein Zuschauer, der daneben stand und mit ansah, wie andere verletzt, getötet wurden, während er versuchte, diejenigen zu führen, die das Zünglein an der Waage werden konnten und taten, was getan werden mußte. Als Zauberer der ersten Ordnung war er eigentlich klug genug, nicht nach D’Hara zu ziehen, doch welche Möglichkeit blieb ihm sonst? Wenn irgendeine Chance bestand, Richard zu retten, mußte er dorthin. Drei Tage waren es noch bis zum ersten Tag des Winters. Darken Rahl hatte erst zwei Kästchen. Er würde sterben. Wenn sie Richard nicht dort rausholten, würde Rahl ihn vorher töten.
Er dachte noch einmal über die Begegnung mit Darken Rahl vom Vortag nach. Er begriff es nicht, sosehr er es auch versuchte. Sie war äußerst bizarr gewesen. Offenbar war Rahl verzweifelt auf der Suche nach dem Kästchen, so verzweifelt, daß er ihn nicht einmal getötet hatte, als sich ihm die Gelegenheit bot. Den Zauberer, der seinen Vater getötet hatte, nach dem er gesucht hatte – und dann findet er ihn und unternimmt nichts. Aber auch sein anderes Verhalten widersprach jeder Vernunft. Sein Anblick mit Richards Schwert an seiner Seite ließ Zedd frösteln. Warum sollte Darken Rahl, Beherrscher der Magie beider Welten, das Schwert der Wahrheit tragen? Was noch wichtiger war, was hatte er Richard angetan, um das Schwert von ihm zu bekommen? Am beunruhigendsten war sein Verhalten, als er Kahlan mit dem Schwert bedroht hatte. Noch nie in seinem Leben war Zedd sich hilfloser vorgekommen. Der Versuch, ihm mit magischem Schmerz beizukommen, war dumm gewesen. Wer die Gabe besaß und die Schmerzprüfung überlebt hatte, würde auch diese Berührung überstehen. Aber was hätte er tun sollen? Es hatte weh getan, mit ansehen zu müssen, wie Darken Rahl ihr das Schwert der Wahrheit an die Kehle gehalten hatte. Einen Augenblick lang war er sicher gewesen, daß Rahl sie umbringen würde, und schon im nächsten Augenblick, noch bevor Zedd etwas, wenn auch noch so Fruchtloses, hatte tun können, waren Rahl die Tränen in
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