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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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...«
    »Und ich war krank von dem Stein, Herr. Bitte, ich möchte meine Mutter nicht sehen.«
    »Der Schattenmeister fürchtet sich vor seiner Mutter?«
    »Waren Sie noch nie tiefbetrübt, Herr? Macht Schwäche uns nicht stärker, wenn wir sie überwinden? Als Schattenmeister werde ich daran wachsen. Aber ... meine Mutter möchte ich nicht sehen.«
    Sinistral konnte ihn verstehen, und ja, auch er war tiefunglücklich gewesen, als er den Stein des Sommers von seinem Mentor ã Faroün übernommen hatte.
    Er sah in Slew ein Abbild seiner selbst. Vielleicht konnten die Steine ein Band zwischen ihnen sein.
    »Kaiserliche Majestät ... haben Sie je von einem Lautenspieler namens ã Faroün gehört?«
    Zufrieden lehnte sich Sinistral in seinem Thron zurück. Die Frage war klug, oder sie war einem glücklichen Zufall geschuldet, auf den zu setzen sich lohnte. Er lenkte ein.
    »Wir werden ohne deine Mutter miteinander sprechen. Sie hat ihre Fehler. Meine war nicht besser. Hat der Stein dich gefunden oder du ihn?«
    Slew wollte antworten, doch Sinistral schüttelte den Kopf.
    »Später, draußen. Wir werden unter den Sternen sitzen und reden.«
    »Ja, Herr.«
    »Was hat es mit deinen Brüdern auf sich, dem Orden der Kugel? Ist das ein Scherz?«
    »Ja. Doch die Leute nehmen uns ernst. Sie hören uns zu, sie folgen uns, wollen sich uns anschließen, schreiben meine törichten Worte nieder. Frauen bieten uns ihre Gunst dar, um uns zur Wollust zu verführen, da wir Zölibatäre sind. Nun ja, meine Mitbrüder sind es nicht, nur ich, einstweilen.«
    Sinistral lachte. »Sie werden bald genug davon haben. Mir ist es jedenfalls so ergangen. Da fällt mir ein, Slew, hast du dich auf deiner Reise so weit dem Weltlichen zuwenden können, dass dir an unserer Mutter Erde etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist?«
    »In Englalond gab es Erdbeben, denen wir nur knapp entgangen sind. Es starben mehr Menschen als Hydden. Borkum Riff – er lässt Ihnen seine Empfehlungen ausrichten – fürchtet sich vor dem, was geschehen wird, wenn durch die Beben der Meeresboden aufbricht. In Friesland, wo ich krank daniederlag, hatte ich Zeit, der Erde zu lauschen. Sie ist zornig und wird es immer mehr. Hat sie hier, in den Bochumer Stollen, schon gegrollt?«
    Sinistral schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«
    »Glauben Sie, sie wird es noch?«
    »Sie muss.«Später, als Slew fort und der Saal leer war und im verblassenden Abendlicht Staub zu Boden rieselte, sagte Sinistral: »Du kannst herauskommen.«
    Sie schlüpfte zwischen den Vorhängen hinter dem Thron hervor.
    »Hast du es gehört?«
    »Ja. Dann ist er also krank.«
    »Warum? Du kennst dich mit solchen Dingen aus.«
    »Er weiß, dass ich ihm, als er jung war, meine Gunst verweigert und seinen Bruder vorgezogen habe. Er leidet darunter. Es ergeht ihm wie einem anderen, den ich kenne. Eine unerfüllte Sehnsucht macht ihn krank, und das Licht des Steins verstärkt diese noch. Herr, er hat Ihnen den Stein ohne das geringste Zögern gegeben.«
    »Allerdings, meine Liebste. Lass uns gehen und ein wenig damit spielen.«
    »Den Übriggebliebenen wird das nicht gefallen.«
    »Zur Hölle mit ihnen«, erwiderte er aufbrausend. »Ich brauche sie nicht mehr.«
    Sie musterte ihn besorgt von der Seite. Solche plötzlichen Ausbrüche von Gereiztheit und Selbstsucht waren eine Begleiterscheinung, wenn die Kräfte des Steins missbraucht wurden.
    Er sah gut aus, gesund, aber wie die Erde bebte auch er. Sein Kopf wackelte leicht, beim Sprechen stolperte er bisweilen über das S, und in seltenen Augenblicken konnte er die rechte Hand nicht bewegen. Dann ergriff er sie mit der anderen, legte sie an die gewünschte Stelle und holte sie ins Leben zurück.
    Aber sein Verstand war noch scharf und sein Geist mehr denn je in der Lage, zu ihrem vorzudringen.
    »Ich habe den Frühling gebraucht, und nun habe ich ihn. Komm, ich habe eine Verabredung mit deinem Sohn und den Sternen, aber vorher ... meine Liebste, hilf mir spielen.«
    »Blut wird das nicht gefallen, Herr.«
    Sinistral lachte. »Blut ist bereits dort und wartet, ganz Naturhistoriker, mit dem Notizbuch in der Hand. Es wird ihm sogar sehr gefallen.«
    Sie fuhren auf Ebene 18 hinunter, wo Blut, der die Siegel der Kammer hatte öffnen lassen, wartete.
    Aus der Nähe betrachtet, sah der Stein des Frühlings wie der desSommers aus, nur dunkler und matter. Einen Augenblick lang geschah nichts, dann schoss mit einem lauten Zischen das Licht daraus hervor. Sie ließen es nur

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