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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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diese Ränke verwickelt gewesen – dass
     nun einer aus ihren Reihen den Bewahrern als Bote diente, verwunderte überhaupt nicht. Die Konspiration wurzelte tief. Zu
     tief.
    »Es gelang uns, jenen in Erfahrung zu bringen, den er hätte erreichen sollen – Bruder Nikolaos, den Priester eines Dorfes
     namens Eichenhain«, fuhr Jareth fort. »Doch zu dieser Zeit hatte der Bote jenes Dorf fast schon erreicht. Wir   ... wir gerieten in Panik. Wir fürchteten, es könnte ihm gelingen, seine Botschaft auszuhändigen   –« Er schluckte abermals. Klebriger Schweiß überzog seine Stirn wie pures Fett, und gewiss nicht nur seine Stirn. Er stank
     viehisch. »Gallen   ... Gallen war es, der uns sagte, dann sei alles verloren! Deshalb gab er den Befehl: ›Schießt ihn vom Pferd und nehmt ihm
     das Päckchen ab!‹« Röchelnd, als gebe es nicht genügend Luft in diesem kleinen Klosterhof, verstummte der Mann. Es war dem
     Obersten Inquisitor bewusst, dass genau dieses Thema mehr als nur einmal zur Sprache gekommen war im Verlauf der letzten Prüfung
     des Meisters Gallen.
    »Also habt ihr gehorcht«, stellte Bruder Boydos fest. »Sprecht!«, zischte er sie an, um das Zaudern der Elenden zu brechen.
    »Wir haben gehorcht«, gestand Jareth kaum hörbar und barg das missgestaltete Entengesicht in beiden Händen. »Und wie aus dem
     Nichts kam dieser Cha’ori-Spähtrupp über die Hügel und hielt genau auf uns zu. Wir
mussten
fliehen |393| , uns blieb keine Wahl! Aber später, später sind wir zurückgekommen. Wir haben die Kleider des Leichnams durchsucht, gar den
     Körper selbst – und nichts gefunden.«
    Boydos nickte abermals. »Ich nehme an, ihr habt euch nicht die Mühe gemacht, festzustellen, welchem
Stamm
jene Störenfriede angehörten?«, fragte er neutral. Nur sehr wenige in Tallan Dar wussten, dass jeder Nomaden-
Stamm
sich ein eigenes, einzigartiges Zeichen gab, eine Art auf den Helmen getragenes Wappen – eine Nachbildung jenes Medaillons,
     das ihre Hexen-Wahrsagerin trug. Noch weniger wussten, dass ein Mann, der seine Ghaz Alim beherrschte und zu nutzen verstand,
     über dieses Zeichen den ganzen
Stamm
aufzuspüren vermochte. Doch natürlich war es zuviel, darauf zu hoffen, jene Wichte könnten in solcherlei Wissen eingeweiht
     gewesen sein. Und hätte er nur im Mindesten daran gezweifelt – ein einziger Blick in die verständnislosen Gesichter wäre ausreichend
     gewesen, seine Einschätzung zu bekräftigen.
    »Sprecht weiter!«, ermutigte er sie und widmete sich der Betrachtung der Pflastersteine. Unerträglich wurde ihm der Gestank
     des Erbrochenen, der Schweiß des Entenmannes – jedoch durfte ihn dies nicht von seinem Weg abbringen. Alles,
alles!
musste er ihnen entlocken!
    Und wie Bruder Boydos dies mit allem gebotenen Nachdruck dachte, führte der Narbengesichtige die Geschichte fort. »Wir eilten
     nach Eichenhain, und dort machten wir halt in einem Gasthaus.« Wieder huschte seine Zunge über die aufgesprungenen Lippen.
     »Nicht Faulheit trieb uns«, versicherte er, »sondern der Eifer, Informationen zu sammeln! Was, wenn der Bote längst überbracht
     hatte, was zu überbringen gewesen war? Was, wenn wir ihn also auf dem Rückweg geschnappt hatten? Das war unsere Überlegung.
     Wie mussten uns vergewissern!«
    Sie haben nach jedem Strohhalm gegriffen,
dachte Boydos – |394| und fast hätte er sie nicht mehr für armselige Kreaturen gehalten. Doch eines ergab nach wie vor keinen Sinn. »War es Bestandteil
     eurer Befehle, auch einen ganz bestimmten jungen Mann aufzuspüren?«, erkundigte er sich wie beiläufig.
    »Nein, Eure Hei-   ...
Bruder!«
, beteuerte Sadeel hastig. »Ein Päckchen sollten wir suchen, und jenes Schwert. Das war alles. Der Junge   ... der junge Mann – den Ihr erwähnt, ihn sollte ein anderer aufscheuchen und in seine Gewalt bringen.«
    »So ist euch also bekannt, dass ein Majat-Assassine für genau diesen Dienst angeheuert wurde?«, vergewisserte sich Boydos.
    In den Augen der Männer flackerte neue Furcht. »Wir wussten nur, dass Seine Heiligkeit für den Jungen eine Wachmannschaft
     zu entsenden gedachte«, sagte Jareth. »Dass ein Majat-Assassine dabei ist, wussten wir nicht!«
    »Euch war nicht bekannt, warum der Allheilige Vater ein solches Interesse an dem Jungen hatte? Oder warum er von euch die
     bekannten Dienste forderte?«
    Die Augen der Männer wurden glasig.
    »Nein, Euer   ... äh – Bruder«, antwortete Jareth. »Wir haben unsere Befehle nicht

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