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Das Evangelium nach Satan

Das Evangelium nach Satan

Titel: Das Evangelium nach Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Im Inneren ist es so kalt, dass sein Atem sogleich kondensiert. Er bläst sich auf die Finger, um sie zu wärmen, und folgt einem Gang, der sich in die finstere Tiefe neigt. Nach wenigen Schritten trägt ihm ein eiskalter Luftstrom die Worte zu, die ihm Alameda vom Eingang aus nachruft: »Gott ist in der Hölle, Carzo! Er gebietet den Dämonen und den Seelen der Verdammten. Er gebietet den Geistern, die in der Finsternis umherirren! Das habe ich gesehen, als mich das Böse berührt hat! Alles ist falsch. Alles, was man uns gesagt hat, ist falsch. Man hat uns belogen, Carzo! Sie genauso wie mich!«
    Das Echo von Alamedas heiserer Stimme hallt noch lange im Inneren der Erde nach. Dann umgibt erneut Stille den Exorzisten, der mit erhobener Fackel voranschreitet.

6
    Durch die abgedunkelten Seitenscheiben der Chauffeur-Limousine des FBI sieht Maria die Straßen Bostons vorüberziehen. Die Menschen eilen über die Gehwege, um möglichst rasch dem eiskalten Regen zu entgehen.
    »Wohin fahren wir?«
    Sie bekommt keine Antwort. Als sie sich umdreht, sieht sie im Schein der Fondbeleuchtung Stuart Crossman, den Direktor des FBI. Sein Gesicht ist bleich, wie bei Menschen, die sich nur selten im Freien aufhalten. Er ist mittelgroß, hat schmale Hände und regelmäßige Gesichtszüge. Er entspricht in keiner Weise dem Athletentyp, wie ihn die Bundespolizei bei ihren Einstellungen bevorzugt, aber ein Blick in seine kalten schwarzen Augen genügt, um sein Äußeres zu vergessen. Er hält gerade ein winziges digitales Diktiergerät ans Ohr und hört sich den Bericht über die Autopsie der Leiche Kalebs an. Als er sich entschließt, Maria zu antworten, tut er das mit so leiser Stimme, dass es scheint, als spreche er mit sich selbst.
    »Zum Flughafen. In zwanzig Minuten geht eine Maschine der United nach Denver.«
    »Und was soll ich um diese Jahreszeit in Colorado? Etwa Lawinen fotografieren?«
    Crossman öffnet eine Akte und sieht flüchtig hinein. Dann richtet er seinen eisigen Blick auf Maria: »Die vier jungen Frauen, die der Mörder von Hattiesburg umgebracht hat, waren Nonnen im Dienst einer der geheimsten Kongregationen der katholischen Kirche. Der Vatikan hatte sie beauftragt, eine Serie von Morden aufzuklären, zu denen es in verschiedenen Klöstern hier auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten gekommen ist.«
    »Soll das ein Scherz sein?«
    »Sehe ich so aus?«
    »Wollen Sie damit sagen, das waren Nonnen in Zivil mit als Rosenkranz getarnten Würgschlingen und einer Wumme in der Handtasche?«
    »So ungefähr.«
    Nach kurzem Schweigen fährt Crossman fort: »Ich habe heute Morgen den Kardinalerzbischof von Boston telefonisch um Einzelheiten gebeten. Er hat mich mit der Erklärung abgefertigt, der Heilige Stuhl sei niemandem Rechenschaft schuldig, und außerdem verfüge der Vatikan als souveräner Staat über seine eigene Polizei.«
    »Und was ist mit den Morden, denen diese religiösen Geheimagentinnen des Vatikans auf die Spur kommen sollten?«
    »Während Sie es sich im Krankenhaus gemütlich gemacht haben, haben wir die Motelzimmer und die heruntergekommenen Mietwohnungen durchsuchen lassen, in denen sich die vier jungen Frauen nach ihrer Ankunft in Hattiesburg eingemietet hatten. Wir haben dort Computer nach dem neuesten Stand der Technik gefunden, Berge von Karten aller Länder dieser Erde und Unmengen von Zeitungsausschnitten. Den auf den Festplatten enthaltenen Informationen konnten wir entnehmen, dass die vier Nonnen seit Monaten hinter Kaleb her waren. Miteinander Kontakt gehalten haben sie über Kleinanzeigen – teils in Lokalzeitungen, teils in der überregionalen Presse, je nachdem, wo sie sich gerade aufhielten. Auf diese Weise sind sie einander von einem Land zum anderen gefolgt und konnten sich treffen, wann immer es nötig war.«
    »Wieso Zeitungsanzeigen, wenn sie mit ihren hochmodernen Computern ins Internet hätten gehen können?«
    »Das will ich Ihnen sagen …«
    Wieder eine Pause.
    »Eine der letzten Anzeigen, die wir gefunden haben, hat Mary-Jane Barko vor einigen Wochen im Boston Herold aufgegeben. Sie ist nur kurz und war zwischen den Kontaktanzeigen und den Stellenanzeigen versteckt.«
    »Und was stand darin?«
    Crossman entnimmt der Akte ein Blatt und liest vor: »Ihr Lieben, ich denke, dass ich unseren Opa in Hattiesburg, Maine, gefunden habe. Kommt möglichst schnell. «
    »Opa?«
    »Der Codename der vier für Kaleb. Auf diese Mitteilung hin sind die anderen gekommen.«
    »Und dann?«
    »Bei

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