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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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hinterfragt.«
    Bruder Boydos legte eine Pause ein und bedachte das Gehörte. Fragen zu stellen war sein ureigenstes Privilegium innerhalb
     dieser Mauern, und ganz gewiss gab es zumindest einen Befehl Haghos’, den es auf jeden Fall zu hinterfragen galt: Warum hatte
     er ausgerechnet Gallen und seine beiden Spießgesellen mit etwas beauftragt, das ihm doch so wichtig gewesen war? Freilich
     – sollte der Allheilige Vater Haghos vom Wahrheitsgehalt dessen überzeugt sein, was Bruder Theronos unter der Folter ausgesagt
     hatte, dass nämlich Dorns Sohn noch lebte, dann wäre es als übermenschlich einzustufen, hätte ihn keine Panik ergriffen. Die
     Tatsache, dass Haghos nur wenige Tage nach Bruder Theronos’ Entlarvung |395| auch noch erfahren musste, es sei ein Bote der Bewahrer in die fernen Waldlande unterwegs, mochte alles zusätzlich dramatisiert
     haben. Daraufhin musste der Allheilige Vater unverzüglich nach dem Majat geschickt haben; nur – wie es den Anschein hatte,
     war
unverzüglich
nicht schnell genug gewesen.
    Also, noch einmal: Warum hatte Haghos sich veranlasst gesehen, Gallen und seine im schlimmsten Sinne des Wortes
einfachen
Soldaten mit einer solchen, Fingerspitzengefühl erfordernden Aufgabe zu betrauen?
    »Weiter!«, befahl er.
    »Es war Nacht, als wir in Eichenhain ankamen.« Die Worte sprudelten nur so aus dem Entenmann heraus. »Im Gasthof hörten wir,
     dass der Priester sich schon mehrfach danach erkundigt hatte, ob jemand nach ihm gefragt habe. Also suchten wir ihn als einen
     Hauptverdächtigen auf und befragten ihn. Und dabei ist er – ist er uns gestorben, mit dem Wort
Schmiede
auf den Lippen, ganz wie’s Meister Gallen dem Allheiligen Vater sagte! Wir haben die Behausung des Priesters durchsucht, und
     danach diejenige des Schmieds Kyth – und sogar die Schmiede selbst. Wir waren sorgfältig! Trotzdem fand sich nichts, ich schwöre
     es, Bruder! Einige Schwerter gab es freilich zu sehen, ganz wie Ihr sagtet, aber keines von ihnen war alt oder gar aus algarianischem
     Stahl geschmiedet.« Er verstummte abrupt, fahrig wischte er sich über’s schweißnasse Gesicht.
    »Weiter! Los!«, schnappte Boydos. Diese Unterbrechungen begannen ihn zu irritieren. Befriedigt nahm er zur Kenntnis, dass
     die beiden Männer geradezu in sich zusammenschrumpften vor Angst. Also war
seine
Stimmenmacht, wiewohl er nicht über die Ghaz Alim verfügte, auch nicht zu verachten!
    »Schlafend fanden wir den Schmied vor«, plapperte Jareth folgsam weiter. »Wir durchsuchten alles so leise wie möglich, |396| aber ohne Ergebnis.« Seine Stimme versagte – und Sadeel übernahm die Rolle des Berichterstatters; halb irrsinnig vor Angst,
     eine zu lange Unterbrechung könnte noch größeres Missfallen erwecken. »Wie sich nun ergab, hatte Kyth, der Schmied, sich nur
     schlafend gestellt. Kaum, dass wir von der Schmiede kommend sein Haus betraten, da griff er uns schon mit einer Axt an.«
    Gut für ihn!,
dachte Bruder Boydos.
Zu schade, dass diese Kerle nicht mehr Männern wie dem Schmied begegnet sind. Vielleicht hätten sie etwas gelernt.
    »Natürlich konnte er’s nicht mit uns aufnehmen!«, brüstete Sadeel sich. »Als ihm aufging, dass er verlieren und sterben würde,
     da trieb er plötzlich seine Axt tief in die Balkenwand. Und dann, dann traf ihn Ja- äh – Gallens Hieb, und er stürzte. Wir
     hielten ihn für tot. Die Häuser aller Verdächtigen waren ergebnislos durchsucht. Nun mussten wir zusehen, dass wir uns davonmachten.«
    Also hat der Entenmann den armen Schmied niedergestreckt!,
vermerkte Boydos, dem Sadeels Aussage noch Wort für Wort deutlich vor Augen stand, wie es sich für einen Obersten Inquisitor gehörte.
Doch dem unglückseligen Gallen haben sie alles in die Schuhe geschoben. Und so erfüllte er in den Folterkellern unserer Heiligen
     Kirche seinen Zweck gleich mehrfach – er verbüßte seine eigne Strafe und bezahlte für die Fehler seiner Kumpane gleich mit.
    »Und dann?«, erkundigte er sich, wieder mit ganz neutraler Stimme.
    »Gallen war außer sich«, entgegnete der Entenmann, zusehends sicherer. »Wir sind noch einmal umgekehrt. Wir haben alles im
     Heim des Schmieds und in der Schmiede kurz und klein geschlagen und in den Hof hinausgeschafft. Aber nicht einmal jetzt fanden
     wir etwas, das unserem Auftrag dienlich gewesen wäre!« Schwer atmend hielt er inne. Gewiss war die Erinnerung an ihr Scheitern
     schmerzlich. Die |397| Erinnerung an Gallens Bestrafung jedoch zeugte

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