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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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standzuhalten vermochte.
    Noch mehr atembare Luft. Skips Wangen glühten, als habe man ihn unablässig geohrfeigt. Atmete. Atmete wie von Sinnen. Dies
     war kein Austausch von Informationen, sondern ein Kampf Willenskraft gegen Willenskraft. Es gab keinen Grund, glaubwürdig
     zu antworten.
    |565| »Direkt vor den Klosterwällen«, keuchte er, obgleich er sich nach Kräften mühte, mit fester Stimme zu sprechen. »Es lag der
     Länge nach dicht an der Mauer, und es war nicht einmal sorgfältig getarnt. Ein wenig Gras lag darübergestreut – mehr nicht.
     Ich hab’s einfach an mich genommen.«
    In der nun folgenden Stille verhallte das Pulsieren des schwarzen Herzens unvermittelt, und genauso plötzlich verlor sich
     der auf Skips Verstand lastende Druck. Erle und Ellah stemmten sich auf die Ellenbogen hoch, die niedergekrümmten Gestalten
     der Priester und Wächter richteten sich auf; aller Gesichter, aller Augen waren Skip zugewandt. Der Allheilige Vater schwieg
     immer noch still; dann zerrte er sich die Kapuze wieder tief ins Gesicht.
    »Schafft sie weg!«, befahl er schroff. »Sperrt sie in die runde Kammer. Wir werden uns später weiter mit ihnen befassen.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verschwand durch eine Tür in einer der himmelhohen Hofmauern.
    »Wie hast du das gemacht?«, raunte Ellah ihm bei erstbester Gelegenheit zu, während sie allesamt durch ein Labyrinth feuchtkalter
     steinerner Korridore immer tiefer hinab in die Eingeweide des Klosters zu Aknabar getrieben wurden.
    »Was – gemacht?«, wisperte Skip zurück.
    Eine stählerne Faust stieß ihn so derb voran, dass er taumelte und beinahe gestürzt wäre. Nur Erles Hilfe hatte er es zu verdanken,
     dass er sein Gleichgewicht rasch genug wiederfand.
    »Du hast ihm Widerstand geleistet«, flüsterte Ellah. »Du hast ihm nicht einmal seine Frage beantwortet. Jedenfalls nicht richtig.«
    Kaum dass Skip zu einer Erklärung ansetzte, traf ihn ein weiterer Stoß und schleuderte ihn gegen die Wand. Eine vor ihm gehende
     Heilige Wache packte ihn beim Hals, schob ihn vor sich und trennte ihn so von Ellah.
    |566| Der Korridor endete schließlich vor einer aus massiven Quadern aufgetürmten Wand. Jene beiden Priester, welche die Prozession
     anführten, steckten ihre Fackeln in Halterungen, die allem Anschein nach seit Jahrzehnten schon nicht mehr benutzt worden
     waren, und strichen über die glatt behauene Oberfläche zweier ganz bestimmter Quader. Etwas rastete mit kaum hörbarem Klicken
     ein – dann glitt ein Teil der Wand geräuschlos beiseite.
    Skip, Erle und Ellah wurden in eine runde, fensterlose Kammer gedrängt. Allein durch einen schmalen Schlitz am höchsten Punkt
     der gewölbten Decke sickerte spärliche Helligkeit herab. Abgesehen von einem Strohlager an der gewölbten Wand war der Raum
     vollkommen leer.
    Eine zusammengekrümmte Gestalt ruhte auf diesem Lager, ein kahlköpfiger Mann, angetan mit einer langen, grauen Kutte. Mit
     einem schrillen, tierhaften Laut setzte er sich auf und starrte den Neuankömmlingen entgegen. Wie Kohlenglut flammten seine
     Augen in der Dämmernis.
    Skip erstarrte. Eine große, hässliche Zickzack-Narbe zerteilt das haarlose Gesicht des Mannes von der linken Augenbraue bis
     zum rechten Ohr.
    Skip hatte es schon oft gesehen, dieses Gesicht. Durch alle seine Alpträume wirbelte es, seit siebzehn Jahren schon. Es war
     das Gesicht seines Mörders; jenes Priesters, der stets neue, stets noch verschlagenere Todesarten für ihn ersann.
    Stroh raschelte. Auf allen vieren krabbelte der Mann nun von seinem Lager herab, richtete sich mühsam keuchend, mit krallenden,
     scharrenden Fingernägeln an den Spalten zwischen den Quadersteinen nach Halt suchend auf und schleppte sich auf Skip zu.
Nein
, durchfuhr es ihn wie ein frostiger Hauch aus großer Tiefe, während er auch schon zur Geheimtür zurückwich. Trotzdem reagierte
     er zu spät.
    Die Geheimtür hatte sich bereits geschlossen. Sein Rücken prallte gegen glatte Steinquader.

|567| Der Bewahrer
    Der Bewahrer Egey Bashi, Magister des Inneren Zirkels, schob sich um die letzte Korridorbiegung, verharrte in den Schatten
     und spähte hinaus in den Hof. In der vom Himmel herabsinkenden Abenddämmerung kam ihm die stille Luft wie mit Eisenbändern
     durchwirkt vor. Etwas war geschehen. Egey Bashi täuschte sich selten in seinen Vorahnungen, und in diesem Moment
wusste
er ohne jeden Zweifel, dass etwas Urgewaltiges in Gang gesetzt worden war.
    Er zog

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