Das erste Gesetz der Magie - 1
die Augen getreten und er hatte das Schwert weggesteckt. Wieso sollte Rahl sich die Mühe machen, das Schwert zu benutzen, wenn er sie oder einen der beiden töten wollte? Er könnte sie mit einem Fingerschnippen töten. Warum sollte er das Schwert benutzen wollen? Und es dann doch nicht tun?
Schlimmer noch war, daß er die Klinge weiß gefärbt hatte. Als Zedd das gesehen hatte, wäre er am liebsten aus der Haut gefahren. In den Prophezeiungen war die Rede davon, jemand würde das Schwert der Wahrheit weiß färben. Daß es Darken Rahl sein sollte, ließ ihn bis ins Mark erschaudern. An sich war es schon entsetzlich genug, daß Richard es sein sollte, aber Darken Rahl…
Der Schleier, wie er in den Prophezeiungen hieß, der Schleier zwischen der Welt des Lebens und der Unterwelt. Wenn der Schleier durch die Magie der Ordnung zerrissen wurde, durch einen Agenten, dann, so hieß es in den Prophezeiungen, könne nur der ihn wiederherstellen, der das Schwert der Wahrheit weiß gefärbt hatte. War er dazu nicht in der Lage, würde die Unterwelt auf die Welt der Lebenden losgelassen. Das Wort ›Agent‹ hatte eine grauenhafte Bedeutung, die Zedd größte Sorge bereitete. Es konnte bedeuten, daß Darken Rahl nicht aus eigenem Antrieb handelte, sondern als Beauftragter. Als Beauftragter der Unterwelt. Daß er die subtraktive Magie, die Magie der Unterwelt, gemeistert hatte, deutete darauf hin. Das hieß auch, sollte Rahl scheitern und würde er getötet, könnte die Magie der Ordnung nach wie vor den Schleier zerreißen. Zedd versuchte, sich nicht auszumalen, was diese Prophezeiungen bedeuteten. Die Vorstellung, die Unterwelt könne freigesetzt werden, schnürte ihm die Kehle zu. Lieber würde er vorher sterben. Am besten würden alle vorher sterben.
Zedd drehte den Kopf zur Seite und beobachtete Kahlan im Schlaf. Die Mutter Konfessor. Die letzte aus der Schöpfung der alten Zauberer. Ihre Qual tat ihm in der Seele weh. Auch weil er ihr nicht hatte helfen können, als Darken Rahl ihr das Schwert an die Kehle gehalten hatte. Ihn quälte, was sie für Richard empfand und was er ihr nicht erzählen durfte.
Wäre es bloß nicht Richard gewesen. Jeder, nur nicht Richard. Nichts war jemals einfach.
Zedd setzte sich wie gehetzt auf. Etwas stimmte nicht. Es war schon zu hell, und Chase war noch nicht zurück. Er berührte Kahlans Stirn mit dem Finger. Sie war sofort hellwach.
Seine Sorgen spiegelten sich in Kahlans Gesicht. »Was ist?« flüsterte sie.
Zedd saß regungslos da und spürte die Umgebung nach Leben ab. »Chase ist noch nicht zurück. Sollte er aber.«
Sie sah sich um. »Vielleicht ist er eingeschlafen.« Zedd zog eine Braue hoch. »Vielleicht gibt es einen triftigen Grund. Vielleicht ist es auch nichts.«
»Unsere Pferde sind verschwunden.«
Kahlan sprang auf und griff nach ihrem Messer. »Kannst du spüren, wo er sich befindet?«
Zedd zuckte zusammen. »Es ist jemand in der Nähe. Leute, die von der Unterwelt berührt worden sind.«
Er sprang auf die Beine. Im selben Augenblick wurde Chase ins Lager gestoßen, stolperte und stürzte aufs Gesicht. Man hatte ihm die Arme fest auf den Rücken gebunden, und er war voller Blut. Einer Menge Blut. Er stöhnte. Zedd spürte die Gegenwart von vier Männern, die sie umzingelten. Vier Männer. Was er von ihnen spürte, ließ ihn zurückweichen.
Der Große, der Chase ins Lager gestoßen hatte, trat vor. Sein kurzes blondes Haar stand struppig in die Höhe und war durchzogen von einem schwarzen Streifen. Seine kalten Augen, sein Grinsen ließen den Zauberer gefrieren.
Kahlan stand halb geduckt. »Demmin Nass«, zischte sie.
Er hakte seine Daumen in den Gürtel. »Aha. Du hast also schon von mir gehört, Mutter Konfessor.« Sein boshaftes Grinsen wurde breiter. »Auf jeden Fall habe ich schon von dir gehört. Dein Freund hier hat fünf meiner besten Männer getötet. Ich werde ihn später, nach den Feierlichkeiten, exekutieren. Ich möchte, daß er in den Genuß kommt, sich anzuschauen, was wir mit dir machen.«
Kahlan sah sich um, als drei weitere Männer, nicht ganz so groß wie Demmin Nass, aber größer als Chase, aus dem Wald traten. Sie waren umzingelt, doch das war für einen Zauberer kein Problem. Die Männer waren alle blond, muskelbepackt und trotz der Kühle in der Luft schweißbedeckt. Im Augenblick hatten sie ihre Waffen weggesteckt; offenbar waren sie sich ihrer Sache sehr sicher. Ihre Dreistigkeit nervte Zedd. Ihr Grinsen machte ihn wild. Im frühen
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