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Das ewige Leben

Das ewige Leben

Titel: Das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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den Zitronenlikör, die hat ohne den Zitronenlikör den Optimismus verloren, aber mit Zitronenlikör Eins-a-Optimistin. Und da hat ihr die Soili jeden Tag ihre Flasche Zitronenlikör vorbeigebracht, weil das war eine Abmachung zwischen den beiden, die Soili hat gesagt, ich bring dir den Likör, dafür rührst du das Flaschenlager im Pasolini nicht mehr an.
    »Trinken Sie noch einen«, hat die Frau Marie zum Brenner gesagt. »Sie brauchen nicht sparen. Ich kann uns auch noch eine Flasche aus dem Lokal heraufholen.«
    »Das Lokal gehört eigentlich Ihnen, oder?«, hat der Brenner gesagt.
    »1976 hab ich es aufgesperrt«, hat sie stolz gesagt. »Die Banken wollten mir damals nicht einmal einen Kredit geben.«
    Der Brenner hat genickt. Kein Wunder, dass er sich nicht an das Lokal erinnert hat, er war in dem Jahr schon weg aus Graz, weil weite Welt, Linz, Salzburg, alles. Aber an das andere hätte er sich natürlich schon erinnern können. Wo die Melodie ihn schon die ganze Zeit mit der Nase draufgestoßen hat.
    »Vorher war ich Kellnerin im Puntigamer Braugasthaus. Bevor ich die Soili gekriegt habe.«
    Gepfiffen hat er jetzt aber nicht. Lieber hätte er sich die Zunge abgebissen, als jetzt seinem Unbewussten diesen Gefallen zu tun.
    »Ah«, hat der Brenner stattdessen gemacht, aber das war kein richtiger Laut, mehr so ein besseres Räuspern, mehr so ein nervöses »ah-ah-ah«, wie es den Menschen manchmal entschlüpft, wenn sie andere Sachen unterdrük-ken.
    Als Kind hat er öfter so komische Gewohnheiten gehabt, er hat selber nie genau gewusst, wie er dazu gekommen ist. Stundenlang hat er brütend beim Fenster hinausschauen können und dabei leise so Geräusche vor sich hin gemacht, mehr so mechanisch-rhythmisch: Ah-ah-ah-ah-ah. Aber fast tonlos, weil rein mit dem Kehlkopf. Wenn ihn seine Großmutter dabei erwischt hat, ist sie immer ganz wild geworden, ich glaube, die hat ein bisschen Angst gehabt, dass ihr der Brenner verrückt wird mit seinem sinnlosen ah-ah-ah. Ich kann das auch verstehen, das wirkt nicht sehr kindlich, solche Gewohnheiten haben sonst eher die Leute über hundert. Aber siehst du, man muss sich nicht immer gleich so Riesensorgen machen, weil der Brenner hat es sich im Lauf der Entwicklung wieder ganz von selber abgewöhnt, mit den ersten Mädchen hat sich das gegeben, und er hat bestimmt schon vierzig Jahre nicht mehr so komisch vor sich hin gegrunzt.
    Und jetzt auf einmal war es wieder da, hinterrücks hat es ihn überfallen. Weil er sich das Pfeifen so krampfhaft verbissen hat. Aber das Wissen hat er sich ja trotzdem nicht verbeißen können.
    Ich glaube fast, ganz früher hat er es getan, weil er mit den Geistern nicht recht einer Meinung war, die den Kindern oft einen Schreck einjagen, wenn sie freundlich herüberwinken, und da hat er die weggescheucht mit seinem Geräusch, also eine gewisse Abwehr. Ein gewisses Nichtwissen-Wollen. Und natürlich kein Zufall, dass ihn die alte Gewohnheit gerade in dem Moment überfällt, wo er kapiert, warum ihn der Ohrwurm schon so lange quält. Weil er hat es jetzt auch nicht wissen wollen. Aber es hat natürlich kein Zurück mehr gegeben.
    Er hat das Foto, das er beim Köck gefunden hat, aus seiner Geldtasche geholt und ihr vor die Nase gehalten.
    »Mein Gott, wie ich da ausschau«, hat die alte Frau Marie über die junge Maritschi gelacht. »Ein richtiges Hippie-Mädchen. Da waren wir noch jung, Brenner. Schade, dass du nicht auch drauf bist.«
    Nicht dass es den Brenner gewundert hat, dass sie ihn erkennt. Aber die Ruhe, mit der sie damit herausgerückt ist, hat ihm schon imponiert, und er hat sich bemüht, wenigstens ein bisschen mit ihrer Ruhe mitzuhalten.
    »Ich bin nicht drauf, weil ich das Foto gemacht habe.«
    »Ja, einer muss immer das Foto machen«, hat die Frau Marie so gesagt, als würde sie damit die ganze Welt erklären.
    Der Brenner hat sich gefragt, ob sie ihn erst jetzt erkannt hat, oder schon vorher, wie sie ihm die Tür aufgemacht hat.
    »Wie der Saarinen da lächelt«, hat die Frau Marie gesagt, »genau wie die Soili.«
    »Ich hab damals nicht gewusst, dass du schwanger warst«, hat der Brenner gesagt.
    »Ich auch nicht«, hat die Frau Marie gelächelt.
    »Das ist mir erst nach seinem Begräbnis aufgefallen.«
    »Und warum hast du das Lokal Pasolini genannt und nicht gleich Saarinen?«
    »Gefällt dir der Name nicht?«
    »Doch, das klingt sehr gut. Der Name gefällt mir sehr gut. Aber die Geschichte dahinter gefällt mir nicht.«
    »Du hast

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