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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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mochte.
    »Meine ersten Tomaten«, sagte Arthur.
    »Die sind ja noch grün, mein Lieber.«
    »Müsliriegel«, sagte Katherine.
    »Die bleiben mir zwischen den Zähnen hängen«, beschwerte sich Arthur.
    »Sandwiches mit Käse und Chutney.« Margaret wickelte sie in Alufolie ein.
    »Matschige Dinger«, sagte Katherine.
    »Ich weiß, Liebes, aber was soll’s.«
    Es war immer dasselbe mit ihren Picknicks. Die Geschmäckerwaren verschieden, es hagelte liebevolle Beschwerden, und am Ende wurde trotz des Genörgels alles weggeputzt.
    »Du wirst nicht zu Fuß gehen«, sagte Arthur.
    »Doch«, erwiderte Margaret. »Ich mag müde sein und Schmerzen haben, aber ich werde zu Fuß gehen, wie ich es immer getan habe. Du würdest es nicht anders wollen.«
    »Du solltest es lieber nicht tun«, sagte Katherine.
    »Ich muss aber, verstehst du, ich muss.«
    Sie gingen langsam, schlenderten beinahe, plauderten auf den geliebten alten Pfaden und freuten sich über das prächtige weiße Pferd. Eine müde alte Dame, ein rüstiger alter Herr und ihre Adoptivenkelin.
    Margaret war schlechter zu Fuß denn je und grau im Gesicht, Arthur fürsorglich, Katherine wachsam.
    Sie wussten, dass es das letzte Mal war. Jeder Schritt war beschwerlich, umso kostbarer jeder Augenblick. Eine alte Dame nahm Abschied von den Winkeln und Plätzen, den Wäldern und Zaunübertritten, den Brombeergestrüppen und Ginsterbüschen, die sie und ihr Mann immer geliebt hatten.
    »Katherine«, sagte Margaret irgendwann unvermittelt, »es war ein Segen, als du in mein Leben getreten bist. Trotz der schrecklichen Umstände warst du für mich ein Geschenk. Eines Tages wirst du verstehen, dass auch Judith ein Geschenk ist, trotz allem.«
    Irgendwie erreichten sie den Gipfel, und die Welt breitete sich sommerlich zu ihren Füßen aus. Sie legten sich ins Gras und lauschten dem Summen und Schwirren eines Julitags.
    »Englalond«, murmelte Arthur. »Würde ich Pfeife rauchen, würde ich mir jetzt eine anstecken.«
    »Ich bin froh, dass du es nicht tust, Liebling. Auch Jack ist ein Geschenk. Das Leben ist ein Geschenk. Jeder kostbare Augenblick.«
    »Ja.« Arthur legte seine faltige, sommersprossige Hand auf ihre.
    Jack, dachte Katherine, Jack ... wir beide haben einen sehr weiten Weg vor uns, um dorthin zu gelangen, wo sie jetzt sind. Aber wir haben den Anfang gemacht und können es versuchen. Komm zurück, mein Liebling, komm bald zurück.
    »Hört mal!«, sagte Margaret.
    Sie horchten.
    »Was?«
    »Ich dachte, ich hätte die Windspiele gehört.«
    »Und ich dachte, ich hätte Pferdegetrappel gehört«, sagte Katherine und setzte sich erschrocken auf. Pferdegetrappel am Himmel. Der Vorbote eines Gewitters.
    Der Rückweg gestaltete sich schwierig.
    Sie mussten Margaret beim Abstieg auf den steilen Stücken in die Mitte nehmen.
    »Oh je!«, sagte sie. »Früher waren meine Beine elegant, jetzt können sie mich nicht mal mehr tragen.«
    »Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass du zu Fuß gehst«, sagte Arthur, »aber ich konnte dir ja noch nie etwas abschlagen. Wie töricht. Wie dickköpfig.«
    »Wer?«, fragte Margaret. »Du oder ich?«
    »Ihr beide«, sagte Katherine.
    Mit Mühe über den Stacheldrahtzaun, dann um das Henge und nach einer kurzen Verschnaufpause bei den Windspielen über den Rasen zum Haus.
    »Ach, bin ich froh, wieder zu Hause zu sein«, sagte Margaret. »Helft mir in einen Sessel ... ja, hier im Wintergarten.«
    Das taten sie und sahen einander an, als sie saß.
    »Du bleibst bei ihr, Arthur, ich hole Tee.«
    Katherine fand, er sah niedergeschlagen und traurig aus, wohl weil er glaubte, dass dies ihr letzter Spaziergang mit Margaret gewesen war.
    »Hat es dir gefallen?«, hörte sie ihn fragen.
    »Sehr, mein Liebling«, antwortete Margaret. »So sehr.«
    Sie schlief, als Katherine wiederkam.
    »Sie wird eine Tasse trinken, wenn sie aufwacht«, sagte Arthur.
    Und so tranken sie leise ihren Tee und sahen schweigend zu, wie das Licht auf dem White Horse Hill mit dem aufkommenden Abend verblasste.
    Bei Einbruch der Nacht brachte Arthur Margaret hinauf in ihr Zimmer.
    Katherine blieb noch eine Weile im dunklen Wintergarten sitzen, aber sie fühlte sich ruhelos und unbehaglich.
    Draußen wehte ein garstiger Wind, und die Windspiele klimpertenunruhig. Sie ging durch den dunklen Garten. Bei den Koniferen blieb sie stehen. Sie trat nicht in das Henge.
    »Nie wieder«, flüsterte sie, »ich will nie wieder dorthin zurück. Hier ist mein Zuhause, hier ist meine

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