Das erste Jahr ihrer Ehe
Interviews zu bekommen und bei denen dann die richtigen Namen verwenden. Sie dürfen also niemandem mehr dieses Angebot machen.«
Margaret fühlte sich durch die Blume gerügt, aber bevor sie sich aufregen konnte, sagte Rafiq: »Wir waren beide platt, wie schnell Sie das hingekriegt haben. Solomon meinte gleich, ich solle Sie als Assistentin engagieren, aber ich habe ihn darauf hingewiesen, dass er Sie dann als Fotografin verlieren würde. Also, von mir aus kann es morgen losgehen.«
Mehr gab es nicht zu sagen, aber Margaret spürte, dass Rafiq noch nicht auflegen wollte. Sie im Übrigen auch nicht.
»Was macht Ihr Bildungsartikel?«, fragte sie.
»Er mausert sich so langsam. Ich hoffe, dass ich die Sache nach dem Gespräch morgen noch aus einem etwas anderen Winkel beleuchten kann. Ich möchte sehen, ob diese Kinder überhaupt irgendeine Art von Bildung mitbekommen.«
»Das kann recht hart werden morgen. Als ich Adhiambos Hütte gesehen habe, wenn man sie überhaupt so nennen kann, war ich ziemlich erschüttert.«
»Heißt sie so?«
»Ja.«
»Ich weiß, was hart ist, das können Sie mir glauben.«
Das Telefon stand auf einem hohen Stehtisch im Flur, ohne eine Sitzgelegenheit in der Nähe. Vermutlich, dachte Margaret, um einem lange und damit teure Gespräche zu verleiden. Sie hätte sich gern gesetzt.
»Und Ihrem Mann geht es gut?«, erkundigte sich Rafiq.
»Er ist verreist.«
»Ja, das sagten Sie.«
»Als das Telefon läutete, dachte ich, er wär’s.«
»Tut mir leid, dass ich Sie enttäuscht habe.«
»Sie haben mich überhaupt nicht enttäuscht. Patrick hätte mir nur von den Kollegen erzählt, die er getroffen hat, oder von den Patienten in den Krankenhäusern und hätte es peinlich vermieden, etwas von dem herrlichen Strand draußen vor seinem Fenster und der Tiki-Bar unten am Pool zu sagen.«
»Sie sind neidisch«, stellte Rafiq fest.
»Ein bisschen vielleicht. Aber nein, eigentlich nicht. Wenn ich neidisch wäre, hieße das ja, dass mir meine Arbeit nicht gefällt, und das stimmt nicht. Aber ich könnte einen Urlaub gebrauchen.«
»Jetzt schon?«
»Ich bin seit neun Monaten hier. Und manches war sehr belastend.« Mehr sagte Margaret nicht.
Rafiq schwieg.
»Ich denke, ich sollte mitkommen«, sagte sie dann.
»Aber ja, unbedingt. Wer fährt?«
»Ich am besten«, meinte sie. »James wird sich in meinem Auto wohler fühlen, und Ihr Citroën wäre bestimmt nicht sonderlich bequem für drei.«
Er lachte. »Holen Sie mich dann ab? Nein, ich warte vor der Redaktion auf Sie.«
»Okay.«
Sie besprachen noch, um welche Zeit sie sich treffen mussten, wenn sie um neun bei James sein wollten.
»Also dann, gute Nacht«, sagte Rafiq.
»Bis morgen«, sagte Margaret.
Kaum hatte Margaret aufgelegt, läutete das Telefon schon wieder.
»Mit wem hast du telefoniert?«, fragte Patrick.
James ging voran, dann folgte Margaret und Rafiq ging hinten. Margaret war gleich, als sie Rafiq abholte, aufgefallen, dass er einen Anzug trug. Während der Fahrt unterhielt er sich angeregt mit James, aber als sie aus dem Wagen stiegen, wurde er schweigsam. Den ganzen Weg über machte er sich Notizen.
Margaret trug ihren Fotoapparat in einem Korb, wie ihn die Frauen zum Einkaufen mitnahmen. Sie wollte ihr Vorhaben nicht an die große Glocke hängen.
James betrat Adhiambos Hütte zuerst. Sie warteten inzwischen auf dem Fußweg vor ihrer Tür. Margaret beobachtete, wie Rafiq sich umschaute und schrieb. Sie bemerkte, dass Adhiambos Fensterklappe aus Holz durch ein Stoffrollo ersetzt worden war, das man hochziehen und herunterlassen konnte. Und da sollte sie sich sicher fühlen?
Rafiq und Margaret standen schweigend nebeneinander und bemühten sich, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Margaret zählte die Sekunden, bis James wieder erschien.
»Sie können jetzt hereinkommen. Aber zuerst muss ich ihr das Geld zeigen, und Sie müssen mir jetzt sagen, welchen Namen Sie verwenden wollen. In dem Artikel.«
»Teresa«, sagte Rafiq, ohne zu zögern, als hätte er sich das vorher bereits überlegt. Er nahm die fünfhundert Schillinge aus seiner Brusttasche.
James nickte und verschwand wieder in der Hütte.
»Ist das ein afrikanischer Name?«, fragte Margaret Rafiq flüsternd.
»Nicht weniger afrikanisch als James.«
James öffnete ihnen die Tür. Drinnen war es so dunkel, dass Margaret Adhiambos Gesicht nicht gleich finden konnte. Licht sickerte nur durch den Stoff vor dem Fenster. Als sie wieder sehen konnte, ging sie auf
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