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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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wahrscheinlich.«
    Er wandte sich Ellah zu, musterte sie, wie sie dort vor ihm stand, mit ihren haselnussgrünen Augen und den kurzgeschorenen
     dunkelbraunen Haaren mit ihrem leichten Stich ins Rote.
    »Seid Ihr sicher, dass jenes Kind, nach dem wir suchen, ein Junge ist?«, fragte er.
    Die Priester verbeugten sich, begleitet vom Stoffrascheln ihrer Roben.
    »Wir glauben es, Hochehrwürdiger«, gab einer von ihnen schließlich zur Antwort.
    »So, so, ihr
glaubt
es«, sagte der Allheilige Vater nach unerträglich langem, brütendem Schweigen. »Unser Herz frohlockt beim Anblick wahrer Gläubiger!«
    Er senkte den Kopf und fasste die vom Schwertgriff entfernte lederne Umhüllung in den Händen eines der Priester ins Auge.
     Was nun geschah, vermochte Skip nur mehr in wirbelnden Fetzen wahrzunehmen. Jahre schien es zu dauern, bis der Allheilige
     Vater seine Hand abermals ausgestreckt hatte. Das zerknitterte Leder ergriff. In seinen Handflächen glattstrich.
    Skip fühlte sich von wirbelnder Schwärze gepackt und verschlungen. Aller Mut verließ ihn. Die Karte der Bewahrer . Jene Karte, auf der die exakte Lage der Weißen Zitadelle |563| verzeichnet war.
»Das Geheimnis, das die Bewahrer mit ihrem Leben zu schützen trachten«,
hörte er den Vater in seinen Gedanken sagen.
»Ihr tut also gut daran, sie sicher zu verwahren. Oder, noch besser: prägt sie euch genau ein und vernichtet sie. Und findet
     eine andere Umwickelung für den Griff.«
    In der ständigen Aufregung hatte er nicht und auch kein anderer von ihnen mehr daran gedacht, diesen Rat zu befolgen. So war
     die geheime Karte der Bewahrer nun also durch ihre Nachlässigkeit in die Hände des Feindes geraten.
    Skip vermochte kaum mehr zu atmen; es schien keine Luft mehr zu geben für ihn.
Es ist meine Schuld
, dachte er.
Kara,
kehrten seine Gedanken zu ihr zurück. Aber Kara stand in Diensten des Feindes.
    Aus tränenden Augen heraus beobachtete Skip, wie der Allheilige Vater die Karte sorgsam faltete und in den Tiefen seiner Robe
     verschwinden ließ.
Meine Schuld.
Nichts anderes vermochte er mehr zu denken. Und doch konnte dies nicht ihre einzige Sorge sein.
    Was
wollten
die Priester von ihnen? Der Allheilige Vater hatte von einem
Kind
gesprochen, nach dem sie suchten. Ob es sich dabei um dasselbe Kind handelte, das auch jener sterbende Edelmann erwähnt hatte?
     Konnte es sein, dass einer von ihnen dieses Kind war?
    Der Allheilige Vater riss Skip aus seiner stumpfsinnigen Grübelei. Wie ein Gebirge so groß sah er ihn unvermittelt wieder
     vor sich aufragen – und, wie sein Schattenblick ihn auf’s Intensivste studierte, immer noch größer und größer werden.
    »Woher hast du dieses Schwert und diese Karte?«, verlangte er zu wissen.
    Und die zerschmetternde Macht des schwarzen Herzens brach wie ein ungeheuerlicher Donnerschlag aus der Schwärze unter der
     Kapuze hervor, schlimmer als je zuvor. Skip stöhnte auf und wäre zusammengebrochen, hätte ihn |564| der Allheilige Vater nicht im letzten Moment gepackt.
Ich will es, ich will es, ich will es,
hörte er sich wie rasend denken.
Ich unterwerfe mich, ich will es, ich gehorche.
    Er rang nach Luft. Er schluckte und schluckte.
Sei standhaft
, dachte er. Dieser Mann ist böse.
Er setzt eine ganz spezielle Macht gegen mich ein.
    Eine Macht von der Ungeheuerlichkeit einer entfesselten Naturgewalt. Und er meinte das riesenhafte schwarze Herz schlagen
     zu sehen – urgewaltig und wild, selbst dann noch, als der Allheilige Vater nun die Kapuze zurückstrich und einen Teil seines
     blassen, hohlwangigen Gesichts entblößte. Die Augen jedoch vermochte Skip noch immer nicht zu sehen. Sie blieben in tiefen,
     schattigen Höhlen verborgen. Nur ein raubtierhaftes Glühen verriet, dass es sie überhaupt gab.
    Sei standhaft. Du kannst es. Denk’ an die Wasser des Elligar. Auch ihnen hast du getrotzt. Und nicht nur das.
    Plötzlich kam er zu Atem. »Ich – ich hab beides gefunden, Allheiliger Vater!«, sagte er.
    Das Tentakelpeitschen tobte nun so allgegenwärtig wie Wasser rings um ihn her. Aus den Augenwinkeln heraus sah Skip nicht
     nur Erle und Ellah wie in Todeskrämpfen zuckend am Boden liegen, sondern auch, dass sich schwarzgewandete Priester und Bewacher
     allesamt vor Schmerzen krümmten und sich die Ohren zuhielten.
    Sei standhaft
.
    »Wo hast du sie gefunden?« Nun schwang ein neuer Unterton in der fragenden Stimme.
Überraschung.
Als sei es der Allheilige Vater nicht gewohnt, dass man seiner Macht

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