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Das ewige Leben

Das ewige Leben

Titel: Das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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zerrissen hat. Dann wieder gespenstisch und tonlos in Zeitlupe. Wie der Brenner durch die Scheibe herausspritzt, sich irgendwie noch abfangen kann und nach ein paar Stolperschritten direkt vor dem Wiener Trainer zu liegen kommt.
    Der Tomas hat es immer noch nicht glauben wollen. Er hat sich immer noch eingeredet, dass die Drogen aus irgendeinem Winkel in seinem Hirn zurückgekommen sind, und er hat immer noch gehofft, dass sie bald wieder verschwinden. Weil zwei Bekannte aus vollkommen unterschiedlichen Bereichen seines Lebens im Fernsehen, das hätte er noch verkraften können, aber die beiden haben sich so wahnsinnig erschrocken angeschaut, wie es in der Wirklichkeit nicht vorkommt.
    Sicher, der Trainer hat immer so erschrocken geschaut, die Augen von dem dürften das rein aus Gewohnheit so gemacht haben. Aber der Brenner hat nicht einmal so erschrocken geschaut, wie er aus dem Koma aufgewacht ist. Dieser Schreck in den Augen vom Brenner hat den Tomas so mitgenommen. Er hat ja nicht wissen können, dass der Brenner vom Anblick des Trainers so schockiert ist, weil es das Gesicht war, zu dem auch der tote Köck aufgeblickt hat, quasi Todesengel.
    Und sogar die beiden zu Tode erschrockenen Blicke hätte der Tomas vielleicht noch irgendwie wegstecken können, ohne dass er Zuflucht gesucht hätte bei der Hoffnung, es hat mir die Drogen wieder heraufgespült. Aber das Messer war ihm einfach zu viel. Und sogar dass dem Brenner ein Messergriff aus seinem Handrücken gestanden ist, hätte er vielleicht irgendwie verkraften können. Aber jetzt haben sie immer wieder und immer wieder in Zeitlupe gezeigt, wie der Brenner sich vor dem Austria-Wien-Trainer langsam das Messer aus der Hand zieht.
    Aber interessant. Dieses Bild haben sie nur noch in Zeitlupe wiederholt, nie zwischendurch in Originalgeschwindigkeit, wahrscheinlich, weil es kein besonders interessantes Geräusch erzeugt, wenn du dir ein Messer aus der Hand ziehst, das schmatzt ja nicht weiß Gott wie aufregend.
    Trotzdem ist dem Tomas bei der fünften oder sechsten Wiederholung so schlecht geworden, dass er richtig erleichtert war, wie die Stadionpolizisten den Brenner endlich abgeführt haben.
    Die Polizisten haben den Tomas wieder beruhigt. Wie die Polizisten den Brenner gepackt haben, hat der Tomas es endgültig geglaubt, dass er nicht den Verstand verloren hat, sondern dass er das wirklich gerade im Fernsehen gesehen hat. Er hat den Fotoapparat geschnappt, und obwohl er so weiche Knie gehabt hat, als wäre er selber durch eine Scheibe gesprungen, war er zehn Minuten später schon vor dem Schwarzenegger-Stadion.
    Pass auf, der Tomas hat sich gedacht, die haben garantiert im Stadion eine Zelle für randalierende Zuschauer, und vielleicht kann ich den Brenner irgendwie erwischen und ihm das Foto zeigen. Weil er war jetzt auf einmal sicher, dass der Brenner ohne das Foto nicht mehr lange leben wird.
     

14
    Der Brenner ist in dem bequemen BMW-Beifahrersitz gesessen und hat versucht, nichts voll Blut zu machen. Weil die Scheibe natürlich. Und das Messer natürlich. Aber ob du es glaubst oder nicht, am schlimmsten ist dem Brenner vorgekommen, dass sein Aug wieder schlechter geworden ist.
    Er hat Angst gehabt, dass der Sprung durch die Scheibe womöglich für seine Operationsnarbe schlecht war. Weil ein Prozent Rotstich auf seinem linken Aug war das garantiert nicht mehr. Zehn, zwanzig Prozent mindestens. Möglicherweise hätte er doch noch länger Ruhe geben müssen. Dass der Professor Hofstätter eben doch Recht gehabt hat mit seiner Warnung.
    Vielleicht kennst du das auch, wenn man so eine diffuse Sache hat. Das nimmt man oft wichtiger als ein paar Glassplitter im Gesicht, wichtiger als eine Stichwunde in der Hand. Es ist nur eine Kleinigkeit, vielleicht nur Einbildung. Aber gerade dadurch bedrohlich. Weil es könnte auch tödlich sein. Es könnte bei dem Sprung durch das Fenster nicht nur das Glas zersplittert, sondern auch die Naht hinter dem Aug wieder aufgegangen sein. Und eine dünne Scheibe ist das nicht gewesen, durch die der Brenner gesprungen ist, sondern eben schon eine Scheibe, wo man sagen muss, gerade dass er nicht abgeprallt ist.
    »Du weißt ja, was es bedeutet, wenn ein Kripomann sich mit einem Spitzel sehen lässt«, hat der Major Heinz gesagt, während er den BMW gewendet hat.
    »Dass es sich um einen Ex-Spitzel handelt«, hat der Brenner gesagt und dabei geradeaus geschaut, weil lieber nicht den Heinz anschauen. Lieber die Augen

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