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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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lautete: »Weitere Schriften und Zeichnungen«.
    Slew spürte, dass er dem Ziel näher kam.
    »Wenn man den Saal nicht besichtigen kann«, sagte er, »ist es wohl das Beste, man sieht sich Zeichnungen davon an. Was meinen Sie?«
    Er hielt Thwart das Verzeichnis hin. Der warf einen Blick darauf. »Die Ansicht dieser Objekte ist nur mit Handschuhen und im Beisein des Meisterschreibers gestattet.«
    Slew lachte.
    »Nun, Handschuhe haben wir, und der Meisterschreiber ist nicht hier. Also, wer soll es jemals erfahren?«
    »Ich wünschte, ich ... ich wünschte ...«
    Slew stand auf.
    Er zog die schwarze Lederjacke wieder an.
    Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar, das strähnig und kraus war vom Regen.
    Er betrachtete Thwart auf eine Weise wie noch nie.
    Thwart wich etwas zurück.
    »Wer soll es erfahren, lieber Freund? Wer soll jemals erfahren, dass wir uns unerlaubterweise etwas angesehen haben? Dass wir uns etwas angesehen haben, das andere nicht sehen dürfen? Dass wir uns zwischen die dunklen Regale zurückgezogen haben ...?«
    Während er sprach, schien sich seine Stimme von ihm zu lösen. Sie drang in Thwarts Kopf ein und verwirrte ihn.
    Langsam griff Slew zu seinem Knüppel.
    »Wer kann beschuldigt werden, wenn er gar nichts getan hat ...?«, fragte er und streckte ihm die Hand hin. »Geben Sie mir Ihre Schlüssel, dann kann niemand behaupten, Sie hätten ...«
    »Ich kann nicht, ich darf nicht.«
    »Geben Sie mir die Schlüssel«, befahl Slew.
    »Ich ... Bruder Slew, bitte ...«
    Die Schatten umkreisten Thwarts Gedanken. Sie waren kalt, so kalt, und überall funkelten Slews dunkle Augen.
    Er gab Slew die Schlüssel.
    »Welche Tür, mein Freund?«
    Thwart deutete darauf.
    Slew schloss die Tür auf, führte den Bibliothekar hinein und sperrte hinter ihnen wieder ab, damit niemand sehen konnte, dass jemand darin war.
    »Wohin nun?«
    »Ich ... bitte ...«
    Es war der letzte Rest Widerstand, den Thwart aufbrachte.
    Ihm war kalt, sehr kalt, und was Slew befahl, musste er tun.
    »Zeigen Sie es mir!«
    Er gehorchte, führte Slew ins Allerheiligste, zu dem eigentlich niemand Zutritt hatte und in dem die größte Sammlung von ã Faroüns Schriften und Werken aufbewahrt wurde.
    »Jetzt«, sagte Slew, »lassen Sie uns endlich anfangen.«
    »Schneller«, befahl Slew viel später. Thwart hatte einen Ordner nach dem anderen mit der Aufschrift »Saal der Jahreszeiten« herausgezogen und wandte sich nun einer Reihe von Kästen zu, die ebenso gekennzeichnet waren.
    In dem vergitterten Raum stand ein Tisch, und kaum lag ein Ordner oder Kasten darauf, öffnete ihn Slew auch schon. Bei den meisten Objekten handelte es sich um lose Blätter oder Skizzenbücher, und er blätterte sie durch in der Hoffnung, den Stein zu finden, oder wenigstens einen Hinweis darauf, wo er versteckt war.
    Bis jetzt hatte er nichts gefunden.
    Die größeren Kästen sahen vielversprechender aus, denn sie enthielten kleinere Schachteln mit Notizen, Schriftrollen und anderen Objekten, die sich nicht stapeln oder abheften ließen wie Bücher oder Papiere.
    Aber wieder nichts.
    »Was ist das für einer, da oben?«
    Thwart reichte nicht heran. Der Kasten stand zu hoch im Regal und war zu weit nach hinten geschoben.
    Slew nahm den Knüppel und hebelte ihn nach vorn.
    Der Bibliothekar in Thwart war noch nicht ganz tot.
    »Ein Versehen«, murmelte er, als er die Signatur sah. »Er steht am falschen Platz. Ein Glück, dass wir ihn gefunden haben, sonst ...«
    Slew beruhigte sich.
    Er wusste, er stand kurz vor dem Ziel.
    Es war schlau, den Stein in einem Kasten in einem Teil der Bibliothek zu verstecken, der nur wenigen zugänglich war, und diesen Kasten dann absichtlich an einen falschen Platz zu stellen, sodass es für einen Nichteingeweihten nahezu unmöglich wurde, ihn zu finden. Thwart, der mittlerweile vor Kälte und Verzweiflung zitterte, brach in Tränen aus und schluchzte.
    »Bitte«, flehte er, »Sie dürfen nicht ...«
    »Seien Sie still«, knurrte Slew, »und geben Sie mir den Kasten.«
    Der Kasten war groß, und der Deckel war mit einer Schnur, die durch eine Drahtschlaufe lief, am unteren Teil festgebunden. Zusätzlich war das Ganze über Kreuz mit einem Band verschnürt.
    Slew löste das Band, dann die Schnur und hob den Deckel.
    Was darin lag, überraschte ihn.
    Es sah aus wie eine gewebte Decke oder ein dünner Teppich.
    »Das dürfen Sie nicht«, sagte Thwart wieder. »Sie können immer noch hinausgehen, und niemand wird davon erfahren. Ich werde

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