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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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Wind. Du wirst es eines Tages finden müssen.«
    »Warum, mein Kaiser?«
    »Das wirst du erst erfahren, wenn du es gefunden hast, genau wie ich. Um deinetwillen hoffe ich, dass es dann nicht zu spät ist. Nimmst du den Befehl deines Kaisers an?«
    »Ja. Was ist das für ein Gegenstand, den ich Ihnen bringen soll?«
    »Nichts Besonderes, nur ein kleiner Stein, mehr nicht. Blut wird es dir erklären. Er kennt sich mit solchen Dingen aus. Er hat sich gründlich damit beschäftigt ... Vertraue ihm, so wie ich es tue.«
    Kaum war Slew fort, kam Leetha aus dem Versteck, in dem sie gelauscht hatte.
    »Ich mag ihn, mein Liebes.«
    »Ich nicht.«
    »Das kommt noch, Leetha. Nun aber zu deinem anderen Sohn, mit dem du hochschwanger warst, als ich meinen letzten Schlaf angetreten habe. Wie geht es ihm?«
    »Hat Blut dir das nicht gesagt? Ich habe ihn weggegeben, zu seinem eigenen Besten. Er ist fort. Du hättest ihn nicht gemocht.«
    »Warum nicht?«
    »Du liebst das Vollkommene, und er war ein Riesengeborener. Die Fyrd hat uns verfolgt, denn du warst ja nicht da, um mich zu schützen, und Blut besaß damals noch keine Macht. Sie hätten ihn getötet.«
    »Wie heißt er?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Liebste ... was hast du?«
    Sie vergrub das Gesicht an seiner schwachen Brust. Er hob langsam die Hand und streichelte ihr Haar. Seinen eigenen Schmerz konnte er weit besser ertragen als ihren.
    »Was hast du?«
    Sie weinte.
    »Mein Liebes, was ist?«
    »Ich vermisse ihn, er war so schön. Ich habe weggegeben, was mir am teuersten war. Ich habe ihn zu sehr geliebt.«
    Er seufzte, geschwächt von dem Bemühen, auf ihre Tränen einzugehen.
    »Witold weiß es, daher sein Groll. Aber ... was soll eine Mutter tun? Seien Sie dankbar, Herr, dass ich die Einzige bin, um die Sie sich sorgen müssen.«
    »Leetha, geh jetzt ... Wenn ich morgen den Stein halten soll, muss ich heute noch einmal schlafen.«
    »Haben Sie keine Angst.« Sie blickte liebevoll auf ihn hinab und küsste ihm den geschundenen Kopf.
    Doch er schlief nicht, und sie ging nicht fort.
    Leetha sorgte sich so sehr um den Seelenzustand des Kaisers, dass sie in einem der kalten, feuchten Quartiere, die Blut neben der Schlafkammer eingerichtet hatte, auf einem Strohsack döste. Blut selbst schlief im Raum nebenan. Alle Türen standen offen. So konnten sie alles hören, das Murmeln des Kaisers in der Dunkelheit, seine Schreie im Regen, seine Seufzer, seinen Schmerz.
    »Blut!«
    Sie weckte ihn aus dem Schlaf.
    »Gnädigste?«
    »Er will etwas, das wir ihm nicht geben können.«
    Sie war auf gewesen und hatte beim Kaiser gesessen. Er hatte zu ihr gesprochen und eine Bitte geäußert.
    Zusammen mit Blut eilte sie jetzt wieder zu ihm.
    »Ich fürchte, mir ist zu wenig Kraft geblieben, um die versengenden Kräfte des Steines zu überleben, Blut, und ich fürchte, ich werde die Welt nie wieder sehen. Ich war zu lange in dieser Dunkelheit, die weder Tag noch Nacht kennt.«
    »Herr«, flüsterte Leetha, »Sie müssen nur noch einige Stunden aushalten, bis wir beginnen können. Die Übriggebliebenen gehen die Dinge bedächtig an und werden erst dann so weit sein.«
    Er ergriff ihre Hand, schüttelte den Kopf und weinte.
    »Ist es oben Nacht?«
    »Ja, aber ...«
    »Ich möchte die Sterne sehen.«
    »Wir können Sie nicht nach oben bringen, Herr«, sagte Blut. »Das wäre Ihr Tod.«
    »Wenn ich die Sterne nicht sehen kann, wann ich will, wozu bin ich dann Kaiser?« Der Kaiser von Hyddenwelt stöhnte unter Qualen. »Ich ... möchte ...«
    Leetha fasste einen Entschluss.
    »Blut, holen Sie Kreche«, sagte sie. »Schnell!«
    »Herr ... Gnädigste!«
    »Helfen Sie mir, Blut. Morgen kann ich sterben. Heute Nacht ... möchte ... ich ...«
    »Liebster Herr«, sagte Leetha, streichelte ihm die ausgezehrte Wange, wischte ihm den sabbernden Mund und die triefenden Augen, »es ist gut. Wir bringen Sie hin, wohin Sie müssen. Ich werde Ihnen Kraft für morgen geben.«
    Otta Kreche, als Schattenmeister des Kaisers aus dem Dienst geschieden, doch immer noch sein Freund, wurde von Blut in die Kammer geführt.
    Er war ein Hüne von einem Hydden, alt geworden zwar, doch immer noch stark, mit Armen und Beinen wie die Äste einer Eiche.
    Er hatte seinen Herrn viele Male krank gesehen, aber nie zuvor so schwach wie jetzt. Bei seinem Anblick musste er weinen.
    »Mein Freund«, sagte Sinistral, »ich möchte die Sterne sehen.«
    Kreche, der Vater und Großvater war und sanft zu sein verstand,beugte sich vor und

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