Das Erwachen
Missgestimmtheit hielt an. Ein Lagerfeuer hatten sie, auch heißen Met, doch ein Gespräch kam nicht in Gang.
Gleichwohl zog sich Barklice nicht zurück und schien, soweit Stort es beurteilen konnte, froh, als sich der Freund den Becher aufs Neue mit Met füllen ließ. So gerne wollte Stort reden, wollte etwas sagen, brachte aber nichts über die Lippen. Als der Wind auffrischte und die eindringlichen Klänge der Bilgenermusik an ihre Ohren trug, hatte Stort den Eindruck, sein Freund stiere voller Wehmut in die Flammen.
»Ich glaube«, sagte er ruhig und in der Hoffnung, Barklice dazu zu bewegen, ihm den Grund seines offensichtlichen Kummers anzuvertrauen, »oder vielmehr, ich habe gehört, Paley’s Creek soll weniger ein Ort sein als vielmehr eine Idee ... Vielleicht haben Sie ja das gemeint, und ich entschuldige mich dafür, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe, als Sie sagten ...«
Barklice stand auf. »Lassen Sie es genug sein, Stort. Lassen Sie es dabei bewenden, seien Sie so gut.«
Stort sah zu, wie sein Freund sich ein Stück vom Feuer entfernte, dann stehen blieb, zu den Sternen blickte und der Musik lauschte.
»Barklice, ich ... Sie ...«, versuchte er es noch einmal.
»Ich gehe schlafen«, sagte Barklice. Stort war, als hätte er noch nie so niedergeschlagen, nie so traurig geklungen.
Am nächsten Morgen schien die Sonne, und die grüne Straße, die aufgeweicht und unwegsam gewesen war, trocknete und ließ sich wieder gut begehen.
Sie begegneten keinen Reisenden mehr, sahen aber in der Ferne weitere Bilgener, die vom Weg abbogen. Barklices Trübsinn schien mit dem Sommerwind zu verfliegen, und seine Stimmung hellte sich auf.
Ein paar Meilen zu ihrer Linken, hinter den von Hecken und Gräben durchzogenen Feldern, auf denen bereits junger Mais und Weizen sprossen, erhoben sich die Kreidehügel.
»Bald kommt Uffington Hill in Sicht«, sagte Barklice vergnügt. »Ein Dutzend bequeme Wege führen von hier nach Woolstone am Fuß des Hügels. Wir werden den nehmen, der uns am besten gefällt.«
Kirchenglocken läuteten in einem Dorf, Hunde bellten in einem anderen, und auf einem Weg, der breiter war als ihrer, holperte ein Traktor mit gelbem Anhänger vorüber.
»Im Sommer blühen die Menschen auf«, sagte Stort. »Hier machen sie sich wegen Erdbeben und dergleichen nicht so große Sorgen wie die Leute in Brum.«
Bald tauchte Jacks und Katherines Dorf in der Ferne auf, und sie näherten sich von Süden dem Baumhenge im großen Garten von Woolstone House. Bald darauf passierten sie das Wäldchen, in das Brif, Stort und Pike mit Jack geflüchtet waren, nachdem dieser vergeblich versucht hatte, Katherine vor den eisigen Schatten der Fyrd zu retten.
Stort musste daran denken, was Jack, und Barklice, was Brif darüber berichtet hatte.
»Wie schnell sich die Dinge ändern«, sagte Barklice. »Noch nicht einmal ganz zwei Jahre ist es her, da hat der heutige Generalmajor Feld auf Bruntes Befehl Katherine aus Woolstone entführt und versucht Jack umzubringen. Und jetzt sind wir als Gesandte hier, um mitden beiden zu verhandeln und Jack dazu zu bewegen, nach Brum zurückzukehren und Katherine zu verlassen. Was meines Erachtens etwas viel verlangt ist.«
»Was für eine verrückte Welt«, erwiderte Stort. »Sie können sich glücklich schätzen, damals nicht dabei gewesen zu sein, obwohl ich gestehen muss, dass es ein prächtiger Anblick war, wie Jack Brifs Amtsknüppel geschwungen hat. Einfach vortrefflich. Ich war froh, dass ich ihm nicht in die Quere gekommen bin ... Wie lange das zurückzuliegen scheint. Und was seitdem nicht alles geschehen ist!«
Er schlüpfte unter dem Stacheldrahtzaun hindurch, der die einzige Begrenzung des Gartens darstellte, und nach wenigen Schritten standen sie mitten in dem Henge, das Stort noch gut in Erinnerung hatte.
»So, ich habe sie wohlbehalten hergebracht, Stort. Was nun? Die Kontaktaufnahme mit den Menschen fällt wohl eher in Ihr Gebiet. Ich für meinen Teil halte es für ein kitzliges Geschäft und überlasse es daher Ihnen, den besten Weg zu finden.«
Während Barklice in der Nähe das Lager aufschlug und einen Trunk bereitete, erkundete Stort die andere Seite des Henges, von wo er einen Blick auf den Hauptteil des Gartens und das Haus hatte.
Die Tür des Wintergartens stand offen, aber Menschen waren nicht zu sehen. Er verweilte länger, als er sollte, genoss den Nachmittag und lauschte, wie schon bei seinem ersten Besuch, den Windspielen. Etwas
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