Das erste Jahr ihrer Ehe
Adhiambo zu. »Wie geht es Ihnen?«, fragte sie.
Adhiambo nickte.
»Ist das hier für Sie in Ordnung?« Margaret sah, dass das Geld schon weggesteckt worden war. Sie hoffte, dass Adhiambo es nicht unter die Matratze gelegt hatte.
Adhiambo nickte wieder.
Sie hatte die Hütte für das Interview herausgeputzt. Über der Matratze lag eine Steppdecke, die relativ neu aussah. Sie hatte sich drei Stühle ausgeliehen und sie um ihren Tisch gruppiert. An der Wand daneben hatte sie einen Wandbehang befestigt, den Margaret vorher nicht bemerkt hatte. Über der Matratze noch einer. Sie war sicher, dass die beiden Stücke vorher nicht da gewesen waren. Adhiambo trug ein buntes Kopftuch und ein einfarbiges sackähnliches Kleid.
»Danke, dass Sie sich zu dem Gespräch bereit erklärt haben«, sagte Margaret. »Das ist Rafiq Hameed, der Mann, der die Fragen stellen wird.«
Rafiq bot ihr die Hand, und Adhiambo reichte ihm ihre. Selbst diese kleine Geste schien wie ein Sieg.
»Soll ich hierbleiben oder draußen warten?«, fragte James.
»Nein, nein, bleiben Sie«, erwiderte Rafiq. »Am besten setzen wir uns alle zusammen an den Tisch und reden einfach miteinander. James, Sie können sich jederzeit beteiligen, wenn Sie wollen.«
Adhiambo musterte Rafiq, als versuchte sie, zu beurteilen, ob sie dem Mann trauen konnte. Margaret roch Rauch und den Dunst kochenden Fleischs, wahrscheinlich aus der Hütte nebenan. Sie sah nach, ob Adhiambo das zerschlagene Wasserglas ersetzt hatte. Ja, es war ein neues da.
James lachte plötzlich. »Die hat Adhiambo gemacht«, sagte er und zeigte auf den Wandbehang neben dem Tisch. Margaret sah ihn sich an. In der Düsternis konnte sie nur eine Art Batikdruck erkennen, der mit messingfarbenen und schwarzen Perlen besetzt war.
»Sie sind sehr schön«, sagte sie. »Darf ich sie nachher, wenn wir fertig sind, mit hinausnehmen, damit ich sie mir richtig anschauen kann?«
»Sie werden begeistert sein«, prophezeite James.
»Ihr Name ist Teresa«, begann Rafiq.
Margaret hatte beschlossen, erst nach dem Interview zu fotografieren. Sie versuchte, die Bilder zu planen. Sie wusste, dass im Inneren der Hütte nichts funktionieren würde, weil es viel zu dunkel war. Aber vielleicht konnte sie Adhiambo vor ihrer Tür aufnehmen. Oder ihr Gesicht in der Fensteröffnung.
Margaret erfuhr, dass Adhiambo vierundzwanzig Jahre alt war, dass sie ihre drei Kinder bei ihrer Mutter in Kericho zurückgelassen hatte, um nach Nairobi kommen und das Schulgeld für ihre Kinder verdienen zu können. Sie erzählte, dass sie eine gute Arbeit bei einer Familie gehabt hatte, die ihr dreihundertsechzig Schillinge im Monat bezahlt hatte. Aber die Familie war weggezogen. Von diesen dreihundertsechzig Schillingen hatte sie hundertsechzig an ihre Mutter geschickt. Sie zahlte neunzig Schillinge für ihre Einzimmerhütte ohne Strom und fließendes Wasser. Sie musste außerdem für das Wasser aus der öffentlichen Leitung bezahlen, das sie zum Waschen und Kochen brauchte. Sie ernährte sich einfach, von Posho und Gemüse. Nur einmal spielte sie auf die Vergewaltigung an: Sie habe nachts oft Angst, sagte sie zu Rafiq, weil betrunkene Männer aus Kneipen in der Nähe versucht hatten, mit Gewalt ihre Tür aufzubrechen. Kurz danach hörte Margaret sie sagen: »Alles ist gut. Ich kann nicht klagen.« Margaret war sicher, dass diese Wendung ihren Weg in Rafiqs Text finden würde.
Aus einer Stunde wurden zwei und dann drei Stunden. Adhiambo setzte Wasser auf, während sie redete, und servierte ihnen Tee. Margaret nahm aus ihrem Korb eine Packung Butterkekse, die sie für den Fall mitgenommen hatte, dass der Tag länger werden sollte als erwartet. Ein paar Minuten lang vergaß sie ihre Umgebung, während sie alle um den Tisch saßen. Das Gespräch war lebhaft, sie hätte bei irgendeiner Freundin zum Tee sein können. Rafiq sprach Adhiambo so gewissenhaft mit Teresa an, dass am Ende auch Margaret sie am liebsten Teresa genannt hätte. Die Frau schien als Teresa ein fröhlicherer Mensch zu sein. Vielleicht hatte das Reden über ihre Probleme oder die Aufmerksamkeit, die ihr gezollt wurde, sie irgendwie erleichtert.
Auch James erzählte ausführlich – von seinem Leben, bevor er schließlich bei einer Familie eine Anstellung als Koch bekam. Die Reihe der Jobs, die er in den dreizehn Jahren seines Lebens in Nairobi ausgeübt hatte, reichte vom Tellerspüler in einem Hotel bis zum Gitarristen bei einer Band. Seine Frau und seine vier Kinder
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