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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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Dinge zu kümmern. Maßnahmen zur Verhinderung einer Revolution. Die Bewirtung von viertausend Gästen. Die Beschaffung von achttausend Flaschen Met und ...«
    »Ach! Sie haben keine Zeit, sich meine Robe anzusehen?«
    »Und dann wäre da noch die Sache mit ... mit ...«
    Zum ersten Mal seit achtzehn Jahren hatte Blut das Gefühl, die Fassung zu verlieren.
    »Setzen Sie sich, Blut. Vergessen Sie meine Robe, es wird schon seine Richtigkeit damit haben. Was ist das für eine Angelegenheit, die Ihnen so auf dem Magen liegt?«
    Blut wischte sich die Stirn und bat den Kaiser um Vergebung für seinen vorübergehenden Mangel an Selbstbeherrschung. »Wahrscheinlich ist es ohne Belang, aber manche Dinge überschreiten einfach die Grenzen des Erträglichen.«
    Sinistral staunte. Er hatte immer angenommen, Blut sei durch nichts zu erschüttern.
    »Klären Sie mich auf.«
    »Es geht um den Koch, den wir gemäß Ihrem Befehl mit der Ausrichtung des Banketts betraut haben.«
    »Den Koch?«
    »Sie sagten: ›Holen Sie den Besten im Reich.‹ Bedauerlicherweise habe ich das getan.«
    »Das will ich hoffen. Kommt er aus den Gewürzländern Asiens?Oder von den fruchtbaren Küsten Arabiens? Oder ist er Fachmann für deftige, gute Vollwertkost aus Amerika oder von den Antipoden-Inseln?«
    »Nein, Herr, er kommt aus Brum, Ihrer Geburtsstadt.«
    Der Kaiser war angenehm überrascht. »Brum ist nicht gerade als die Heimat guten Essens bekannt, Blut. Fette Bratkartoffeln, Erbsenmus, verkochtes Fleisch, blähender Fisch und Kuchen, der einem bleischwer im Magen liegt und das Hirn träge macht. Oder haben sich die Verhältnisse geändert?«
    »Ein einzelner Koch hat sie verändert, Herr. Ein Genie der Kochkunst, ein Magier des Gesottenen und Gebratenen, ein Meister der Soßen, der mithilfe von Kräutern den Himmel auf Erden erschafft – ich zitiere aus seinen Schriften über sich selbst.«
    »Habe ich schon von ihm gehört?«
    »Ich bezweifle es, Herr. Sein Stern ist aufgegangen, während Sie geschlafen haben.«
    »Sein Name?«
    »Parlance, Herr. Er war Küchenmeister von Hochaltermann Lord Festoon. Inzwischen verkauft er seine Dienste dem Meistbietenden, und der sind in dieser Woche Sie.«
    »Und?«
    »Er ist launisch und stellt hohe Ansprüche.«
    »Geben Sie ihm, was er möchte, und loben Sie ihn.«
    »Er will von Ihnen gelobt werden, nicht von mir.«
    »Dann sagen Sie diesem Parlance, wenn dem Kaiser sein Essen mundet, wird er ihn an dem Abend, an dem die Steine gezeigt werden, höchstpersönlich dem Hof vorstellen.«
    »Vielen Dank, Majestät. Und nun ...«
    »Meine Robe?«
    »Später vielleicht ... Ich muss zu einer Sicherheitsbesprechung mit den Generälen.«
    »Gibt es denn noch offene Fragen?«
    »Für mich ja. Die Generäle sehen es gelassener.«
    »Sie sollten Ihre Familie fortbringen, Blut, oder habe ich das bereits gesagt?«
    Blut nickte und putzte seine Brille. »Ja.«
    »Blut?«
    »Herr?«
    »Ich glaube, mir fallen die Haare aus.«
    »Herr ...«
    »Blut ... ich bin entsetzt und weiß nicht, was ich tun soll.« Er weinte.
    »Soll ich die Gnädigste holen, Herr?«
    Der Kaiser schüttelte den Kopf, während Blut ihm die Tränen abwischte.
    »Nein, holen Sie Witold Slew. Ich habe eine neue Aufgabe für ihn.«
    »Darf ich fragen, worum es sich handelt? Ist es eine Aufgabe, die besser ich übernehmen sollte? Er ist ein Kämpfer, kein Verwalter.«
    »Ich brauche ihn für einen Kampf.«
    »Gegen wen?«
    »Meinen größten Feind.«
    »Herr«, begann Blut, zutiefst erschrocken, »nennen Sie mir seinen Namen, und ich lasse ihn verhaften.«
    »Ich meine mich selbst«, flüsterte Sinistral.

38
EIN URAHN
    A ls Jack das letzte Mal eine Tür im Saal der Jahreszeiten durchschritten hatte, war er am gewünschten Ort herausgekommen.
    Als nun die Tür des Sommers hinter ihm zufiel und die Welt einige Augenblicke durcheinanderwirbelte, ehe sie wieder klar wurde, war er sich dessen nicht so sicher.
    Er hatte erwartet, an einem Ort zu landen, der sie dem Ziel ihrer Reise, Bochum in Deutschland, näher brachte. Zum Beispiel außerhalb von Brum auf einer grünen Straße, die zur Ostküste führte. Oder an der Küste selbst in einem Hyddenhafen, von dem aus sie über die Nordsee setzen konnten. Oder, wenn sie wirklich Glück hatten und der Spiegel aller Dinge ihnen gewogen war, auf dem Kontinent.
    Tatsächlich aber fanden sie sich auf einer Wiese wieder. Sie kauerten im Kreis wie ein kleiner Trupp von Jägern aus prähistorischer Zeit. Es war Nacht,

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