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Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
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oft hörte man die Mädchen »50 DM« sagen und dabei hielten sie versteckt drei Finger hoch und signalisierten so ihren wahren Preis. In diesem Fall machte es die Masse, und selbst sie kamen zurecht. Oft blieben sie nur zwei oder drei Monate und verschwanden dann für kurze Zeit, tauchten aber immer wieder auf.
    Kam die »Sitte«, gab es Warnungen von allen Seiten, und einige Mädchen verließen schnell die Häuser und die Straße. Diesen Umstand nutzten einige Zimmervermieter und schraubten die Zimmerpreise für die Mädchen ohne Aufenthaltserlaubnis brutal in die Höhe.
    Oft zahlten sie doppelt so viel wie die anderen Frauen oder mussten ihre Schotte gar zu zweit teilen.
    Vor das Fenster stellte ich einen ordinären Barhocker und hockte mich in Unterwäsche oder aufreizenden Dessous darauf. Sah ich aus meinem Fenster, konnte ich direkt den Ausgang der »Peepe«, der Peepshow, sehen und hatte keine andere Frau im Fenster gegenüber. Das nahm mir etwas die Hemmungen.
    Anfangs tat ich mich sehr schwer, ließ mir von Karla helfen, die Freier ans Fenster zu locken. Alles, was bei ihr »nicht« oder »nicht mehr« hineinkam, schwatzte sie für mich an. Überhaupt schwatzte sie viel aus dem Fenster, schrie auch mal böse quer über die Straße und war immer impulsiv bei der Sache.
    Die Männer konnten diese Straße jedoch auch gut als Abkürzung nutzen. Wählte man diesen Weg durchs Zentrum, ersparte man sich eine Menge Fußmarsch. Um mich besser einzuleben, rief ich erst mal alle Männer, deren Telefonnummer ich in irgendeiner Bar eingesammelt hatte, an und meldete mich zurück. Sie waren die Ersten, die mich besuchten, und freuten sich auch mich zu sehen. Teilweise bekam ich sogar noch alte Clubpreise, aber lange funktionierte das nicht.
    Ich beobachtete die Männer, die vorbeischlenderten. Viele von ihnen waren völlig schmuddelig, dreckig und ungepflegt. Geschäftsleute verirrten sich niemals hierher. Die meisten von ihnen waren stark angetrunken und hatten überhaupt nicht mehr als 30 oder 50 DM mit. Sehr oft wurde man hier von einzelnen Mädchen bestohlen. Das war bekannt. So pulte nicht selten ein Mann, den ich im Zimmer hatte, sein Geld aus den Socken, unter dem Gürtel oder aus der Unterhose hervor.
    Viele von ihnen waren weder deodoriert noch gewaschen, einige kamen direkt vom Bau. Mühevoll war es, sie dann dazu zu bewegen, sich wenigstens etwas am Waschbecken zu erfrischen. Viele schliefen auch einfach »nach der Nummer« ein, ließen sich aufs Bett fallen, und man hatte Mühe, sie wieder hinauszubefördern. In der Regel bekam man, stellten sich Schwierigkeiten ein, direkt Hilfe von den umliegenden Mädchen. Tagsüber war es brechend voll auf der Straße, jedenfalls was die Mädchen anbelangte. Viele von ihnen waren so lange hier, dass sie genau wussten, wann ihre Freier kamen, und richteten sich ihren Zeitplan dementsprechend ein. Abends verließen sie dann ganz normal gekleidet die Straße und kamen erst am nächsten Vormittag zurück.
    Das war die Zeit, in der ich meine Arbeit aufnahm. Karla kam immer am Vormittag, blieb aber oft bis spät in die Nacht. Es war phänomenal, welche Ausdauer sie an den Tag legte.
    Die Zeit drängte, und ich musste handeln. Mein Zimmer hatte ich mit roten Lichterketten, Kerzen und Räucherstäbchen etwas verschönert. Und eine Kaffeemaschine stellte ich auf. Ich sorgte für ausreichend Betttücher, Handtücher und auch dafür, die Männer sehen zu lassen, dass ich stets alles direkt wechselte. Das machte Eindruck, aber meist wäre es anders sowieso nicht gegangen. Oft zogen sie nicht mal ihre Schuhe aus und rieben den anhaftenden Straßendreck direkt ins Laken.
    Über mir und meinen Räumen wohnte die Pächterin der drei Häuser. Wir nannten sie Gitte, und sie führte unsere Mietbücher. Jeden Tag mussten wir die kleinen Hefte mit der Tagesmiete auf ein Fensterbrett legen. Sie nahm das Geld und machte hinter dem Datum einen Kringel. So sah man immer direkt, ob alles bezahlt war oder die Frau »Block schob«. Die Regel war: Nach sieben Tagen ohne Mietzahlungen wurde man hinausgeworfen. Oft aber auch früher, wenn man Pech hatte.
    Meine Vermieterin war nicht nur alt und hatte einen kleinen Buckel, sie war auch starke Alkoholikerin und furchtbar abgemagert. Manchmal lagen ihre Augen tief und dunkel in den Höhlen. Oft erschien sie mir völlig abwesend. Besuch bekam sie niemals, außer von ihrem Freund und dessen Begleitern. Sie wohnte direkt über mir, die Treppe dort hinauf war

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