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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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versuchte, mit der äußerlich zur Schau getragenen Selbstsicherheit seine ihn von innen bearbeitende Unsicherheit zu verbergen. Schließlich war man das von ihm gewohnt. Er, der starke, unbeugsame Henry.
    Dennoch, obwohl Henry glaubte, er gäbe sich wieder wie sonst, wurde er auch von den Mitgliedern des SUV heimlich beobachtet. Und besonders Jonas Ellwanger beobachtete ihn, nicht nur, weil Henry so eng mit seiner Susi getanzt hatte, sondern weil er am meisten unter Henrys arrogantem Verhalten zu leiden hatte. Henry hatte ihn, den aus ärmlichen Verhältnissen Stammenden, noch nie ernst genommen, von Akzeptanz ganz zu schweigen. Ellwanger war oft von ihm abgekanzelt worden und hatte den Laufburschen spielen müssen. Gerne hätte er sich gewehrt und geweigert, aber Henry hatte nun mal das Sagen und gab seiner Firma viele Aufträge. Und all die Jahre hatte Ellwanger alles geschluckt. Bis heute.
    Als sie gegen Ende der Sitzung eine Werbekampagne der Saarburger Unternehmer und die Auflage einer Broschüre beschließen wollten und Henry dafür stimmte, meldete sich Ellwanger sofort wie ein übereifriger Schüler.
    »Henry, vor zwei Wochen warst du noch dagegen. Wie kommt das?«
    Henry stutzte. »Ich und dagegen?«, protestierte er. »Das wüsste ich aber. Ich war immer dafür. Schließlich bringt es unserem Verband ja auch einiges an Vorteilen. Es geht kein Weg dran vorbei: Wir müssen an die Öffentlichkeit gehen.«
    »Ich weiß genau, dass du dagegen warst«, ließ Jonas nicht locker. »Zu teuer, hast du gesagt, für so einen Firlefanz hätten wir kein Geld. Alles Humbug, der nichts bringt.«
    Henry sah Jonas strafend an, aber der blieb bei seiner Aussage. Als dann auch noch Heike Friederich, Inhaberin der Boutique, Jonas unterstützte und überdies Achterbusch zustimmend nickte, als könnte es so gewesen sein, war es mit Henrys Fassung fast vorbei.
    »Habt ihr euch gegen mich verschworen«, brauste er auf. »Ich erinnere mich genau. Ich war nie dagegen. Nie!« Henry ballte die Fäuste.
    Achterbusch suchte in seinen Unterlagen und fand das Protokoll. Laut und mit einem genussvollen Unterton in der Stimme las er es vor und bestätigte damit die Aussage von Jonas.
    Henry gelang es nicht, seine Unsicherheit zu kaschieren. Zwar bemühte er sich redlich, sie zu überspielen, jeder könne sich mal irren. Aber gerade er, der immer so auf sein ausgezeichnetes Gedächtnis gepocht hatte, sich immer im Recht wähnte, nie einen Fehler machte, litt unter den Blicken der Anwesenden. Besonders unter dem von Jonas, in dem er Schadenfreude herauszulesen glaubte.
    Aus diesem Grunde war Henry auch ungewöhnlich ruhig, als anschließend allesamt noch gemeinsam auf ein Bier in eine Kneipe gingen. Henry horchte in sich hinein, starrte dabei auf das Glas, welches er unentwegt mit den Fingern drehte und mit dessen feuchtem Fuß er Muster auf den Holztisch malte.
    »Sogar der liebe Gott macht Fehler«, versuchte ihn Achterbusch zu beschwichtigen. Aber Henry verstand die Bemerkung anders, und sie war aus seiner Sicht eine glatte Anspielung auf seine Person. Allerdings reagierte er nicht. Auch wenn Marek und er befreundet waren, zu gegebener Zeit würde er es ihm schon zeigen.
    Henry verabschiedete sich nach einem weiteren Bier und fuhr nach Hause. Er betätigte die Fernbedienung, aber das Tor ging nicht auf. Und hinter dem Tor schauten ihn die Hunde an. Neugierig und verängstigt. Einer wedelte ansatzweise mit dem Schwanz.
    Henry musste das Tor mit dem Schlüssel öffnen, fuhr hindurch und hatte es auch wieder konventionell zu schließen. So etwas kann schon mal passieren, sagte er sich. Wird wohl die Sicherung sein. Oder ein Fehlkontakt. Und er gab sich das Kommando: Rege dich nicht auf.
    Henry lag im Bett, konnte jedoch nicht einschlafen. Irgendjemand fuhr in seinem Kopf Achterbahn. Ganz wahnwitzige Ideen und Gedanken drängten sich ihm auf. Und phantastische Gedankensprünge machte er. Einem Kunden verkaufte er ein Auto, und als Wechselgeld gab er ihm zwei Eimer mit Sand. Und dieser Sand wiederum erinnerte ihn an den Kindergarten. Und weil er im Kindergarten so gerne gemalt hatte, tat er dies auch. Und was kam heraus? Die Umrisse seines neuen Autohauses.
    Henry schüttelte den Kopf, als könne ihn das von solchen Eskapaden abhalten. Weil es nicht half, stand er auf. Im Wohnzimmer zog er sich einen Sessel näher ans Fenster, setzte sich und trank einen doppelten Cognac. Dabei legte er die Füße auf die Heizung.
    Nach dem ersten Schluck

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