Das erste Jahr ihrer Ehe
erklärte James. »Es gibt nur zwei Schichten. Die Askaris arbeiten zwölf Stunden.«
Margaret fuhr zuerst James nach Hause, der jetzt das Abendessen vorbereiten musste. Danach brachte sie Rafiq zur Tribune, wo er seinen Wagen stehen gelassen hatte.
»Was für ein Elend«, sagte Rafiq, als sie allein waren. »Entsetzlich.«
Bis zu diesem Moment hatte er vor ihr nie heftige Emotionen gezeigt. Selbst als er von seiner Vertreibung aus Uganda erzählt hatte, war er ruhig geblieben.
»Kennen Sie solche Verhältnisse nicht?«, fragte sie.
»Doch, aber nur aus der Ferne. Ich war nie so – dicht dran.«
»Ihr Text wird bestimmt gut«, sagte sie, »wenn es Ihnen so nahegeht.«
»Ja, ich kann es kaum erwarten anzufangen. Aber es wird einige Arbeit kosten, die Realität für den Leser so greifbar zu machen wie sie für mich war.«
»Bestimmt werden einige Leute, die so leben, Ihren Bericht lesen«, sagte Margaret. »James ist acht Jahre zur Schule gegangen und spricht gut Englisch. Ich habe ihn oft mit einer Zeitung gesehen, als wir noch auf demselben Anwesen lebten wie er.«
»Und wo war das?«
»In Langata.«
»Tatsächlich?« Rafiq war überrascht.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte sie. »Wir wohnten in einem kleinen Cottage auf einem Anwesen mit einem größeren Haus. Wir wurden oft im Großen Haus, wie wir es nannten, zum Abendessen eingeladen. Es gab einen Vorfall, der dazu führte, dass James und ich näher miteinander bekannt wurden.«
»Was war das für ein Vorfall?«
Margaret bedauerte ihre Unüberlegtheit. »Es ist etwas, worüber Sie nicht schreiben dürfen, auch wenn es Sie noch so locken wird.«
»Jetzt bin ich wirklich neugierig.«
»Versprechen Sie mir, es für sich zu behalten?«
»Versprochen.«
»Adhiambo wurde von zwei Männern vergewaltigt. Sie wurde zu uns gebracht und übernachtete bei uns. Am Morgen holte James sie ab, und wir sind zusammen zu ihrer Hütte gegangen, die Sie ja heute gesehen haben. Sie war geschlagen worden und schämte sich entsetzlich.«
Rafiq nickte langsam. »Ich habe mir schon so etwas gedacht. Ihre Bemerkung über die Männer, die versuchten, bei ihr einzubrechen …«
»Selbst wenn Sie nachgehakt hätten, hätte sie es Ihnen niemals erzählt.«
Rafiq lehnte sich in seinem Sitz zurück. Den Rest der Fahrt schwieg er. Margaret fragte sich, ob er Sätze formulierte oder an Adhiambo dachte.
»Ich kann Ihnen nicht genug danken.« Einen Moment legte er seine Hand auf die ihre.
»Endlich steht mal jemand in meiner Schuld«, sagte Margaret. »Eine ganz neue Erfahrung.«
Am folgenden Freitag flog Margaret nach Lamu. Sie hatte genaue Anweisungen erhalten. Zum Wilson Flughafen fahren, Ticket abholen, ins Flugzeug steigen. Nach der Ankunft auf Manda würde sie mit einer Dau nach Lamu weiterfahren. Patrick würde sie an der Anlegestelle erwarten.
Margaret kannte kleine Flugzeuge nur von Flugvorführungen und aus dem Fernsehen. Sie hatte nie in einem gesessen, war nie in einem geflogen. Die Maschine hatte drei Passagierplätze – zwei hinter dem Piloten, einen neben ihm. Sie wusste nicht, was es für ein Flugzeugtyp war, aber sie bemerkte die Propeller. Sie saß hinter dem Piloten, der einen modischen Anzug trug – grau, schmal geschnitten, mit halben Ärmeln und einem Nehrukragen. Die beiden anderen Passagiere waren ein Ehepaar aus Südafrika. Der Mann war tief gebräunt und hatte borstiges blondes Haar, als schwämme er täglich im gechlorten Wasser eines Pools. Seine Frau war eine zierliche, dunkle Person. »Hallo, ich bin Kathleen Krueger. Das ist mein Mann Gary.«
Sie fragten Margaret, warum sie nach Lamu fliege, und nachdem sie ihnen gesagt hatte, dass sie dort ihren Mann treffen wolle, fragte sie sie ihrerseits nach dem Grund ihrer Reise. Sie waren gerade dabei, einen Schmuckhandel aufzuziehen und waren mit zwei Brüdern verabredet, die sehr ungewöhnliche silberne Armbänder fertigten. »Sie werden hingerissen sein von Lamu«, erklärte Kathleen. »Das geht jedem so. Wo wohnen Sie?«
»Im Petley’s.«
»Gutes Hotel«, stellte Kathleen fest. »Trinken Sie nur das Wasser nicht und lassen Sie die Finger von den Eiswürfeln in den Getränken.«
»O Gott«, sagte ihr Mann, offenbar in Erinnerung an ein unerfreuliches Erlebnis.
Der Pilot ließ den Motor an. Die Instrumentenbeleuchtung flammte auf. Er sprach mit einem Piloten in einer anderen Maschine, die sie sehen konnten. Anscheinend sollten sie ihr nach Lamu folgen. Margaret fragte sich, ob die
Weitere Kostenlose Bücher