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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Seite. Gleich darauf wurde auch sein Ellbogen freigegeben. Egey Bashi wich
     tiefer in den Inquisitoren-Alkoven zurück. Die Taubheit in seinem Ellbogen wich bereits schmerzhaftem Prickeln.
    »Aghat Raishan, nehme ich an«, sagte er.
    Der Diamant-Majat zu seiner Linken glitt von ihm weg – wie Rauch in einer Morgenbrise. Noch immer nahm er die Kapuze nicht
     ab, doch fühlte Egey Bashi, wie sich des Assassinen Haltung entspannte.
    |570| »Hätt’ ich gewusst«, brummte Raishan trocken, »dass ich so wohlbekannt bin innerhalb dieser Klostermauern – ich wär’ sorgfältiger
     gewesen, was meine Verkleidung betrifft!«
    »Ich bin jener, der um Eure Dienste ersuchte«, erläuterte Egey Bashi nicht minder trocken. »Auf mein beharrliches Drängen
     hin war Euer Gildenmeister so entgegenkommend, mir Euren Namen zu nennen.«
    Der Majat trat noch weiter beiseite, sodass des Magisters Gesicht trotz Dämmernis gut genug ausgeleuchtet war.
    »Was für ein Zufall, dass wir uns hier über den Weg laufen«, entfuhr es Raishan.
    »Es ist nicht wirklich ein Zufall«, widersprach er kopfschüttelnd. »Ich hielt mich in einer gänzlich anderen Mission an diesem
     ungastlichen Ort auf, als sie die Walder-Jungen hierher brachten. So war ich zu handeln gezwungen, Aghat. Selbst wenn es anmaßend
     war von mir, zu glauben, ich könnte Erfolg haben, wo ein Diamant-Majat ganz offensichtlich scheiterte.«
    Raishan stieß ein Knurren aus, als plage ihn mit einem Mal Bauchweh, und warf seiner Gefährtin einen reichlich verdrossenen
     Blick zu. Sie tat, als bemerke sie nichts. Reglos stand sie, als sei sie längst Teil der Alkovenmauer geworden. Majat vermochten
     sich zu bewegen wie niemand sonst. Aber auch sich
nicht
zu bewegen, wie man es einem menschlichen Wesen kaum zutrauen wollte.
    »Wie Ihr unschwer ersehen mögt«, sagte Raishan ein wenig angesäuert, »bin ich nach wie vor damit befasst, meine Mission zur
     Zufriedenheit aller zu erfüllen. Es ergab sich nur ein – ein unerwartetes Problem.«
    Egey Bashi wandte sich langsam um und starrte, plötzlich argwöhnisch, Raishans Begleiterin an. »Ich hatte noch nicht die Ehre
     –
meine Dame
.« Die letzten Worte sprach er provozierend betont aus.
    Eine flirrende Bewegung, ein Lufthauch – und die Dolchspitze |571| bohrte sich von Neuem in seine Hüfte. Egey Bashi ächzte.
    »Ihr zuerst«, sagte sie ruhig.
    Man diskutierte nicht, wenn man am falschen Ende eines Dolchs stand.
    »Egey Bashi«, sagte er und deutete, ihr zugewandt, den Hauch einer Verbeugung an.
    »Kara«, antwortete sie.
    »Kara – wer?«, erkundigte er sich – schneller, als er sich seiner guten Manieren besann.
    »Wie gesagt – Ihr zuerst.«
    »Magister des Inneren Zirkels.«
    Abermals wurde der Dolch weggenommen; wie zuvor Raishan, trat auch sie nun beiseite, um ihn besser sehen zu können.
    »Aghat«, sagte sie dann einfach.
    Zwei Diamanten.
Egey Bashi konnte nicht anders – er musste sie anstarren.
    »Vergebt mir, Aghat Kara«, sagte er. »Für gewöhnlich bin ich nicht so unhöflich zu einer Dame! Aber – was, zur Hölle, habt
Ihr
hier zu suchen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nur einen Diamanten in Dienst genommen haben.«
    Sie antwortete ihm nicht sogleich, doch als sie den Kopf schräg legte, fiel genügend Licht in die Nische. Nun vermochte er
     ihr Profil zu sehen. Sie war sehr jung. Eine Olivianerin. Und weit attraktiver, als man es von jemandem ihres Berufsstandes
     erwartet hätte.
    »Mein Auftrag war es, die Walder-Jungen nach Aknabar zu schaffen und der Kirche zu überantworten«, sagte sie ohne erkennbare
     Gefühlsregung. »Diesen Auftrag habe ich erfüllt.«
    »Ich verstehe.« Egey Bashi lockerte seine Schultermuskulatur und reckte und streckte sich. »Normalerweise bin ich nicht so
     dumm, Fragen zu stellen, von denen ich genau weiß, |572| dass sie nicht beantwortet werden, oder, Shal Addim behüte!, Aghat Raishans Kampfgefährtin in Frage zu stellen – aber im Moment
     will’s mir scheinen, dass Ihr der Feind seid.«
    »Ich
war
der Feind«, berichtigte sie ihn. »Ich habe mein Unterpfand zurückerhalten.«
    Sie presste sich gegen die Wand, riss warnend die Hand in die Höhe. Allesamt regten sie sich nicht mehr. Drei Priester in
     schwarzen Kapuzenkutten traten, angeregt miteinander plaudernd, aus der Seitentür in den Hof hinaus, überquerten ihn gemächlich
     und verschwanden in den Schatten eines Arkadenganges.
    Sobald ihre Stimmen verhallten, glitt Raishan zum Ausgang des Alkovens.

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