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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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Ich habe ihn zu Unrecht bezichtigt, sich mir gegenüber ungebührlich benommen zu haben. Genauer musste ich nicht werden.
    Mein Vater verurteilte ihn zum Tod auf dem Scheiterhaufen, und schlau, wie er war, zwang er mich, das Feuer eigenhändig zu entzünden und zuzusehen, wie er verbrannte. Sein Tod war der Beginn meines eigenen. Das Hinauszögern des Todes mithilfe des Steins war eine Folter. Die gerechte Strafe, glaube ich.«
    Blut wurde still, und seine Feder stockte.
    »Haben Sie Ihre Familie fortgeschickt?«
    »Sie reist morgen ab.«
    »Ein guter Zeitpunkt, Blut, ein sehr guter. Ich glaube, es wird hiersehr gefährlich.« Er lachte, ehrlich amüsiert. Blut verstand nicht, was so lustig war.
    »Hören Sie zu. Ich erhebe mich jetzt aus diesem Stuhl, solange ich noch kann. Er ist so bequem, dass ich wieder einschlafen und nie mehr aufwachen könnte.«
    Witold Slew tauchte aus dem Dunkel auf. Seine Wunden waren verheilt, und auch er sah gesünder aus, wie von einer Last befreit.
    »Herr«, sagte er, »Sie haben mich rufen lassen.«
    »Ja. Wem schuldest du Treue?«
    »Ihnen.«
    Der Kaiser schüttelte den Kopf. »Nein, du schuldest sie meinem Amt und somit dem Hof und dem Reich. Des Kaisers Wunsch ist dir Befehl, nicht wahr?«
    »Ja, Herr.«
    »Blut, Sie werden es bezeugen.«
    »Das werde ich.«
    »So holt mir eine Kerze, einer von euch, und steckt sie in einen Halter, damit sie nicht ausgeht.«
    Sie gehorchten.
    Er stand auf und deutete in die finstersten Winkel der Kammer.
    »Ich werde nun einen kleinen Spaziergang machen, und ich bezweifle, dass ich zurückkehren werde. Mein letzter Befehl, Slew, lautet, mir nicht zu folgen. Du wirst hierbleiben und dem dienen, dem du dienen musst. Ab sofort bin das nicht mehr ich, denn ich erkläre hiermit, dass ich nicht mehr Kaiser bin. So! Jetzt ist es heraus. Mehr gibt es nicht zu sagen.«
    »Herr ...«, sagte Slew.
    »Herr ...«, flüsterte Blut.
    »Ihr könnt mir glauben, es gibt nichts mehr zu sagen.«
    Er hielt die Kerze in die Dunkelheit. »Hört doch, der Regen! Ist er nicht schön? Aber worauf wartet ihr beide denn noch? Ihr habt zu arbeiten. Gehen Sie, Blut. Man erwartet Sie.«
    »Wer?«
    »Vayle, Schlotle, Quatremayne und ihre Gefolgsleute. Es gibt viel zu tun. Entscheidungen sind zu treffen. Aber von Ihnen, nicht von mir. Leben Sie wohl, Blut. Wir werden uns wiedersehen, aber dann bin ich vielleicht das, was ich eigentlich sein sollte – alt.«
    Er streckte ihm eine Hand hin, und Blut nahm sie verblüfft.
    Ein kräftiger Händedruck, selbstsicher, jugendlich.
    »Herr, bitte ...«
    »Leben Sie wohl, Blut.«
    Er wandte sich von ihnen ab.
    »Herr«, sagte Blut, »ich ...«
    Sinistral machte eine wegwerfende Handbewegung und sah sich nicht um.
    »Lauscht der musica«, hörten Sie ihn sagen, als er unter dem schützenden Baldachin hervor in den Regen trat. »Lauscht!«
    Blut sah ihm nach. Das Rad der Geschichte drehte sich weiter, eine Ära ging zu Ende.
    »Er scheint mir glücklicher zu sein als je zuvor«, sagte er.
    Krank im Geist oder gesünder als sie alle?
    Er wusste es nicht.
    »Kommen Sie, Slew, wir haben zu arbeiten.«
    Sie kehrten auf Ebene 2 zurück und fanden den Hofstaat und seine Beamten in den Trümmern der Großen Halle versammelt. Der Himmel blinzelte durch das offene Dach, und Möwen flogen kreischend oben in der Menschenwelt. Der Gestank war unerträglich. Müll lag auf dem Boden, und Ratten hielten Einzug.
    Der Thron stand, leicht versengt und schmutzig, noch an seinem Platz und war leer. Blut sah die anderen an, lächelte, zuckte mit den Schultern, als sei er überrascht, und nahm Platz.
    »Nun, meine Damen und Herren, haben wir einige Entscheidungen zu treffen.«
    »Schwierige Entscheidungen«, sagte Vayle.
    »Über meine Pensionierung«, sagte Schlotle, »sobald wir aus dem Gröbsten heraus sind.«
    »Und Sie, Quatremayne?«
    »Ich bin, mit Verlaub, der Meinung, dass sich im Großen und Ganzen nichts geändert hat, nur verzögert, das ist alles. Im Herbst sollten wir in Englalond einmarschieren und das sagenhafte Brum, wie es genannt wird, vernichten. Plündern. In Schutt und Asche legen.«
    Blut erwiderte nichts. »Schlotle?«
    »Er hat recht, Herr.«
    »Vayle?«
    »Eine kluge Entscheidung, der die Höflinge, wenn sie zurückkehren, zustimmen werden, Majestät.«
    Er wandte sich an Leetha, deren Augen gerötet waren. Sie hatte von Slaeke Sinistral bereits Abschied genommen, oder genauer gesagt, er von ihr.
    »Gnädigste?«
    »Verschonen Sie Brum,

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