Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
»Wo ist Zokora?«, fragte ich.
»Die Dunkelelfe ist in den Gastraum zurück«, sagte Varosch schüchtern.
»Hat sie irgendetwas gesagt?«, wollte Leandra wissen. Varosch schüttelte nur den Kopf. Ich musste lächeln. Wozu etwas sagen? So wie ich Zokora inzwischen einschätzte, war das Thema für sie einfach erledigt.
25. Der Kommandant
Nachdem ich mich in der Waschküche gewaschen hatte und frische Kleider trug, ging es mir wesentlich besser. Ich benutzte die Gelegenheit auch, mir die Stoppeln der letzten Tage aus dem Gesicht zu schaben. Timothy hatte bereits die vier freien Waschbütten mit Wasser gefüllt und unter ihnen Feuer entfacht. Es war jetzt deutlich wärmer hier, aber bis das Wasser selbst warm war, würde noch einige Zeit vergehen.
Ich beobachtete, wie Timothy mit einer langen Zange Steine in die Glut legte.
»Wofür das?«, fragte ich ihn.
»Die Sera hat darum gebeten.« Nun, dann …
Als ich wieder zu den anderen stieß, hatte sich Leandra ebenfalls neu eingekleidet. Sie sah meinen fragenden Blick. »Ich mag es gerne sauber«, sagte sie. »Wir haben auf dich gewartet.«
»Womit denn?« Ich hatte Hunger und dachte kaum an etwas anderes. Auch das war ein mir wohlbekanntes Gefühl.
Sie verdrehte die Augen. »Wir haben gestern Abend etwas vorbereitet, erinnerst du dich?« Richtig, der Zauberspruch im Turm.
»Hat es funktioniert?«, fragte ich.
»Das werden wir gleich wissen.« Sie schlug den Weg zum Turm ein. Also musste das Essen warten.
Im Turm angekommen, zog der Wirt die Tür hinter uns zu, und Leandra wies uns an, zur Seite zu treten. Als Nächstes murmelte sie etwas. Einen Moment lang passierte nichts, dann sah ich, wie sich Silberstaub in einem Wirbel vom Boden löste und Gestalt annahm, die Gestalt eines schlanken Mannes, der vorsichtig die Tür hinter sich schloss. So exakt war die Gestalt nicht gezeichnet, aber ich konnte sehen, dass er einen Schlüssel einsteckte. Er begab sich direkt zur Falltür des Turms und verschwand darin. Silberstaub rieselte herunter auf die Falltür, und ich dachte schon, es wäre vorbei, als der Mann wieder herauskletterte. Er ging zur Wand links neben der Tür zum Turm und sah sie sich an. An dieser stand ein Regal, das er verdächtig lange untersuchte und beschnüffelte, bevor er mit einem Schulterzucken durch die Eingangstür aus dem Turm verschwand. Dort rieselte der Silberstaub endgültig zu Boden.
»Habt ihr ihn erkennen können?«, fragte ich Leandra und den Wirt, doch sie schüttelten beide den Kopf.
Aber auch wenn es nicht reichte, die Gesichtszüge zu erkennen, waren doch einige Details sichtbar gewesen. Der Mann war schlank, fast zierlich, zwei Köpfe kleiner als ich, trug einen Umhang und ein Schwert. Und er besaß einen Schlüssel zum Turm.
Das war schon etwas, denn allein von der Statur her schieden damit einige Personen aus.
»Das ist ein faszinierender Zauber«, sagte ich.
»Ja«, antwortete sie, »und anstrengender, als ich dachte.«
»Alles in Ordnung?«
»Ja.«
Mir erschien es nicht so. Es gefiel mir nicht, wie erschöpft sie aussah. Eberhard kniete mit einem kleinen Besen und einer Schaufel vor der Tür und kehrte das Silber auf.
»Ich muss das ja nicht liegen lassen«, sagte er, stand auf und schaute hilflos die Schaufel in seiner Hand an. »Er hat einen Schlüssel. Woher hat er einen Schlüssel?«
Ich ging zu ihm, nahm ihm die Schaufel aus der Hand und stellte sie beiseite. »Bist du sicher, dass du alle vorhandenen Schlüssel besitzt?«
Er nickte. »Ich verstehe nicht, woher er einen Schlüssel haben kann … Ich dachte, wir wären sicher hier.«
»Seid ihr auch.« Ich erlaubte mir ein Lächeln. »Ihr wohnt nur schon so lange hier, dass ihr nicht daran denkt.« Ich ging zur Tür und ließ den schweren Riegel herab. Eberhard betrachtete ihn, als sähe er ihn jetzt zum ersten Mal. Vielleicht war das auch so, es sah nicht so aus, als ob der Riegel in den letzten Jahren bewegt worden wäre.
»Verzeiht, Ser, ich bin ein unfähiger Idiot. Ich bin das nicht gewohnt, wisst Ihr, wir hatten vielleicht ab und an mal etwas Ärger hier, aber ich musste mich nie derart verteidigen. Das Ganze wächst mir über den Kopf.«
»Wisst Ihr, Eberhard, ich möchte auch nicht Wirt sein. Ich würde vollständig versagen.« Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn an. »Nur, dass Ihr den Riegel vergessen habt, macht Euch nicht zu einem Idioten, auch nicht zu einem Versager. Ihr seid sicher hier.« Ich blickte hoch zur Falltür.
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