Das ewige Lied - Fantasy-Roman
aufgebrachten Krächzen einiger Raben, die sich, durch die Reiter aufgeschreckt, erhoben, um einige Schritte entfernt wieder zu Boden zu sinken und ihr grausiges Mahl fortzuführen.
„Große Göttin...“, murmelte Tiark, als sein Pferd neben Jayel zum Stehen kam.
„Was..?“, stammelte Jayel. Doch im Grunde wusste sie die Antwort bereits: Hier hatte eine Schlacht getobt, und zwar vor nicht allzu langer Zeit. Der süße Geruch der Verwesung hing in der Luft, und über dem Schlachtfeld zogen nicht nur Raben, sondern auch andere aasfressende Vögel ihre Kreise. Ein leises Würgegefühl steig in Jayels Hals auf, als sie auf die Toten niederblickte. Es waren sowohl celansche Soldaten, als auch Bewohner der Südreiche, die nun, im Tode friedlich vereint, nebeneinander auf der geschundenen Erde ruhten. Es erschien der Bardin unmöglich auszumachen, auf welcher Seite es größere Verluste gegeben hatte; die weißen Uniformen der celanschen Soldaten und die schwarzen Burnusse der südlichen Soldaten vermischten sich in Jayels Augen zu einem gleichmäßigen Muster.
Erst jetzt wurde Jayel bewußt, dass sie weinte. „Wir sind zu spät gekommen!“, schluchzte sie. „Wir hätten schneller sein müssen. Wir...“
Kaiera legte ihr behutsam die Hand auf die Schulter und unterbrach sie sanft: „Nein. Das hier war eine schreckliche Schlacht. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt. Es kann noch weit Schlimmeres geschehen, wenn der kaiserliche Kristall in die falschen Hände gerät.“
Jayel zögerte, doch dann nickte sie. Entschlossen spornte sie ihr Pferd an. Schweigend ritt die kleine Gruppe durch über das Schlachtfeld, darauf bedacht, so wenig wie möglich zu berühren und den Geruch des Todes nicht einzuatmen.
Schon bald sahen sie am Horizont Dutzende weißer Zelte auftauchen. Sie trieben die Pferde an und erkannten bald an der flackernden Fahne, die einen Bund Kräuter zeigte, dass es sich um ein Lazarett handeln musste. „Vielleicht erfahren wir dort Näheres“, murmelte Jayel und ließ Konstantius noch ein wenig schneller laufen.
Das Lazarett bot ein Bild der Trostlosigkeit. Überall lagen und saßen Verwundete, auch außerhalb der Zelte, und sahen ihnen mit Gesichtern entgegen, die vom Leid gezeichnet waren. Andere ignorierten sie vollkommen, starrten einfach in die Luft oder schienen im Fieber zu liegen. Jayel bemerkte, dass hier nicht nur Celani versorgt wurden, sondern auch Bewohner der Südreiche. Offenbar hatten sie ihre Streitigkeiten beigelegt, aber vielleicht war es auch nur die schlimmste Resignation, die sie in ihrer Teilnahmslosigkeit gefangen hielt.
Eine Krankenschwester eilte ihnen entgegen. „Bringt ihr noch mehr Verletzte?“, fragte sie, besorgt die Pferde mit ihren Reitern musternd.
„Nein“, sagte Jayel, „wir sind Reisende auf dem Weg nach Farseth und sahen das Schlachtfeld. Was ist geschehen?“
„Was geschehen ist?“, fragte ein Mann, der gerade aus dem Zelt trat, vor dem die Pferde angehalten hatten. Jayel erkannt ihn an seiner hellen, langen Robe als Heilkundigen. „Der menschliche Wahnsinn, das ist geschehen“, fuhr er wütend fort und wies mit einer ausholenden Armbewegung um sich. „So viele Tote und Verletzte, und für was? Die Großkaiserin und der südliche Herrscher wissen ja nicht einmal, worum sie kämpfen!“
„Aber vor ein paar Tagen war die Armee doch noch vor Kazad“, beharrte Jayel und stieg von ihrem Pferd.
Der Heilkundige nickte: „Das ist wahr. Doch dann wurden sie von einem riesigen Heer überrascht, das aus der Wüste kam. Aus der Stadt stürzten weitere Kampfeinheiten, so dass die Armee der Kaiserin einen überstürzten Rückzug antreten musste. Die Armee der Südreiche kam hinter ihnen her, auch über die Grenze. Auf dieser Ebene kam es schließlich zur Schlacht, aber auch nur, weil die Kaiserin befürchtete, dass der südliche Herrscher sonst Uhlenburg schleifen könnte.“ Der Heilkundige zuckte die Schultern: „Wenn ihr mich fragt, hat keine der beiden Parteien gewonnen oder verloren. Seht euch nur die vielen Toten an. Aber immerhin gelang es dem südlichen Heer, unsere Armee zu zerstreuen. Auch von den Ilbatan und Balenndi sind viele geflohen und verletzt, aber eine kleine Truppe hat der Herrscher noch immer um sich versammelt, während Cwell nur noch ihre Leibgardisten hat. Alle anderen liegen hier“, er wies auf die Zelte, „dort“, er wies auf das Schlachtfeld, „oder wenn sie ein bißchen was im Kopf hatten, sind sie einfach um ihr Leben
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