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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Vorbereitungen unterbrechen, das Konklave verschieben und die Medien informieren.«
    Wortlos holt Kardinal Camano einen Umschlag aus der Tasche seiner Soutane und reicht ihn unauffällig dem Protonotar. Er enthält drei in der Nähe von Perugia aufgenommene Fotos: ein von Weinfeldern umgebenes altes Bauernhaus, eine junge Frau und drei Kinder, alle gefesselt und geknebelt, drei Männer mit Kapuzen, die mit angelegten Gewehr auf sie zielen.
    »Wer sind diese Leute?«, fragt der Protonotar flüsternd.
    »Meine Nichte und ihre Kinder. Mit Sicherheit handeln die Mordgesellen im Auftrag des Schwarzen Rauchs. Die meisten Teilnehmer am Konklave haben eine solchen Umschlag bekommen. Außer den Fotos enthält er die Mitteilung, dass man ihnen nach Beginn des Konklaves sagen wird, wen sie zu wählen haben.«
    »Ist Ihnen klar, was das bedeutet?«
    »Selbstverständlich. Es bedeutet, dass unsere Angehörigen auf der Stelle umgebracht werden, wenn jemand die Medien oder die Behörden informiert.«
    »Und was kann man tun?«
    »Wir müssen das Konklave abwarten. Wenn wir erst einmal alle eingeschlossen sind, wird sich der Kandidat des Schwarzen Rauchs zu erkennen geben müssen. Dann werden wir sehen, was man unternehmen kann.«
    Mit einem Mal ertönt die Totenglocke von Sankt Peter. Die Kurienkardinäle kehren in die Basilika zurück. Über dem Petersplatz dröhnt das Glockengeläut und lässt die Herzen der Andächtigen zittern, die zu Tausenden unbeweglich im Nieselregen ausharren. Dann weicht die Menge auseinander, um die Kardinäle durchzulassen, die sich in doppelter Reihe zum Konklave begeben: hundertachtzehn purpurrot gekleidete Kirchenfürsten, die auf dem Weg zur Sixtinischen Kapelle, in der schon bald die Wahl des nächsten Papstes beginnen wird, schweigend das Tor zum Vatikan durchschreiten. Anschließend werden Schweizergardisten dies Tor verschließen.

12
    Ein Rütteln. Der Geländewagen ist auf einen unbefestigten Weg eingebogen, der mitten in einen Wald von Schwarzkiefern führt. Maria öffnet die Augen und sieht, wie der Mond allmählich verschwindet, während das Fahrzeug ins Gehölz eintaucht. Sie streckt sich.
    »Wo sind wir?«
    »Bald da.«
    Mit einem Auge auf dem Bildschirm des Navigationsgeräts und dem anderen auf dem von Schlaglöchern übersäten Weg, der im Licht der Scheinwerfer auf und ab tanzt, fährt der Priester dem Ziel entgegen. Von Zeit zu Zeit bremst er, um zu lesen, was auf den hölzernen Wegweisern steht, dann gibt er wieder so heftig Gas, dass der Schlamm unter den Rädern hervorspritzt.
    Drei Kilometer weiter hält er vor einem Gewirr wilder Brombeerhecken an. Er stellt den Motor ab und zeigt auf einen Pfad. »Da ist es.«
    Maria steigt aus. Es riecht nach Moos und Moder. Sie folgt Carzo an eine Stelle, an der sich das Rankengewirr öffnet. Nicht der leiseste Windhauch ist zu spüren. Man hört kein Geräusch. Es kommt ihr vor, als sei die Luft dort sauberer und frischer.
    Eine Lichtung, auf die der Schein des Vollmonds fällt. Der Boden, der sich anfangs geneigt hatte, wird eben. Jetzt erreichen sie einen baumlosen Felsvorsprung. Man sieht die von Efeu überwucherten Mauerreste des einstigen Augustinerinnenklosters. Offensichtlich war es eine kreisrunde Festung, in deren Mitte ein ebenfalls runder Hof lag. Einige verfallene Nebengebäude sind noch zu sehen.
    »Hier ist es.«
    »Ich weiß.«

13
    »Der Papst soll durch eine Verschwörung satanistischer Kardinäle umgebracht worden sein? Bist du bekifft, oder was?«
    Valentina Graziano befeuchtet ihre Lippen mit dem Kaffee, den Hauptkommissar Pazzi vor sie hingestellt hat. Sie nimmt einen Schluck und spürt dankbar die Wärme des Getränks bis hinab in ihren Magen. Dann legt sie Ballestras Diktiergerät auf den Schreibtisch vor sich und drückt auf die Abspieltaste. Während sich Pazzi auf seinem Stuhl zurücklehnt, um zuzuhören, schließt sie die Augen und durchlebt noch einmal die letzten Stunden, die sie fast das Leben gekostet hätten …
    Als Marios Mörder auf sie zukommen, findet sie, obwohl anfangs vor Angst wie versteinert, die Kraft zu fliehen. Die Umgebung des Pantheons ist menschenleer. Sie biegt in Richtung auf den Trevi-Brunnen ab, in der Hoffnung, dort auf einen Zug von Trauernden zu treffen, der es ihr ermöglicht, die Verfolger leichter abzuschütteln. Doch auf dem Platz ist so gut wie niemand. Sie stößt einen Verzweiflungsschrei aus, als sie sieht, dass die Mönche immer noch weniger als fünfzig Schritt hinter ihr sind,

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