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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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schienen.
    »Wenn Sie wieder wohlauf sind, Herr, und an den Hof zurückkehren, werden Sie feststellen, dass Sie einen neuen Schattenmeister haben. Sie werden nicht enttäuscht sein.«
    »Wie heißt er?«
    Blut hatte sich diesen Punkt genau für einen solchen Augenblick aufgespart.
    »Witold Slew.«
    »Das ist ja famos!«
    »Das will ich meinen, Herr.«
    Der Schattenmeister war der oberste Leibwächter und Knüppelträger der Kaisers. Bei offiziellen Anlässen in der Großen Halle auf Ebene 2 nahm er einen Platz vor dem Kaiser ein, als sein Hüter und Beschützer. Wenn der Anlass es erforderte, wurde er als Stellvertreter des Kaisers ausgesandt, um dessen Rechte im Zweikampf zu verteidigen und im Geheimen oder auf andere Weise als sein Bevollmächtigter zu handeln.
    Der Posten war nicht nur ehrenvoll, sondern musste auch im Kampf gegen den amtierenden Schattenmeister errungen werden. Errungen wurde er nur von den besten Knüppelmännern, wahren Meistern im Schattenkampf.
    »Slew! Der Erstgeborene meiner Liebsten!«
    »Ja, Herr, Ihre Hoffnungen haben sich erfüllt. Er hat Otta Kreche vor dem versammelten Hof in einem ehrlichen Kampf besiegt.«
    »Das will ich hoffen«, murmelte Sinistral.
    Kreche hatte ihm zehn Jahre lang als Schattenmeister gedient und vielen Herausforderungen getrotzt. Er und der Kaiser standen sich nahe.
    »Er hat Slew Loyalität geschworen und Ihnen seinen Treueid geleistet. Er genießt seinen Ruhestand.«
    »Ich habe nichts anderes erwartet.«
    »Er übt sich täglich und erzieht die Jungen.«
    »Auch das überrascht mich nicht. Ich freue mich sehr darüber und werde beide empfangen, sobald ich genesen bin. Nun aber zu meiner Liebsten ...«
    Blut seufzte und sagte entschuldigend: »Sie verspätet sich. Die Erde zürnt, wie wir inzwischen wissen. Es hat Erdbeben gegeben, und das Reisen ist schwierig.«
    »Aber sie ist unversehrt?«
    »Ich habe Kreche ausgesandt, sie zu holen. Da er nicht mehr Schattenmeister ist, hat er Zeit.«
    »Wäre ihr Sohn Witold Slew dafür nicht geeigneter gewesen?«
    »Sie mögen Mutter und Sohn sein, Herr, aber sie stehen nicht gut zueinander.«
    »Kreche kennt sie und mag sie, und er wird sie gesund und unbeschadet zu uns bringen.«
    »Eben darum.«
    Der Kaiser lachte und bekam einen wüsten Hustenanfall.
    »Sie ... sie ... kommt immer zu spät«, sagte er nach einer Weile und setzte hinzu: »Hoffen wir, dass sie rechtzeitig da ist, um mir zu helfen.«
    »Genau das habe ich zu ihr gesagt. ›Gnädigste‹, habe ich gesagt, ›so geht das nicht, Sie ...‹«
    Der Kaiser hob die Hand. »Sie haben sie gescholten?«
    »Ja.«
    »Das hat noch nie geholfen, aber trotzdem besten Dank. Sie wird kommen, wenn der Tod nach mir greift, und mich seinen Klauen entreißen. Das wusste ich von Anfang an.«
    »So ist es, Herr.«
    »So ist es.«

15
ENTSCHEIDUNG
    D rei Tage, nachdem seine Freunde unter so dramatischen Umständen erfahren hatten, dass er den Stein des Frühlings besaß, wurde Stort in Lord Festoons Amtssitz gegenüber der Hauptbibliothek bestellt. Brif, Pike und Barklice waren bereits dort, und andere folgten.
    Festoon empfing Stort freundlich. Er hatte rosige Wangen, und sein dunkles, silberweißes Haar war sorgfältig frisiert. Er trug eine wallende Seidenrobe und eine Amtskette, die halbkreisförmig auf seiner Brust lag.
    Ebenfalls anwesend waren Generalmajor Feld, ein grauhaariger Mann mittleren Alters und stellvertretender Militärbefehlshaber von Brum, sowie Hauptmann Backhaus, der junge Adjutant von Marschall Igor Brunte, welcher vor zwei Jahren den Putsch gegen die Fyrd angeführt hatte.
    Igor Brunte hatte sich als Letzter eingefunden. Er war Anfang dreißig und von untersetzter, kräftiger Statur. Sein Auftreten war herzlich und seine Miene freundlich, doch in seinen dunklen Augen lag ein bedrohliches Funkeln, und sein Gebaren vermittelte Macht und Selbstbewusstsein.
    Er war für den Dienst in der Fyrd ausgebildet worden, stammte ursprünglich aus Polen und entsprach mit seiner gleichmütigen Haltung, dem kräftigen Kinn und seinem entschlossenen Blick ganz dem Bild, das Stort von Hydden aus Osteuropa hatte.
    Festoon forderte sie auf, Platz zu nehmen. Während sie es sich in seinem großen, eleganten Salon in Sesseln bequem machten, wurden Erfrischungen gereicht oder auf einem Tisch bereitgestellt.
    »Es gibt viel zu besprechen«, sagte er. »Deswegen habe ich alle hier zusammengerufen, die, wie ich glaube, Nützliches beizutragen haben. Hier sind wir ungestört,

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