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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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auszuweichen.
    Sie marschierten gleichmäßig und zügig und sprachen wenig. Die Nacht war klar und nicht besonders warm, und obwohl die hohen Uferböschungen des Flusses die Sicht einschränkten, erhaschten sie hin und wieder einen Blick auf menschliche Gebäude, Fabriken und ein Kraftwerk. Im Unterschied zu denen in Brum waren diese modern und hatten schöne Fassaden, und einige waren sogar hell erleuchtet und strahlten rot, gelb und grün. Es war beeindruckend.
    Von Zeit zu Zeit erklomm Feld die rechte Böschung, um sich ein genaueres Bild davon zu verschaffen, wo sie waren.
    »Wir werden erst nach Tagesanbruch den Eingang zu den Bochumer Stollen erreichen. Möglicherweise werden wir uns verstecken müssen, wenn die Sonne aufgeht, denn ich gehe davon aus, dass es dann auf unserem Weg von Menschen wimmeln wird. Also wäre jetzt vielleicht ein geeigneter Augenblick, Ihnen etwas zu zeigen.«
    Sie folgten ihm auf die Böschung, von wo aus sie sehen konnten, wie riesig die Großstadt tatsächlich war.
    »In Wirklichkeit sind es viele Menschenstädte, die zusammengewachsen sind: Essen, Bottrop, Gelsenkirchen ... Bochum liegt dort hinten bei der Ansammlung höherer Gebäude.« Er deutete nach Südosten.
    »Die Hyddenstadt Bochum liegt rechts unter den Zechen zwischen Wattenscheid und dem Bochum der Menschen. Neben Bochum gibt es noch viele weitere unterirdische Städte. Was das Gebiet direkt vor uns anbelangt, so befinden sich dort Stollen, in deren Nähe sich die Bochumer nicht wagen, da sie von den Übriggebliebenen bewohnt werden.«
    »Die Hydden, die das Reich nicht unterworfen hat?«, fragte Jack in Erinnerung an die Unterweisung durch Feld. »Aber dieses Gebiet ist ja größer als Bochum selbst.«
    »Viel größer«, erwiderte Feld, »und den zivilisierten Hydden weitgehend unbekannt. Dasselbe gilt für das Gebiet südlich und östlich von Bochum, da drüben zu unserer Linken ... aber das zeige ich Ihnen später.«
    Der Tag brach an, und sie kehrten auf den Flusspfad zurück und setzten ihren Weg fort.
    »Wenn irgend möglich, werden wir die Stollen der Übriggebliebenen meiden«, sagte Feld im Gehen. »Sie haben ihre eigenen Gesetze, und es ist gefährlich, sich ohne Führer und Schutz dorthin zu begeben. Die Stollen sind weitgehend unerforscht, und selbst die Fyrd wagt sich nur selten hinein.
    Es gab zahlreiche Versuche, die Übriggebliebenen zu unterwerfen, aber wie sich gezeigt hat, ist es leichter, einen ganzen Kontinent in seine Gewalt zu bringen als diese geheimnisvollen Stämme und ihre Stollen. Kein Lebender kennt das ganze Tunnelsystem oder wird esjemals kennenlernen. Im Laufe der Jahrhunderte ist es auf Hunderte von Quadratmeilen angewachsen, da die Menschen unablässig gegraben und dabei immer wieder Schächte und ganze Zechen stillgelegt haben.«
    Als die Sonne aufging, verschärfte Feld das Tempo.
    Sie verließen die Emscher und marschierten an einem Bahngleis entlang, das östlich von Gelsenkirchen verlief und in den Bochumer Süden führte. Von dort gelangten sie an den Hüller Bach, einen kleinen Nebenfluss der Emscher, dem sie in Richtung Bochum-Mitte folgten.
    Die Gegend bestand aus einer Mischung aus Leichtindustrieanlagen, Wohnsiedlungen und Industriebrachen. Es war hervorragendes Hyddenland, aber das Fortkommen gestaltete sich schwierig und zeitraubend.
    »Man sollte nicht meinen, dass praktisch unter unseren Füßen eine der größten Städte von Hyddenwelt liegt«, sagte Feld, dessen Maske soldatischer Nüchternheit plötzlich einem jungenhaften Grinsen wich, »aber wenn mich meine Ortskenntnis nicht täuscht ...«
    Er flitzte abermals nach oben, schaute sich um, kam wieder herunter, eilte weiter, bog um eine Ecke und steuerte auf die Öffnung eines großen Kanalrohrs zu, das ein Eisengitter gegen Tiere – und offenbar auch Hydden – schützte.
    »Wir sind fast da! Warten Sie hier ...«
    Er hastete die mit Gras und Sträuchern bewachsene Böschung hinauf und verschwand.
    Fünf Minuten später vernahmen sie das Geräusch hallender Schritte, und Feld erschien auf der anderen Seite des Gitters.
    »Manche Dinge ändern sich nie«, sagte er. »So war das hier schon vor zwanzig Jahren!«
    Er fasste nach oben, dann an die Seiten und löste irgendwelche Muttern.
    Das Gitter kippte so weit nach hinten, dass sie hätten hineinschlüpfen können. Aber das ließ er nicht zu.
    Stattdessen kam er heraus.
    »Das ist nicht Brum«, sagte er. »Wenn Sie da hineingehen, ohne sich auszukennen, verlieren Sie

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