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Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
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zu binden«. Jetzt hier auf die Schnelle war wieder etwas ganz anderes gefragt, und immer wieder kam meine »Ausbildung« durch. Am ekligsten empfand ich, dass viele Mädchen mit den Freiern wie Krankenschwestern mit Patienten sprachen, oft in dritter Person.
    Die Kundenwünsche waren sehr unterschiedlich. Volker beispielsweise lief einmal im Monat von Fenster zu Fenster und fragte nach Kondomen. »Na klar, kannst welche haben«, lächelte ich und ließ ihn herein. Im Zimmer kramte ich aus der Schublade zwei heraus und hielt sie ihm hin. Er sah mich ganz entsetzt an. »Nein, ich meinte gebrauchte!«
    Ich zeigte auf den Papierkorb. Meist lagen dort ein oder zwei erkaltete, verklebte Gummis – in Tempos eingewickelt – drin. Zu meinem Erschrecken wühlte er nun darin herum und förderte das verwickelte Papier zutage.
    Er schmiss 20 DM pro gefundenen Gummi auf das Tischchen und begann, seinen Schwanz mit der einen Hand zu bearbeiten. Mit der anderen aber schob er die gebrauchten Kondome tief in seinen Mund und lutschte sie aus. Er kaute darauf herum und spritzte ab, bevor er sie ausspuckte.
    Manfred brachte immer drei weiße Gummimäuse in seiner Tasche mit. Es waren diese Schaumgummitiere, die es an jedem Kiosk für ein paar Pfennige als Naschzeug für Kinder gab. Alle Frauen aus dem Haus bestellte er nach draußen, meist auf den Hinterhof. Dann holte er seine Videokamera heraus und hielt sie auf das Mäuschen, welches er auf den Boden legte. Vorher jedoch bemalte er das Gesicht des Tieres mit Augen und Mund. Nun pissten wir abwechselnd über das süße Tier, und er hielt die Kamera auf den Strahl, filmte niemals weiter nach oben. Das Mäuschen verlief langsam und wurde doppelt so breit. Er packte danach alles in eine Tüte, und wir wussten, er würde es verspeisen, sobald er die Videokassette in seinen Rekorder steckte.
    Rudolf war ungepflegt, stank wie ein Misthaufen, hatte völlig verfaulte Zähne. Er legte sich neben mich und erzählte mir eine Geschichte. Eine von dicken Pferdeärschen, die langsam und muskulös im Kreis gingen. Dabei berührte er sich selber, denn allein dicht neben ihm durchzuhalten, war eine Qual. Anfassen konnte ich ihn nicht vor Ekel.
    Danach musste ich grundsätzlich lange lüften, um den Gestank hinauszubringen. Ihn erregten die kräftigen Pferdearschbacken und die Vorstellung, diese schwerfälligen Tiere mit der Peitsche anzutreiben. Aber er zahlte immer gut, und so war er sicher, überall hineinzukommen, egal, wie sehr er auch äußerlich verfaulte.
PUFFMUTTER
    So vergingen meine Tage mit »Perversem« oder der »Nummer im Stehen«, und ich hatte mich eingelebt. Irgendwann sah ich mein Mietbuch Stunden später noch immer am selben Fleck liegen. Spätestens morgens, wenn die »Alte« ihre Zeitung vom Kiosk holte und damit das einzige Mal am Tag die Häuser verließ, sammelte sie es ein. Sie schlurfte dann im verschlissenen Morgenrock an mir vorbei und erwiderte oft nicht meinen Morgengruß.
    Ich hatte mir angewöhnt, ihr vom Bäcker süße Teilchen auf die Treppe zu stellen; sie wirkte so hager, so krank, und es erinnerte mich an den Anblick meiner Mutter, Tage bevor sie starb. Aber immer wieder fand ich den verpackten Kuchen kommentarlos im Mülleimer draußen. Und tat so, als hätte ich es nicht gesehen.
    Auch am nächsten Tag lag alles unberührt auf dem Fenstersims. Nachfragen bei den Frauen wurden mit »geh da ja nicht hoch«, »wahrscheinlich ist sie voll«, »die schmeißt dich raus, wenn du da schnüffelst« usw. kommentiert. Schnell sammelten sie ihre Mieten wieder aus den Büchern und wollten erst zahlen, wenn Gitte das nächste Mal auftauchte. Könnte ja was wegkommen!
    Aber noch etwas war komisch.
    Die Alte hatte eine Katze, ich hatte sie manchmal auf den Dächern herumschleichen sehen. Aber niemals gehört. Lag ich nun in meinem Bett, hörte ich sie furchtbar greinen und weinen wie ein Kind. Auch ihr Freund ließ sich nicht blicken, was gewöhnlich bis zu zwei Wochen dauern konnte, ehe er wieder versoffen und pleite auftauchte, um sich Bares von seiner »Freundin« zu holen.
    Bevor ich diese Nacht die Augen schloss, dachte ich bei mir: »Sie ist ganz sicher tot.«
    Am nächsten Morgen, noch bevor Karla oder Karin kamen, schlich ich leise mit Herzklopfen die Treppe hoch. Zuckte bei jedem Geräusch zusammen und zitterte vor Angst. Ich wartete auf ihr Gebrüll, aber es war nichts dergleichen zu hören, nur das jämmerliche Geschrei der Katze, die sich jedoch auch nicht blicken

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