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Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Titel: Das ewige Lied - Fantasy-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Bruske
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Durst. Sie reichte Kallabul die Flasche zurück und wandte sich erneut König Zash zu. Der Herrscher der Aquanten saß noch immer auf seinem Perlenthron, strich sich nachdenklich über das Kinn und betrachtete die junge Bardin. Die Diskussionen im Saal wurden unterdessen lauter und lauter, bis sich Zash plötzlich erhob und unerwartet losbrüllte: „Ruhe!“
    Jayel zuckte zusammen. Sie hatte von Zashs Temperament gehört und von seinen plötzlichen Wutausbrüchen. Aber niemand hatte ihr gesagt, dass seine Stimme derartig klingen konnte: wie das Donnern der Wellen bei einem Orkan. Sofort wurde es still im Saal. Zash wandte sich wieder Jayel zu: „Bardin..?“ Jayel trat auf ihn zu und sank erneut auf die Knie. Zash jedoch bedeutete ihr, aufzustehen: „Wir danken euch für diese, wenn auch schreckliche Nachricht. Ihr werdet...“ Erneut ging ein Raunen durch den Saal. Zash runzelte unwillig die Stirn und sah auf. Offensichtlich liebte er es nicht, unterbrochen zu werden. Doch als sein Blick zum anderen Ende der Terrasse schweifte, wohin sich alle Blicke gewandt hatten, nahm sein Gesicht einen anderen Ausdruck an. Jayel konnte es nicht genau deuten, sie glaubte Erstaunen zu sehen, aber auch Erleichterung und – fast etwas wie Angst. Vorsichtig drehte sie den Kopf, um ebenfalls zu sehen, was vor sich ging.
    Am anderen Ende der Terrasse stand eine Frau. Eine Aquantin offensichtlich, doch sie unterschied sich überdeutlich von den Festgästen im Saal. Sie erschien uralt; Haare, so weiß wie die Gischtkronen des Meeres umflatterten ihre fette Gestalt und reichten bis zum Boden hinab. Obwohl ihr Gesicht von Runzeln durchzogen war, strahlte sie eine Aura von Macht und Autorität aus, die die umstehenden Gäste einige Meter zurückweichen ließ. Sie war nackt, doch der dicke, alte Körper erschien weder häßlich noch gebrechlich, sondern von einer unnatürlichen Kraft durchdrungen. Langsam bewegte sie sich auf Zash und Jayel zu und schien dabei fast zu schweben. Bereitwillig machten ihr die Umstehenden Platz. Auch auf ihren Gesichtern konnte Jayel so etwas wie Angst erkennen. Erst nachdem die Alte schon die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, sah Jayel ihre Augen. Sie waren milchigweiß – die Alte war blind.
    „Die Weise!“, zischte es dicht neben Jayel in der Menge, und erneut setzte das Raunen im Saal ein, das jedoch sofort verstummte, als die Alte vor Jayel zum Stehen kam und nach ihrem Arm griff. „Schlechte Nachrichten bringst du“, gurgelte sie mit der kehligen Stimme des Alters. „Eine Bitte hast du. Hilfe für deine Kaiserin willst du. Doch es gibt keine Hilfe für Großkaiserin Cwell...“
    Jayel stieß erschrocken den Atem aus, und die Alte ließ ihren Arm los. Sie umfasste ihren eigenen Oberkörper, fast so, als wollte sie sich selbst umarmen, und wiegte sich wimmernd hin und her. „Zu spät...“, krächzte sie, „zu spät!“ Über ihrem Kopf erschien wie aus dem Nichts ein Wasserstrudel von der Größe eines Wagenrades. Er schwebte über der Alten, und plötzlich begannen sich Bilder darin zu formen: der zusammengestürzte Palast in Farseth, Kaiserin Cwell mit ihren Beratern. In diesem Moment stimmte die Alte einen seltsamen Singsang an: „Groß ist das Leid in Farseth. Groß ist die Trauer in Farseth. Doch groß ist auch der Wunsch nach Rache. Die Kaiserin will nicht mehr warten. Aus ziehen die Kinder Celanes, zur Grenze in den Süden...“ Der Wasserstrudel zeigte nun das Bild von marschierenden Soldaten, die auf der Handelstraße in Richtung der südlichen Reiche zogen. „Schon bald erreichen die Kinder Celanes ihr Ziel, und Menschen töten wieder Menschen“, seufzte die Alte. Der Wasserstrudel verschwand, und die Aquantin kauerte sich auf dem Boden zusammen.
    „Nein!“, entfuhr es Jayel. Verzweifelt fuhr sie zu Zash herum: „Majestät, das glaube ich nicht! Großkaiserin Cwell wollte erst mit euch reden...“
    „Ihr könnt es ruhig glauben“, unterbrach Zash sie und begann, wütend auf und ab zu marschieren, „was die Bilder der Weisen zeigen, ist immer wahr! Und ihre Prophezeiungen treffen auch zu. Es wird zum Krieg kommen. Wir können nichts mehr tun.“ Zash ließ sich auf seinen Perlenthron fallen und blickte resigniert zu Daphnus: „Dass ihr verdammten Menschen doch immer den Weg der Gewalt wählen müsst! Jetzt ist der Pfad zum Frieden verbaut.“
    Das Raunen im Saal erklang wieder. Jayel konnte nur dastehen und auf den Fleck über der Weisen starren, an dem sie eben noch die

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