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Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Das ewige Lied - Fantasy-Roman

Titel: Das ewige Lied - Fantasy-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Bruske
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war. In Jayels Kopf wirbelten Gedanken durcheinander: Jetzt nur nichts falsch machen, das Ritual einhalten, die Nachricht rasch erzählen, ehe er ungeduldig werden würde, denn König Zash war für seine Ungeduld und sein aufbrausendes Temperament bekannt. Was Jayel jedoch wirklich nervös machte, war nicht der Aquantenkönig – es waren die vielen Augenpaare, die auf sie gerichtet waren, das erwartungsvolle Schweigen und das Bewusstsein, das erste Mal nicht vor gewöhnlichem Publikum, sondern vor dem versammelten Hofstaat eines fremden Volkes aufzutreten. Hier zu versagen würde bedeuten, als Bardin zu versagen. Jayel schluckte. Ihr Mund fühlte sich pelzig und trocken an, sie spürte ein Summen in der Magengegend und ihr wurde heiß. Ehe das Dröhnen aus ihrer Magengegend in ihren Kopf emporsteigen konnte – und Jayel wusste aus Erfahrung, dass sie dann einen hochroten Kopf bekommen würde –, bezwang sie ihre Angst und Unsicherheit und begann ihre Geschichte so zu erzählen, wie sie es für öffentliche Auftritte insgeheim geübt hatte. So dargebracht unterschieden sich die Erzählungen der Bardin insoweit von den offiziellen Nachrichten, wie sie sie etwa Fürst Macciav überbracht hatte, als dass sie ihre Geschichte spannender gestaltete, mehr Details einfügte und ihren Worten mehr Dramatik verlieh. Offizielle Botschaften waren eine Sache der Zweckdienlichkeit, sie wurden kurz, knapp und inhaltlich ausreichend vorgetragen, denn der Zuhörer konnte ja bei Bedarf nachfragen. Eine Botschaft für ein so großes Auditorium umzuformulieren stellte einen Anspruch an die Fähigkeit der Barden, sich an Details zu erinnern und sie in die Geschichte einzuflechten, ohne dass sie langweilig wirkte oder die Ernsthaftigkeit der Botschaft verloren ging. Höfisches Publikum war sehr schwierig; man wollte informiert, aber gleichzeitig unterhalten werden, und würde Jayel trotz der Dringlichkeit der Nachricht auf Beschreibungen und spannende Erzählform verzichten, wäre ihr Ruf als Bardin dahin gewesen. So beschrieb sie eingehend die schicksalhafte Nacht, den brennenden Turm, die schockierten Menschen, den dramatischen Einsturz der beiden Türme, die Opfer und die Ereignisse, die sich am folgenden Tag bei der Ansprache der Kaiserin zugetragen hatten. Ihr Publikum reagierte genauso, wie sie es erhofft hatte, raunte und keuchte und folgte gebannt ihrer Erzählung. Einzig König Zash zeigte keinerlei Regung und folgte den Worten der Bardin mit versteinerter Miene. Während Jayel Minute für Minute sprach, füllte sich der Saal immer mehr, denn die anderen Gäste hatten erfahren, dass eine celansche Bardin vor dem König sprach. Bald schon drängten sich die Zuhörer dicht um Jayel, und sogar auf den umliegenden Terrassen hatten sich die Zuschauer in großen Trauben versammelt, um die Geschichte vom Fall der Kaiserinsel zu hören. Schließlich beendete Jayel ihre Geschichte mit den traditionellen Worten: „...dies ist es, was ich weiß und was ich sagen kann!“
    Als wären diese Worte der Auslöser gewesen, begann es ringsherum in den Massen zu brodeln und was als eifriges Raunen und Getuschel begann, schwoll an zu lauten Diskussionen.
    Jayel hatte keinen Applaus auf diese Geschichte hin erwartet; zu beängstigend und skandalös waren die Nachrichten, die sie überbracht hatte, selbst hier im entfernten Aquien. Erschöpft sah sie sich nach etwas zu trinken um, denn ihre Kehle erschien ihr wie ausgedörrt, nachdem sie fast eine Stunde lang geredet hatte. Dann kam sie sich selbst ziemlich dumm vor. Da stand sie und suchte nach etwas Trinkbarem, dabei war sie von Wasser umgeben. Doch da eilte bereits der eifrige Kallabul herbei und reichte ihr eine tönerne Flasche. „Wir hatten schon öfters Gäste“, sagte er grinsend, „und auch wir mögen einen guten Tropfen.“
    Jayel nickte ihm dankbar zu und öffnete die Flasche vorsichtig. Sie hatte bedenken, dass sich der Inhalt mit dem Meerwasser um sie herum vermischen könnte, doch als sie den Verschluß der Flasche genauer betrachtete, verschwand diese Sorge. In den Flaschenhals war eine tönerne Kugel eingelassen, die innen hohl war. Sie verschloss die Öffnung der Flasche, bis man sie an die Lippen setzte und den Bauch anhob. Dann trieb der seltsame Korken nach oben und die Flüssigkeit konnte aus der Flasche fließen. Jayel kostete vorsichtig und stellte fest, dass sich würziger Wein in der Flasche befand, der aber offenbar nicht allzu stark war. Daraufhin stillte sie ihren

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