Das Erwachen
seiner Ruhe stören.«
Das Lob auf ihren Herrn schmeichelte Cluckett und nahm sie noch etwas mehr für Slew ein.
»Wir sind nur Pilger, die Brum besuchen, um ...«
»Wir?«, fragte Cluckett. »Ich sehe nur Sie.«
»Sie sind verletzt«, erklärte er, »wären um ein Haar getötet worden. Meine Mitbrüder wurden auf dem Weg nach Brum hinterrücks überfallen. Nein, wir suchen nach einer Unterkunft, und ich weiß mir nicht anders zu helfen, als von Tür zu Tür zu gehen und, so aussichtslos es auch erscheinen mag, darauf zu hoffen, dass sich ein weiches Herz unserer erbarmt und ...«
Cluckett maß ihn mit prüfendem Blick und fand Gefallen an ihm.
Dunkles Haar, stark, bescheiden, womöglich gebieterisch.
»Wüssten Sie jemanden hier im Viertel, der uns helfen könnte?«, fragte er und trat, den Blick kühn auf sie gerichtet, näher.
»Nun ja, ich ... hier selbstverständlich nicht ...«
Er spähte an ihr vorbei in Storts Haus. Alles blitzsauber, selbst die Bücher am Ende des Korridors standen ordentlich in Reihe wie eine Abteilung Fyrd beim Appell.
»Verzeihen Sie, aber ich muss gestehen, ich bin beeindruckt ...«
Damit ging er einen Schritt zu weit, aber durchaus mit Absicht.
Sie verengte den Türspalt nur wenig, denn seine Worte hatten ihre Neugier geweckt.
»Beeindruckt wovon?«
»Von den Büchern, ihrer Ordnung. Ich mag es gern, wenn es ordentlich ist. Viele andere nicht.«
»Ach«, sagte Cluckett leise, ohne recht zu wissen, warum, »nun ich glaube, Sir ...«
»Bruder«, schnurrte er. »Was glauben Sie, barmherzige Schwester?«
»Cluckett genügt, Sir, barmherzige Schwester ist nicht nötig. Ich habe mir gerade überlegt, ob meine Nachbarin, die allein lebt und schon etwas älter ist, nicht vielleicht bereit wäre ... wenn ... Wie viele sind Sie denn?«
»Zu viele, fürchte ich. Sieben insgesamt. Fünf Männer, mich eingeschlossen, und zwei Frauen.«
»Wären Sie bereit, sich die Zimmer zu teilen?«
»Aber gewiss.«
»Ich könnte ja mal mit ihr reden ... Ihr Haus hat früher eine Werkstatt beherbergt und ist größer, als es von außen den Anschein hat. Sie hat früher schon Pilgergruppen aufgenommen und könnte das Geld gebrauchen.«
»Wir werden uns nicht lumpen lassen und keine Unannehmlichkeiten bereiten.« Groß und stark stand er vor ihr.
Ihr Busen wogte.
»Kommen Sie später wieder«, sagte sie.
»Das werde ich, barmherzige Schwester Cluckett. Vielen Dank.«
So kam es, dass Slew sich einen Weg in Storts Nachbarhaus erschlich. Die Gruppe, deren Anführer er nun de facto war, zog mit all der Höflichkeit und Schicklichkeit, die sie aufzubringen vermochte, dort ein, nachdem die Miete im Voraus entrichtet worden war. Storts Nachbarin war gleichermaßen nervös wie entzückt, und Cluckett ging unablässig ein und aus, um zu sehen, wie sich die Dinge anließen und ob sie sich nützlich machen konnte.
Nur zwei Abende später luden die Frauen der Gruppe auf Slews Drängen zu einem Festessen, um sich bei Cluckett und ihrer Gastgeberin, bei Slew und dem Leben im Allgemeinen dafür zu bedanken,dass sie mehr oder weniger unbeschadet in Brum angekommen waren. Inzwischen hatten sie auch die Stätte besichtigt, an der einst Beornamunds Schmiede gestanden und Master Stort angeblich den Stein ausgegraben hatte. Alles war gut, und der Met floss in Strömen.
Slew saß neben Cluckett, legte ihr vor und schenkte ihr nach. Er war beeindruckt von ihrer Diskretion, was Stort anbelangte, dennoch fand er genug heraus, was seine finsteren Pläne beförderte.
So erfuhr er, dass Stort nach seiner Rückkehr in die Stadt abgesehen von einer wichtigen Zusammenkunft mit dem Hochaltermann und anderen nur einen einzigen Besuch getätigt habe. Nach diesem Besuch sei ihm sichtlich »leichter ums Herz« gewesen.
»Und wohin hat ihn dieser Besuch geführt?«
»In die Bibliothek«, antwortete sie, »wie zu erwarten war. Bald darauf ist er wieder auf Reisen gegangen.«
»Wohin denn diesmal?«, fragte Slew in scherzhaftem Ton.
»Das hat er nicht gesagt«, antwortete sie, aber das bekümmerte Slew nicht.
Er glaubte nun zu haben, was er am dringendsten benötigte, nämlich einen Hinweis auf den möglichen Verbleib des Steins. Keinen guten, aber einen, dem nachzugehen sich lohnte. Stort war nicht nach Brum gekommen und hatte für helle Aufregung gesorgt, um dann mit dem Stein in der Tasche wieder abzureisen, nachdem er ihm von den Stadtoberen (wie wohl zu Recht gemunkelt wurde) beinahe abgenommen worden war.
Nein,
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