Das erste Jahr ihrer Ehe
Flugzeuge in Kenia immer paarweise flogen. Um bei einem Absturz augenblicklich den genauen Ort zu melden?
Margaret saß beim Fliegen anfangs immer mit zusammengebissenen Zähnen auf ihrem Platz. Erst wenn eine gewisse Monotonie einsetzte, konnte sie sich entspannen. Auf dem Flug nach Lamu entspannte sie sich keinen Moment.
Hätte sie nicht solche Angst gehabt, hätte sie vielleicht gesagt, dass der Start aufregend war. Die beiden Südafrikaner redeten unentwegt und riefen sich gegenseitig Erinnerungen ins Gedächtnis, die wohl Marksteine ihrer persönlichen Geschichte waren.
»Weißt du noch, Darling, als wir bei diesem wahnsinnigen Regen in Drews Lastwagen von Mombasa zurückfuhren und es die ganze Straße weggespült hatte?«
»In der Nacht wären wir um ein Haar diesen Spalt hinuntergestürzt. Ich weiß bis heute nicht, wie Drew es schaffte, noch rechtzeitig anzuhalten.«
»Wir haben die ganze Nacht dort verbracht. Bis es hell genug wurde, um uns irgendwie am Abgrund vorbeizumanövrieren.«
»Das werde ich nie vergessen.«
»Nein, ich auch nicht.«
Die Stadt wich den endlosen Weiten der Ebene. War nicht Denys Finch Hatton irgendwo über Tsavo, einem Ort, den sie gleich überfliegen würden, mit seiner Maschine abgestürzt? Margaret versuchte, nur an Patrick zu denken, sich vorzustellen, dass er sie in den Armen hielt und sie ihr Gesicht an seine Brust drückte. Vor der Tour auf den Mount Kenya hätte das gewirkt, jetzt machte es Margaret nur unruhig. Sie hatte keine Ahnung, was sie bei ihrer Ankunft erwartete. Würde alles wieder so werden wie früher, oder würden sie weiter in diesem grauen Niemandsland umherirren, in das sie nach dem katastrophalen Ausflug geraten waren?
Der Flughafen auf Manda war kleiner als der in Nairobi. Dichter Mangrovenwald umgab ihn auf allen vier Seiten. Sie folgte den anderen einen schmalen Weg hinunter. Gary erbot sich, ihren Koffer zu tragen. Normalerweise hätte sie abgelehnt, aber diesmal nahm sie das Angebot an. Als sie aus dem Wald heraustraten, trafen sie auf Scharen von Menschen, die rufend und drängend eine der Daus zu erreichen suchten, die sich dem Ufer näherten. Das südafrikanische Ehepaar erwies sich in diesem Moment als sehr nützlich. Die beiden erklärten, sie seien diplomatisch akkreditiert, ihnen müsse unverzüglich der Weg zur Anlegestelle freigemacht werden. Margaret blieb gar nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen, da Gary ihren Koffer hatte. Sie drängten sich durch die Menge nach vorn.
»Wir steigen gleich ein«, sagte er und reichte Margaret ihren Koffer.
»Danke«, sagte sie.
Sie waren unter den Ersten, die an Bord der kleinen Dau gingen. Margaret fand, sie müsste eigentlich ein schlechtes Gewissen haben, aber sie hatte keines. Sie wollte nur möglichst schnell nach Lamu. Ein wenig unruhig wurde sie allerdings, als sie sah, wie viele Menschen der Kapitän der Dau, ein sehniger Mann in einem Lendenschurz, an Bord ließ. Selbst die Südafrikaner seufzten gequält, als noch eine Familie auf das Boot kam.
Sie fühlte den Abstoß und dann das sanfte Gleiten. Stimmengewirr umgab sie.
»Um Gottes willen, Gary«, sagte Kathleen zu ihrem Mann. »Wir liegen ja wahnsinnig tief im Wasser.«
»Wenigstens schießt niemand auf uns«, versetzte Gary.
Patrick winkte und warf ihr eine Kusshand zu, und Margaret hätte das Gleiche getan, hätte sie nicht alle Hände voll damit zu tun gehabt, sich auf der schwankenden Dau auf den Beinen zu halten. Jetzt waren die Ersten die Letzten.
Als sie endlich festen Boden betrat, riss Patrick sie in seine Arme und wirbelte sie herum. Er war gut gelaunt und ausgelassen, und Margaret merkte, wie auch ihre Stimmung sich aufhellte. »Ich bin so froh, dich zu sehen«, sagte sie und drückte ihr Gesicht an seine Schulter.
Das Eis war gebrochen. Alles würde gut werden.
Patrick nahm Margarets Koffer, und sie gingen den Kai entlang.
Was genau fiel Margaret zuerst auf? Dass da eine Frau in der falschen Richtung den Kai entlangging? Dass diese Frau ausgerechnet vor Patrick stehen blieb? Dass sie schön war, auf eine Art, wie Margaret niemals schön sein konnte? Wie schnell und unwillkürlich dieser Gedanke ihr gekommen war. Eine schlanke Gestalt, ein langer, fließender Rock, der über schmale Hüften fiel, üppiges dunkles Haar, in das eine Sonnenbrille hochgeschoben war, große dunkle Augen, schmales Kinn und volle Lippen, eine Selbstsicherheit, die sich in jeder Bewegung ausdrückte.
»Elena, das ist Margaret, meine
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